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OKTOBER: ALBEN / INTERNATIONAL

Freshman Mirco: Am liebsten würde ich mir gerade selbst eine Ohrfeige verpassen, weil ich es vertrödelt habe, rechtzeitig eine Review für das letzte Backxwash-Album fertig zu bekommen. Jetzt muss ich eben hier die paar Zeilen nutzen, um wenigstens ein bisschen über das Album zu schwärmen. Allzu große Konkurrenz gab es diesen Monat ja ohnehin nicht.

Ihr vorheriges Album hinterließ schon einen bleibenden Eindruck bei mir, aber "His Happiness Comes First Even Though We Are Suffering" übertrifft seinen Vorgänger noch einmal in fast allen Belangen. Es klingt noch fokussierter, noch versatiler und vor allem noch emotionaler. Wenn es einen nicht den Tränen nahe bringt, dann macht einem dieses Album stellenweise geradezu Angst. Mozarts "Lacrimosa" trifft auf Voodoo-Rituale, Metalcore auf Trap aus der Hexenküche, und in der Mitte bleibt noch genug Platz für einen Breakbeat-Exorzismus. An einer Stelle rappt Backxwash im gottverdammten Dreivierteltakt?!

Wenn euch das Teil bislang durch die Lappen gegangen ist, tut euch einen Gefallen und holt es schleunigst nach.

Dieser Yannik™: Ich hab' das einmal gehört und fand es ganz okay, aber ich finde ja auch Clipping scheiße. Ich fürchte, aufgezwirbelter Horror-Kram ist einfach nicht mein Ding. Für mich sind diesen Monat vor allem zwei Tapes hängen geblieben: "10" von Westside Gunn könnte zu meinen Hip Hop-Alben des Jahres gehören, ich fand das nämlich nicht nur geil produziert, zusammengestellt, kuratiert und durchgezogen, ich hatte auch wirklich sehr oft Bock, mir das noch einmal anzuhören. Westside Gunn-Adlibs sind Crack, das ich direkt in meinen Venen haben will. Dass er sich dann inzwischen auch wirklich die Creme de la Creme an Untergrund-Rappern einladen kann, ist nur die Sahne auf der Torte.

Ein ebenfalls eher untergegangenes Album, eins, mit denen man MEINEN schwulen Slay-Kobold aus meinem Unterbewusstsein befördern konnte, war dieses neue Tape von Cakes Da Killa. Ich liebe ja sowieso die ganze House-Bewegung, die gerade über den Rap-Globus geht. Aber er macht das schon eine Weile so und macht es vermutlich besser als viele andere. Die Energie, die Produktion, die Sass, auch daran konnte ich mich kaum satthören. Hätte ich auch mal eine Review geschrieben, ey.

Yo Grandma Fromm: Das lieb' ich ja ganz besonders: Wenn die Leute am Jahresende mit ihren Bestenlisten ums Eck kommen, und die stecken voller Alben, die niemand besprochen hat. Ich versteh' es einfach nicht. Ich kann zwar bestens nachvollziehen, dass man zu vielen Themen aus Zeitgründen nicht kommt. Aber dass Leute, die für ein Musikmagazin (oder für mehrere) schreiben, irgendwelche Platten hören, denken: "Geilo, das ist Album-des-Jahres-Material!" - und DANN offenbar weiterdenken: "Davon erzähl' ich niemandem, das behalt' ich für mich, bis ich am Jahresende alle mit meinem Untergrund-Nerd-Shit beeindrucken kann" ... Alter! Dann SAGT doch wenigstens zwischendurch mal: He, hier, das da, is' gut, könnte sich vielleicht jemand mit befassen ... doch mit welcher Wand rede ich hier eigentlich? Die Leier (haha!) lass' ich ja schon seit einer Dekade und länger alle Jahre wieder los.

Wo waren wir? Oktober-Releases, ja, Loyle Carners "Hugo" für mich. Dass der Mann auf der Bühne wie der sympathischste Typ der Welt wirkte, wie der Mensch, für den das Attribut "humble" ersonnen werden müsste, hat mir die auch so schon irre gute Platte noch einmal extra versüßt.

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