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TYBG

So ein Funkeln in den Augen bekomme ich höchstens, wenn ich über Lil B rede. Zwischen den Jahren bin ich wieder ein wenig in dessen Diskografie herumgestolpert und erneut zu dem Entschluss gekommen, dass es wahrscheinlich keinen Rapper gibt, der modernen Hip Hop so nachhaltig geprägt hat wie er. Am faszinierendsten an ihm finde ich irgendwie, dass, obwohl er ein wirklich talentierter Rapper ist (schaut seine XXL-Cypher wenn ihr mir nicht glaubt!) und die Anlagen für eine kommerzielle Karriere mehr als vorhanden sind, er sich seit Jahren dagegen entscheidet und stattdessen lieber jeden Monat zehn Mixtapes ins Internet stellt.

Ich kann zwar nur selten genug Energie aufbringen, um dieses Dickicht an Material zu durchforsten, aber jedes Mal, wenn ich es tue, stolpere ich über neue Rohdiamanten, die mich komplett sprachlos (im Guten wie im Schlechten) zurücklassen. Ich würde behaupten, dass es momentan so gut wie keine Künstler*innen gibt, die einen solchen kreativen Wahnsinn an den Tag legen und so sehr auf sämtliche Konventionen, Schubladen oder Regeln scheißen wie dieser Mann.

Zum Jahreswechsel legte er dafür vielleicht den ultimativen Beweis vor. "Afrikantis" ist nicht nur sein erstes vollwertiges Album in fast zehn Jahren, es ist ein verdammtes Free Jazz-Album. Lil B rappt darauf kein Wort, stattdessen lässt er für über eine Stunde die instrumentale Sau raus und kommt damit musikalisch einem Frank Zappa oder Sun Ra näher als wohl je ein Rapper zuvor.

Das klingt selbstverständlich sehr amateurhaft, hat aber irgendwie auch einen gewissen Charme. Zudem gelingt ihm hier und da tatsächlich auch der ein oder andere Moment. Zum Beispiel auf "Cricket" oder "Del The Funky Homosapien", die wie der Soundtrack von einem Indie-Spiel klingen, das die Zeit vergaß, oder das komplett wahnsinnige "A Song For Mom", das mich in seiner Kompromisslosigkeit stellenweise an "Trout Mask Replica" erinnert.

Wird es das Album in meine Heavy Rotation schaffen? Hell, no. Aber ich bin einfach froh, dass es Musiker wie Lil B gibt, die völlig losgelöst von der Industrie existieren und es sich leisten können, genau das zu machen, worauf sie Lust haben, ohne Kompromisse. Thank you, based god.

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