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Professor, ich habe Fragen!

Stöbern wir doch schon einen Moment weiter bei rap.de: Die haben nämlich mehr Talent, als nur Casper-Tweets herauszusuchen. In einer Diskussion aus zwei Artikeln haben sie zum Beispiel dieser Tage über den Neoliberalismus gestritten. Ich liebe, unironisch, nichts mehr, als wenn ein Deutschrap-Geplänkel aus dem Nichts zu einem Soziologie-Seminarraum wird.

Also, womit haben wir es hier zu tun? Zunächst hat Autorin Mareike Greife die Frage aufgeworfen, wie neoliberal Deutschrap denn sei. Mit einem Kapitel aus Alexander Bendels und Nils Röpers "Sammelband zur Hip Hop-Kultur" kommt sie zum Ergebnis, dass die Szene mehr oder weniger in System-Befürworter und Systemkritiker zu teilen sei. Es gibt nämlich die materialistischen Gangster-Rapper mit den Markennamen und es gibt die klugen linken Rapper, die das nicht so gut finden. So gut, so einfach. Nicht per se falsch, aber einfach.

Deswegen eigentlich begrüßenswert, dass sich ihr Kollege Jonas Heuter noch einmal an das Thema setzt und genauer nachfragt, ob es nicht komplizierter gehe. Und in dem Sinne auch kein Drag an einen von den beiden, beide Artikel sind valide und schön, um das Thema aufzugreifen, könnten in dem Umfang gar nicht allem gerecht werden. Heuter sieht es ein wenig ähnlich wie ich und hakt nach, ob die Gegenseite denn wirklich so antikapitalistisch sei. Immerhin müssen ja auch Waving The Guns oder Kummer mit Plattenverkäufen Brot auf den Tisch bringen.

Ich glaube, mein Hauptproblem ist damit eigentlich ganz gut adressiert. Diese Frage nach dem Neoliberalen ist verständlich, aber nur bedingt zielführend. Heuer hat Recht: Dass etwas neoliberal ist, ist nicht unbedingt eine Charakterschwäche, sondern vielmehr ein Produkt von Machtverhältnissen, die die Leute zu dem formen, das sie sind. Gehen wir doch einmal Full Social Justice Warrior und fragen nach: Muss man in dieser Analyse von Gangster-Rap nicht auch die sozio-kulturellen Realitäten ihrer Protagonisten berücksichtigen.

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2 Kommentare

  • Vor 4 Jahren

    Nett, wie hier Begriffe genutzt werden. Neoliberal und kapitalistisch sind doch zwei unterschiedliche Terminologien. Nur weil ich CDs verkloppen muss, hat das nichts mit Neoliberalismus zu tun. Nur weil ich kapitalistische Logiken fröhne und Geld und Autos geil finde, ist das nicht neoliberal. Neoliberalismus definiert sich vor allem durch die Beziehung zwischen Staat und Wirtschaft/Kapital. Und ich kenne bisher keinen Rapper der in seinen Texten fordert "für einen schwachen Staat, Abbau von Sozialleistungen, freier Handel, und so weiter, WEIL ICH WILL DREI AUTOS STAAT ZWEI". Das wäre in etwa neoliberal. Der Rest ist nur kapitalistisch.

    Danke, bitte, Seminare erst wieder im Sommersemester.

  • Vor 4 Jahren

    Wenn man Rechnungen bezahlen muss, kann man kein Antikapitalist sein.
    Danke Yannik, dass du uns auf diesen Widerspruch aufmerksam machst.