laut.de-Kritik

Garage-Rock mit harten Riffs und einer hypnotisierenden Stimme.

Review von

Man wüsste gerne, ob Melenas aus dem nordspanischen Pamplona die einzigen ihrer Art sind oder dort solche Musik 'üblich' ist: Garage-Rock mit freundlicher, sonniger Wärme im Gesang, undurchdringbaren Gitarren-Hallwänden und einem unbestimmbaren Einfluss schwer dröhenden Space-Rocks der frühen 70er und der Psychedelik der Late Sixties.

Melenas exponieren sich doch um einiges anders als das gängige ewiggestrige Post-Punker mit Noise-Geschrammel: als Frauenquartett auf Spanisch, mit ausgefeilten harmonischen Melodien im Lärm (z.B. "29 Grados", "Despertar"), angedeuteten Referenzen an den Wüstenrock von Giant Sand und mit der Abwendung vom kaputten, dekonstruierenden Ansatz des Post-Punk. "Dias Raros" behauptet sich in der Indie-Masse (und außer Indie-Platten erschien im Lockdown wenig) mit guten, schlüssigen, klaren, Liebe verströmenden Songs ohne ein Schnörkelchen zu viel, aber auch ohne einen Zwischenakkord zu wenig. Angenehm komplex, angenehm simpel.

Perfekt orgelnd wie durch das atmosphärische Stück "El Tiempo Ha Pasado" hindurch, kommt die Combo dort wieder heraus, wo Garage-Rock Mitte der 60er in Kalifornien, Oregon, Texas und Michigan entsprang. Nur: Jetzt sind eben spanische Lyrics das Sprachrohr, und was als Punk unterdessen explodierte und im Indie-Rock der 80er und 90er geschah, fließt locker und in kaum wahrnehmbaren Spurenelementen nebenbei mit ein. Für die B-Seite überwiegt die Fraktion der tanzbaren Tracks, bis der Closer "Vals" etwas bremst und mehr in Melodie und Dream-Pop-Abschnitte als ins Tempo investiert.

"Los Alemanes" wabert unter voller Ausschöpfung von Höhen und Tiefen, Text weicht über lange Passagen lautmalerischem "Oooh-whooo-ooo-whoo-oou", "3 Segundos" zieht das Tempo an und feuert die Riffs auf den Retro-Party-Dancefloor; Melenas selbst nennen das "kraut rhythm". "Ciencia Ficcion" kontrahiert in seiner Hippie-Sixties-Verrücktheit ein klangdichtes Bündel aus Schlagzeug-Overkill, Bass-Entladung, besessenem Orgel-Quieken und wieder dieser Stimme mit ihrer spanischen Aussprache, als male sie weiche portugiesische Silben in Sambasoul; aber wir sind hier trotzdem im Spanischen der harten Konsonanten, und es klingt dennoch, als massiere Sängerin Oihana Herrera die Hörer*innen mit ihrer Zunge.

Wenn man die Musikerinnen so anschaut - nicht auf dem Cover, sondern auf weiteren PR-Fotos - mit ihren Mainstream-Outfits von heute, flankend oder in weißen Tennissocken, mit Hochwasser-Jeans und Frisuren verweigernden Frisuren, Bauchtattoo unter bauchfreiem Top und so fort, dann mag man kaum glauben, dass diese Leute so dermaßen glaubwürdig so alte Musik machen, die schon lange, lange out war, als ihre Eltern Teenies waren und Mode noch Mode statt kaputte, egale Fast Fashion. So fällt als besonders kredibel in diesem Fall auch auf, dass auf "Dias Raros" kein aufgesetzter Vintage-früher-war-alles-besser-Zitatpop aus den Boxen springt und auch nicht nach drei Songideen die Luft ausgeht. Welchen Track man auch anwählt, jeder platzt vor Intensität und spielerischer Versunkenheit. Alles ist super, das ganze Album perfekt, und die gesamte Band überragend talentiert, im Songwriting und in der Umsetzung an ihren Instrumenten.

Trackliste

  1. 1. Primer Tiempo
  2. 2. No Puedo Pensar
  3. 3. 29 Grados
  4. 4. Despertar
  5. 5. El Tiempo Ha Pasado
  6. 6. Los Alemanes
  7. 7. 3 Segundos
  8. 8. Ciencia Ficcion
  9. 9. En Madrid
  10. 10. Ya No Es Verano
  11. 11. Vals

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