Das UK-Subgenre rückt dem Mainstream näher. Dafür klingt Drake teilweise wie eine unbeholfene Haftbefehl-Parodie.

London (ynk) - UK Drill macht gerade, was Grime und andere Insel-Rapstile nie geschafft haben: Der Sound expandiert weltweit. In Amerika ging Pop Smoke auf britischen Beats durch die Decke, in Deutschland dominiert Luciano mit gestohlenem Sound. Nun springt aber ein Rapper auf den Trend, der es zur Kunstform erhoben hat, immer zur richtigen Zeit auf den richtigen Trend zu springen: Drake gastiert auf "Only You Freestyle", der neuen Single des Londoners Headie One. Bedeutet das, dass UK Drill jetzt wirklich den globalen Mainstream erreicht?

Der Song klingt simpel, aber atmosphärisch. M1OnTheBeat produziert einen minimalen Beat, der die klassischen Drill-808-Glides mit einem choralen Sample anreichert. Wenig Elemente, viel Spannung, die zwei lange Verses beider Rapper auffangen. "Only You Freestyle" ist düster, grimmig und auf den Punkt.

Headie One rappt gewohnt, ein Verse, wie man ihn auch auf "Drillers X Trappers 2" findet. Der Mann profitiert davon, in seinem Element zu spielen. Drake bedient sich dagegen schamlos bei seinen Gastgebern, von Lingo über Slang bis Akzent adaptiert er, was nicht niet- und nagelfest ist. Schon zu "More Life"-Zeiten arbeitete der Kanadier mit den Briten Giggs und Dave, seine Single "War" geriet in die Kritik, Flows von Headie One zu klauen.

Wo sie nun zusammenarbeiten klingt Drake wieder britisch, übernimmt auch Diktion der jamaikanischen und arabischen Diaspora, mit denen Headies Kreis sozialisiert ist. Drake hangelt sich kopfüber in arabische Begriffe und Halbsätze, bis er beizeiten wie eine unbeholfene Haftbefehl-Parodie klingt. Dafür beeindruckt der Flow, besonders wenn er für die letzten vier Bars den fokalen Punkt seiner Pattern von den Bässen auf die HiHats verlegt. Klingt im ersten Moment ungewohnt, aber geht mit jedem Hören besser ins Ohr und spielt stark mit den natürlichen Synkopationen des Produktions-Stils.

Diese Anpassungsfähigkeit hält Drake nun schon seit über einem Jahrzehnt an der Spitze der Rapszene. Mehr als all seine UK-Kollaborationen erinnert "Only You Freestyle" an seine 2018-Kollabo "Look Alive" mit BlocBoy JB. Auch wenn der Memphis-MC ein halbes Jahr später schon wieder aus dem Mainstream taumelte, half der Spotlight-Moment der Szene immens. Video im dortigen Stadion, Haus-Kameramann Yo Ali macht den Clip und allen voran machte Tay Keith den Beat. Durch diesen Produzenten, der im kommenden Jahr von 21 Savage bis Travis Scott mit jedem arbeitete, änderte sich der dominante Sound des Genres von Florida nach Memphis.

Ähnliches könnte hier passieren: Vielleicht wird der Song selbst kein massiver Hit, vielleicht hilft es auch Headie One nur bedingt weiter, aber allein, dass der Produzent, die Crew, die Ästhetik und allen voran der Sound damit weiter an die Ohren des Mainstreams gewöhnt wird, könnte nachhaltigen Einfluss auf das Subgenre haben. In einer Ära, in der das Innovations-Potential von Trap taumelt und taumelt, ist eine solche Verschiebung nicht zu unterschätzen.

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Drake

Drake,  | © laut.de (Fotograf: Michael Grein) Drake,  | © laut.de (Fotograf: Michael Grein) Drake,  | © laut.de (Fotograf: Michael Grein) Drake,  | © laut.de (Fotograf: Michael Grein) Drake,  | © laut.de (Fotograf: Michael Grein) Drake,  | © laut.de (Fotograf: Michael Grein) Drake,  | © laut.de (Fotograf: Michael Grein) Drake,  | © laut.de (Fotograf: Michael Grein) Drake,  | © laut.de (Fotograf: Michael Grein) Drake,  | © laut.de (Fotograf: ) Drake,  | © laut.de (Fotograf: Michael Grein) Drake,  | © laut.de (Fotograf: Michael Grein) Drake,  | © laut.de (Fotograf: Michael Grein)

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