laut.de-Kritik

Selbst für diese Band ein außergewöhnliches Erlebnis.

Review von

Mittlerweile ist es ja schon eine Tradition bei Dream Theater, nach jedem neuen Album und einer anschließenden Tour, eine DVD zu veröffentlichen. Bei "Score" handelt es sich trotzdem um etwas ganz Besonderes, wie schon der Zusatztitel "20th Anniversary Tour - Live With The Octavarium Orchestra" vermuten lässt.

Die New Yorker feierten am 1. April 2006 ihr 20-jähriges Bestehen und ließen sich dabei nicht lumpen. Die Location ist der Hammer! Die Radio City Music Hall in New York ist nicht nur riesig, sondern auch mit mehreren Emporen ausgestattet, und was die Akustik angeht, natürlich erstklassig. Das Publikum steht, durch einzelne Brecher abgegrenzt, bis direkt vor der Bühne und hat beinahe Hautkontakt zur Band. Was die dafür allerdings an Kohle abgedrückt haben, will ich gar nicht wissen.

Cool auch die Security-Leute, die ganz im FBI-Stil mit Knopf im Ohr und im gediegenen Abendanzug dastehen. Von Beginn an werden über Monitore im Hintergrund immer wieder Filmsequenzen eingespielt oder die Musiker in einzelnen Szenen gezeigt. Zwischen den Songs wird das Publikum auch darauf hingewiesen, aus welcher Phase der Band der kommende Song stammt, was bei den anwesenden Die Hard-Fans aber nur bedingt notwendig ist.

Das Filmmaterial ist gestochen scharf aufgenommen und von den Einstellungen her gibt es nicht den Hauch einer Kritik. Alles wirkt trotzdem unglaublich authentisch. Man hat nicht den Eindruck, einer nachproduzierten Show beizuwohnen, sondern findet sich fast mitten im Geschehen. Endlich mal jemand, der sich auch traut, längere Kamerafahrten zu machen. So hat man genügend Zeit, sich auf die jeweilige Aufnahmen überhaupt erst mal einzustellen.

An der Leistung der Musiker gibt es - wen wunderts - nicht mal ansatzweise was zu bemängeln. Allerdings frage ich mich, warum Mike Portnoy zwei Rückspiegel an seinem Drumset braucht, Fährt er damit noch nach Hause, oder was? Auch bin ich ein großer Fan von James LaBries Stimme - und was er an diesem Abend geboten hat, ist eindeutig erstklassig - aber hin und wieder erinnert seine Mimik doch etwas an Lassie.

John Petrucci scheint derweil einen auf Kerry King zu machen und hat wohl einige Zeit beim Eisen stemmen verbracht. Zwar quillt er noch nicht ganz so aus dem Anzug wie der Slayer-Gitarrist, aber so ganz scheint er die Arme nicht mehr an den Körper zu bekommen. Allein John Myung und Jordan Rudess sind eigentlich nur souverän wie immer. Dass dies allein immer noch jeden anderen Musiker erbleichen oder erröten lässt, muss nicht erwähnt werden.

Obwohl die New Yorker mit einem Stück vom aktuellen Album loslegen, geht es anschließend chronologisch weiter. Dabei präsentieren sie mit "Another Won" (vom ersten Demo) und "Raise The Knife" auch zwei bisher unbekannte Nummern. Letztere stammt ursprünglich aus den "Falling Into Infinity"-Sessions. Ist das Publikum schon von Anfang an in Partystimmung, ist es doch beeindrucken, wie bei "The Spirit Carries On" der ganze Saal von Beginn an mitsingt.

Der eigentlich Hammer kommt aber erst mit der kompletten Darbietung von "Six Degrees Of Inner Turbulence". Die "Ouverture" wird komplett vom Orchester gespielt, das die Band auch den Rest des Abends begleitet. Ich mag ja spinnen, aber irgendwie klingt das für mich anfangs noch nicht immer hundertprozentig timingsicher. Wie das letztendlich mit einem anständigen Dolby Digital-Soundsystem aussieht, vermag ich nicht zu beurteilen. Aber auf meinem Kopfhörern geht das Orchester manchmal ziemlich unter.

Dafür singt wieder der ganze Saal die erste Strophe von "About To Crash" mit, und man merkt der Band an, dass das kein alltäglicher Auftritt ist. Gegen Ende von "Octavarium" werden noch ein paar Comicausgaben der Bandmitglieder über die Monitore eingespielt. Nach 150 Minuten wandern sie von der Bühne, um für "Metropolis" noch mal zurückzukommen. So gibt es für die Anwesenden insgesamt zwei dreiviertel Stunden Dream Theater auf Augen und Ohren, was wohl kaum irgendwelchen Grund zur Klage lässt.

In der Dokumentation dürfen zunächst ein paar Fans ihre Huldigungen aussprechen, aber hauptsächlich lassen Mike und die beiden Johns die Vergangenheit Revue passieren. Dabei ziehen sie durch das Berklee College, wo alles angefangen hat, und besuchen ihren ersten Proberaum. John Myung macht allerdings deutlich, dass er den Unterhaltungswert einer mittelgroßen Zimmerpalme hat. Dabei ging der Kerl früher richtig ab. Trotzdem ist der Rückblick aus Sicht der Band natürlich interessant und absolut sehenswert. Schade allerdings, dass Kevin Moore nicht zu Wort kommt.

Die Animation, welche man auch während der Show sieht, kann man sich auf dem zweiten Silberling im Detail anschauen. Stilistisch erinnert das ein wenig an die Happy Tree Friends. Allerdings fehlt der Splattereffekt und somit der größte Teil des Unterhaltungswerts. Als Bonus gibt es noch Livemitschnitte von "Another Day", "The Great Debate" und "Honor Thy Father" aus unterschiedlichen Jahren. Wer allerdings lieber nur die Tonspuren dieses denkwürdigen Ereignisses sein Eigen nennen möchte, greift auf die 3-CD-Box zurück.

Trackliste

DVD I

  1. 1. The Root Of All Evil
  2. 2. I Walk Beside You
  3. 3. Another Won
  4. 4. Afterlife
  5. 5. Under A Glass Moon
  6. 6. Innocence Faded
  7. 7. Raise The Knife
  8. 8. The Spirit Carries On
  9. 9. Six Degrees Of Inner Turbulence
  10. 10. Vacant
  11. 11. The Answer Lies Within
  12. 12. Sacrified Sons
  13. 13. Octavarium
  14. 14. Metropolis

DVD II

  1. 1. 20th Aniversary Documentation
  2. 2. Octavarium Animation
  3. 3. Another Day (Tokyo 1993)
  4. 4. The Great Debate (Bucharest, Romania 2002)
  5. 5. Honor Thy Father (Chicago 2005)

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