Seite 2 von 22

Pet Shop Boys - Factually

Worum geht's?

Um Popmusik, die gleichzeitig Chartsmagnet, Floorbrecher, Avantgarde und Gegenkultur sein kann. Zumindest in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre durften sich die Pet Shop Boys dieser Verdienste rühmen. Der Autor führt schon im Vorwort beschwichtigend aus, warum ausgerechnet eine britische Pop-Band im Ventil Verlag verhandelt wird, "einer Bastion für Sub- und Gegenkultur seit 20 Jahren". Er wähnt sich aber schnell auf der sicheren Seite: Schließlich sprechen wir von einer Mainstream-Band, die schon auf ihrem Debütalbum Portraits der britischen Klassengesellschaft erstellte, in Hitsingles beißende Gesellschafts-, Regierungs- und Autoritätskritik formulierte sowie sexuelle Identitäten mit Clubkultur zusammen brachte.

Außerdem sei er geboren, als "Always On My Mind" auf Platz eins der Charts stand, so Jäger knapp. Um den hohen Ansprüchen der Ventil-Leute gerecht zu werden, legt er auf 144 Seiten los wie die Feuerwehr. Namen, Querverweise und Deutungen purzeln nur so aus den Seiten: Fitzgerald, Churchill, Sartre, Debussy, Jarman, Bobby Orlando - kein berühmter Denker fehlt. Mit viel Liebe zum Detail und basierend auf fundierter Recherche analysiert Jäger Neil Tennants Lyrik. Davon ausgehend, dass der Leser sich auf ähnlichem Wissensniveau befindet, gräbt er sich mit soziologischem Duktus in Kulturtheorien ein, was ein Mehrwert für alle ist, die nicht Soziologie studiert haben.

Wer hat's geschrieben?

Jan-Niklas Jäger, selbstverständlich ein glühender Fan, was man schon am Titel erkennt, der den Klassiker "Actually" zitiert.

Wer soll's lesen?

Aller Preaching-to-the-converted-Mentalität zum Trotz: Menschen, die sich dafür interessieren, wie feinsinnig und subversiv Texte ausgestaltet sein können, die im Stadion mitgegrölt werden. Und alle, die U2 hassen.

Das beste Zitat:

"1987 war House noch als 'Schwulenmusik' verschrien und hatte keine Chance auf Anerkennung im Mainstream. Im Delirium, dem einzigen Londoner Club mit überwiegend heterosexuellem Publikum, der House spielte, wurde ein schützender Käfig um die DJs gebaut, weil das Publikum den Beginn eines House-Sets regelmäßig mit fliegenden Flaschen quittierte."

Wertung: 4/5. Text von Michael Schuh

Jan-Niklas Jäger, Pet Shop Boys - Factually, Ventil Verlag, 144 Seiten, Taschenbuch, 14 Euro

Jan-Niklas Jäger, Pet Shop Boys - Factually*

Wenn du über diesen Link etwas bei amazon.de bestellst, unterstützt du laut.de mit ein paar Cent. Dankeschön!

Seite 2 von 22

Weiterlesen

1 Kommentar