laut.de-Kritik

Motörhead meets Husker Dü: Musik kann Gott sein.

Review von

Punkrock-Bands sind berechenbar. Zum Glück - zumindest im Fall Leatherface. Auch auf ihrem siebten Studioalbum "Dog Disco" paaren die britischen Underground-Legenden wieder Motörhead-Power mit Husker Dü-Melancholie und garnieren ihren druckvollen Gitarrensound mit Bad Religion-Harmonien. Die wichtigste Konstante ist jedoch die whiskeygetränkte Reibeisenstimme von Sänger Frankie Stubbs.

Im Gegensatz zu Vocal-Zwilling Lemmy besitzt Stubbs jedoch noch den traurig pathetischen Touch von Soul-Croonern wie Sam Cooke, was seiner intimen Alltagspoesie das gewisse Etwas verleiht. Auf "Dog Disco" beweisen vor allem die ersten vier Tracks die lyrische und musikalische Tiefe des Ledergesichts. Angeführt von der kratzig melodischen Leadgitarre fliegen die Songs mit Uptempo-Niveau und mellow Mitgröhlrefrains über den Äther. Und der Hörer fliegt mit.

Der Opener "Hoodlum" steigert sich mit Pogo-Part zum Nackenbrecher, während Stubbs Lebensweisheiten wie "good times have many rhmyes" droppt. Bei "Diddly Squat" wird der Tempomat dann auf 120 Highwaymeilen aufgedreht, "Lalalalelei"-Hook inklusive. Zuerst als Midtempo-Stampfer getarnt entwickelt sich "Heed The Ball" zum straighten Punkrock-Classic, in dem im gewohnt melancholischen Chorus-Vers von Stubbs die Sonne aufgeht: "You heed your own advice. Like you never said it. Just step back in time, give or take a mile. Heed your own advice. Say something a bit nice. You won't regret it."

Höhepunkt der tödlichen Viererreihe ist jedoch der "Small Yellow Chair", das zwar mit allen genannten Vorzügen des Vorgängertrios auffährt, auf dem sich Sänger Stubbs aber selbst übertrifft. "If the length of this song is my life I wanna live it. I want to lie in the sun one more time. And not hide." Tränen der Rührung wechseln sich mit inneren Lachfalten des Verstehens ab. Musik kann Gott sein. Wie sagte Stubbs selbst einst so richtig: "Mit Gitarre, Bass, Gesang und Schlagzeug kannst du in drei Minuten pro Song das Wesentliche zum Ausdruck bringen."

Dass die Briten ihr Anfangsniveau nicht halten können, ist so mehr als verständlich. Zwar überraschen die höheren Vocals von Drummer Laing auf "Raga", das auch von Snuff stammen könnte. Der Rest erreicht jedoch 'nur' normales Leatherface-Niveau. Trotzdem strahlen Stubbs und Co. immer noch heller als alle anderen Bands am Punkrock-Firmament.

Trackliste

  1. 1. Hoodlum
  2. 2. Diddly Squat
  3. 3. Heed The Ball
  4. 4. Small Yellow Chair
  5. 5. Raga
  6. 6. You
  7. 7. Eggbound
  8. 8. Red Diesel
  9. 9. Bakelite
  10. 10. Plastic Surgery
  11. 11. Rabbit Pie Alibi
  12. 12. Heart Is Home

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