laut.de-Kritik

Seichte Popmischung, die zum Frohsinn zwingt.

Review von

Kaum zu glauben, die Gründung der Berliner Band Mia ist tatsächlich schon mehr als zwei Jahrzehnte her. 23 Jahre und sechs Studioalben später stellen sich die Fragen: Hat Mieze überhaupt noch was zu erzählen? Sind nicht längst alle Themen ausgelutscht, die eine ehemalige Schülerband aus Berlin so aufgreifen kann? Kommt man nach einer so langen Karriere überhaupt noch auf interessante Konzepte, schöne Melodien und kreative Texte? Voller Überzeugung kann man diese Fragen nicht mit "Ja" beantworten.
 
Auf "Limbo" findet sich nichts, was auch nur annähernd so hitverdächtig klingt wie die ganz großen und bekannten Nummern der Band wie "Tanz der Moleküle" oder "Hungriges Herz". Trotzdem ist die Band sich und ihrem Sound treu geblieben. Dazu trägt natürlich die Stimme von Mieze Katz mit ihrem hohen Wiedererkennungswert am meisten bei. Dieser Pop/Rock/Electronic-Mix auf Deutsch, den man auch auf "Limbo" hört, wäre aber auch ohne sie recht einzigartig.
 
Der Titeltrack, der als Intro dient, gibt einen guten Vorgeschmack auf das, was den Hörer über die nächsten 35 Minuten erwartet. "Limbo" klingt eigentlich so, wie man sich einen Mia-Song mit dem Titel "Limbo" vorstellt: "Ich male Smileys über die Teufel an der Wand. Warum, warum? Weil ich es kann!" Viel mehr Hintergrund, Sinn und Tiefgang bekommt man hier, und streckenweise auch auf dem gesamten Album, aber nicht.
 
"KopfÜber", die erste Single, wirkt trotz ihres Synthie-Herzschlags ziemlich rockig. Mieze Katz reimt fleißig, fast schon zwanghaft und nimmt dabei nicht nur auf diesem Song mangelnde Aussagekraft in Kauf. "KopfÜber" ist ein Sprung ins kalte Wasser, ohne zu erfrischen.

Mit "Tortenguss" ruft Mieze Katz etwas penetrant zum Aufbruch auf. Im Refrain zeigt sie die Range ihrer Stimme, die in der Bridge verzerrt wird und zu stottern beginnt. Wer es jetzt noch nicht begriffen hat, bekommt mit dem Gitarrenintro von "Immer Wenn Ich Dich Seh" noch eine Aufforderung, sich zu erheben. "Doch ich mach mich auf den Weg zu dir und ich merke, es wird warm in mir. Immer wenn ich dich seh, kommt die Sonne raus". Wenn du nicht zu Mieze Katz kommst, kommt sie halt zu dir.

"Richtig Im Falschen" ist der erste Song auf "Limbo", der so richtig gefällt. Grund dafür ist vor allem der hübsche Pre-Chorus, bei dem die Sängerin abermals die hohen Töne anstimmt, was wirklich angenehm klingt. Die angenehme Atomsphäre ist auf "Crash" allerdings schon wieder verpufft, denn hier thematisiert Frau Katz fauchend Beziehungsstress und Streit. Passenderweise heißt der nächste Track "Vorbei". "Bye-bye, Märchenprinz, Dramaking, Hirngespinst!", ruft die Sängerin ihrem Ex zu, gesteht sich ein, etwas gesehen zu haben, was nicht existiert und beendet die Beziehung.

Nach "Reisen" wird die Band wohl nicht mehr leugnen können, Ich + Ichs "Lieder" zumindest mal gehört zu haben, zu ähnlich ist die Melodie der Strophen. Da sich der possierliche Refrain aber dann doch deutlich abhebt, möchte man Mia keine bösen Absichten unterstellen.

Nostalgisch geht es mit "Mauerpark" weiter. "Alles ist klar wie im August 2001 im Mauerpark" blickt Mieze auf einen Ort zurück, der die Band gemeinsam und mit dem jedes Bandmitglied einzeln bestimmte Menschen verbindet, wie die Sängerin während der Livepremiere des Albums verriet.

Mit "Sorgenfalter" und "No Bad Days" findet "Limbo" ein versöhnliches und optimistisches Ende. "Ich hör nur zu, ich will hier gar nichts reparieren", singt Mieze und wirbt auf dem ganzen Track für sich als aufmerksame und beruhigende Lebenspartnerin. Inspiration für das letzte Stück der Platte war das Tattoo eines Mia-Fans. Den Schriftzug "No bad days" entdeckte die Band auf dem Arm des Fans während eines Konzertes, was sie als Anlass für den Song nahm. Dieser ist eine Ode an die wilden Mädchen geworden, die sich nicht unterkriegen lassen. Zur Belohnung überraschte die Band den Fan mit einem ihr gewidmeten Musikvideo.

Die Pause von fast fünf Jahren seit ihrem letzten Album "Biste Mode" hat sich gelohnt und der Band anscheinend gut getan. Bei einem missglückten Comeback hätten sich so viele Wortspiele angeboten. "Mia tanzen Limbo mit dem Niveau". "Das neue Album von Mia: mia sowas von egal". "Katzenmusik im wahrsten Sinne des Wortes". Zum Glück aber ist "Limbo" ein kurzweiliges, unspektakuläres Album voller Songs, denen man zwar keine große Bedeutung beimessen kann, die aber keineswegs misslungen sind.

Trackliste

  1. 1. Limbo
  2. 2. KopfÜber
  3. 3. Tortenguss
  4. 4. Immer Wenn Ich Dich Seh
  5. 5. Richtig Im Falschen
  6. 6. Crash
  7. 7. Vorbei
  8. 8. Reisen
  9. 9. Mauerpark
  10. 10. Sorgenfalter
  11. 11. No Bad Days

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2 Kommentare

  • Vor 3 Jahren

    Kurzweiliges Album, was einfach Spaß macht.

  • Vor 3 Jahren

    "Ich male Smileys über die Teufel an der Wand. Warum, warum? Weil ich es kann!" Viel mehr Hintergrund, Sinn und Tiefgang bekommt man hier, und streckenweise auch auf dem gesamten Album, aber nicht.

    -- Lieber Rezensent, wenn Du ihn in den Liedtexten nicht siehst, dann kannst Du ihn auch nicht bekommen. Smiley.

    Das ist wie mit dem Wald, den man vor lauter Bäumen nicht sieht.

    Dann gibt es auch noch Leute, die waren noch nie in nem Wald, wollen aber Pilze sammeln gehen und wundern sich, dass ihnen niemand die besten Stellen verrät.
    ..
    Menno.

    Smiley.