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Sven Kabelitz

Pet Shop Boys - "It's A Sin"

Wie will man bei all den tollen Platten nur drei raussuchen? Deswegen fahre ich hier einfach mal die Erinnerungsschiene. Lange bevor MTV in Deutschland startete, lange bevor es Viva gab, gab es Musicbox. Mittlerweile komplett aus der Geschichtserzählung verschwunden, war dies tatsächlich der erste Sender, der in der BRD 24 Stunden am Tag Musikvideos und Musiksendungen zeigte. Ab 1988 wurde er in Tele 5 umgewandelt. Vor 1987 sprang ich über den Schulhof und war "der Junge, der immer die komischen Lieder singt" (Originalzitat von zwei weitaus älteren Schüerinnen). Meiner Meinung nach waren nur Original Soundtracks wirklich Musik. Vorzugsweise James Bond. 1987 und Musikbox änderten dies. Ab nun war ich "der Junge, der komische Pet Shop Boys-Lieder singt". Das düstere Inquisitionsvideo, der Synthie-Sound, der Donner und nicht zuletzt Tennants Stimme hatten mich voll erwischt. Gleich darauf holte ich mir die "It's A Sin"-12". Meine erste wirklich selbstgekaufte Vinyl-Platte. Kurz darauf kam "Actually" zusammen mit Michael Jacksons "Bad" als meine ersten Alben dazu. Beide allerdings als Tape. Den Rest der 1980er verbrachte ich weitestgehend damit, Maxis zu sammeln. Denn nur die waren wirklich Musik.

Various Artists - "Rave New World"

Das Schöne am Jungsein: Der Musikgeschmack bleibt von alleine ständig in Bewegung. Was eben noch galt, ist morgen schon Mumpitz. Anfang der 1990er schwappte aus England eine neue Musikrichtung namens Rave rüber. Es war klar: Das will ich jetzt. Nur das ist wirklich Musik. Was natürlich PR-Quatsch war, denn eigentlich steckte dahinter Madchester. Etwas beruhigend, dass selbst die Spex darauf reinfiel. Wie sollte es ein unsicherer, vor sich hinpubertierender Bub aus Eschborn, der gerade von einem Rick Astley-Konzert kam, schon besser wissen. Jedenfalls brachte uns dieser "Rave" den mit Abstand besten BRAVO-Sampler, der nachhaltig Einfluss auf meinen Musikgeschmack hatte. Jetzt mal ernsthaft: Primal Scream, The Charlatans, James, Happy Mondays, Inspirial Carpets, Jesus Jones, The Farm, Candy Flip und EMF? Fast jeder dieser Acts hätte hier einen Meilenstein verdient. Wie allerdings The Jeremy Days da draufkamen, bleibt ein Rätsel.

Depeche Mode - "Memento Mori"

Ab in die Gegenwart, aber irgendwie doch nicht. Zwischen 1984 und 1992 bin ich mit meinen Eltern in den Urlaub nach Calpe gefahren, in eine spanische Bettenburg-Siedlung. (Fun Fact: Die Geissens haben sich zu der Zeit dort kennengelernt.) Ich dachte damals, Urlaub muss so. Muss er nicht. Dennoch wollte ich lange einmal wieder da hin. Einfach, um den Ort Tschüss zu sagen. Im Mai 2023 klappte dies nach 31 Jahren. Eine Woche Calpe, eine Woche Kontrastprogramm in den ruhigen Reisfeldern des Ebro-Deltas. Zu der Reise zum Penyal d'Ifac (oder, wie meine Frau sagt, "dein komischer Felsen") gehörte auch immer ein Zwischenstopp im Carrefour in Narbonne. Ein Supermarkt so groß, dass mitten drin auch mal eine Dinosauerierausstellung stattfindet. Dort habe ich mir immer eine Kassette oder CD gekauft. Mal Terence Trent D'Arbys "Introducing The Hardline According to Terence Trent D'Arby", mal Rick Astleys "Free", mal A-has "East Of The Sun, West Of The Moon". Klar, dass diesmal auch etwas her musste. Niemals hätte ich an Depeche Modes "Memento Mori" gedacht. 45 Euro für ein Album? Ihr habt doch Lack gesoffen! Dass es dort dann deutlich günstiger war und mit Ort und Depeche Mode zwei Nostalgie-Schnupsis zeitgleich angesprochen wurden, hat mich dann doch zugreifen lassen. Ein tolles Album ist es so oder so. Nun verbinde ich es mit einem wunderbaren Spanien-Urlaub inklusive Road-Trip. Vorwarnung: Unter Garantie werdet ihr es nun in meinen Jahres-Top-Ten wiederfinden, wo ich mich mittlerweile von Genres und dem Gedanken, was wirklich Musik ist und was nicht, gelöst habe. (Auf dem Foto seht ihr mich auf dem Balkon unseres Zimmers im Hostal Santa Gemma in Sant Andreu de Llavaneres. Ein ulkiger Ort, an dem die Uhren Ende der 1970er stehen geblieben sind.)

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