laut.de-Kritik

Party-Moshpit mit Hooklines und Systemkritik.

Review von

Das Timing stimmt. Kurz bevor die Präsidentschaftswahl in den USA in die heiße Phase geht, rotzt Jason Aalon Butler mit Fever 333 sein Statement zu politischen und sozialen Missständen in die Öffentlichkeit. Wie sehr das Projekt allein von seiner aufmüpfigen Energie lebt, zeigt die Tatsache, dass um ihn herum nach der letzten Platte gleich die komplette Kapelle ausgetauscht wurde.

Am Sound und dem diffusen Crossover hat der durchaus namhafte Besetzungswechsel nichts geändert. Schlagzeuger Thomas Pridgen (Ex-The Mars Volta), Gitarrist Brandon Davis (Lions Lions, Inspirit) und Bassistin April Kea (Imanigold) verschreiben sich ebenso wie ihre Vorgänger dem Ziel, Genregrenzen nach Belieben aufzusprengen. "Bloß nicht zurücklehnen, bloß nicht passiv werden!", schreit einem diese Platte mit all ihrer Hektik und Intensität ins Gesicht.

Oft sind Hip Hop-Elemente die Basis. "New West Order", "Tourist", "Negligence" oder "DOA" schenken dem Hang zu funkigem Oldschool-Rap besonders viel Aufmerksamkeit. Butlers Mundwerk schießt schnell genug, um sich die nötige Street-Credibility zu verdienen. Wichtig, denn die Solidarität mit Minderheiten und der daraus entstehende Appell, gemeinsam gegen das kaputte System zu ledern, genießen höchste Priorität. Dafür braucht es eine Verbindung, die schon in ähnlichen Startbedingungen begründet liegt: "I was raised in this shit, struggle systemic".

Irgendwo zwischen Hip Hop, Punk, Hardcore und Metal versuchen die Amerikaner ihren Stil selbst zu beschreiben "making punk rock hits with a little rap twist" und damit eine unberührte Nische zu besetzen: "But this ain't rock music. This that real mob music". Hauptsache der Untergrund breitet die Arme aus. In Kombi mit der ohnehin aufgeheizten Attitüde wirken die punkigen Auswüchse wie Brandbeschleuniger. Fast unmöglich bei "Higher Power" nicht an Rage Against The Machine zu denken. Im Namen aller "beautiful black skin people" teilt Butler in einem der kompromisslosesten Rock-Tracks im Portfolio gegen rassistisches Gedankengut aus.

Wer jetzt noch einen Schubser in Richtung Party-Moshpit benötigt, profitiert von der eindeutigen Einladung, die "No Hostages" ausspricht. Aufgedreht wie ein HB-Männchen springt der Song auf und ab, verkörpert den Wahnsinn mit unruhigen Gesten und lässt sich von groovigen Basslines wieder zurück auf Kurs bringen. Noch einen Schritt weiter geht "$wing", indem es den elektronischen Cocktail mit wütendem Hardcore anreichert. Die Achterbahnfahrt hätten Electric Callboy nicht nervenaufreibender gestalten können.

Immer dann, wenn hymnenhafte Hooklines das Chaos bändigen, fühlt es sich für einen Augenblick nach Radio-Pop an. Aber eben nur so lange, bis der nächste cholerische Ausraster das aufkommende wohlige Gefühl einreißt. Wut setzt Kräfte frei, Liebe stärkt die gewonnene Freiheit. So der Plan. Ein Effekt, den besonders "Murderer" oder "Nosebleeds" par excellence rauskitzeln.

Besagte Explosion, die niemand kommen sieht, hebt sich "Do Or Die" bis zum Schluss auf. So lange man sich zwischen Extremen wie Leben und Tod aufhält, besteht immerhin keine Gefahr, teilnahmslos in Bequemlichkeiten einzusinken. Tumult und Aufruhr entstehen irgendwo zwischen dem Bedürfnis nach Vergeltung auf der einen und Frieden auf der anderen Seite. "I want peace, I want blood. I want tragedy. I want love", fasst "Pin Drop" den inneren Zwiespalt plakativ zusammen.

Auch in neuer Besetzung entziehen sich Fever 333 jeder Genre-Schublade. Sie wechseln so rücksichtslos zwischen den Einflüssen, dass sich das große Ganze kaum greifen lässt. Darin besteht zugleich Stärke und Schwäche der zweiten Platte. Aus dem Flickenteppich aus ungezähmten Sample-Experimenten, organischem Hardcore, groovigem Hip Hop und glattgebügeltem Pop-Chorus, erwachsen die spannendsten Funken. Den einen Song, der das Feuer aber am Lodern hält und im Ohr haften bleibt, sucht man vergebens. Vielleicht besteht darin der Sieg über ein ausrechenbares System voller Ungerechtigkeiten?

Trackliste

  1. 1. New West Order
  2. 2. Higher Power
  3. 3. Bull And Bullet
  4. 4. No Hostages
  5. 5. $wing
  6. 6. Murderer
  7. 7. Tourist
  8. 8. Nosebleeds
  9. 9. Do Or Die
  10. 10. Negligence
  11. 11. Desert Rap
  12. 12. DOA
  13. 13. Pin Drop
  14. 14. Mob Music PT 2

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