laut.de-Kritik

Musik wie aus dem Double R-Diner: Songfragmente in Dauerschleife.

Review von

Charlotte Brandi bleibt neugierig. Startete die ehemalige Me And My Drummer-Sängerin auf "The Magician" noch mit englischem Synth-Folk-Soul, folgte schon mit dem zweiten Album "An Den Alptraum" der Schwenk zur deutschen Sprache. Für den Soundtrack zu Kolja Maliks Coming-Of-Age-Drama "LASVEGAS" purzelt wieder einmal alles durcheinander.

Man könnte das kurze Album mit dem Einstieg in Bowies Berlin-Trilogie vergleichen. Genug Anknüpfungspunkte zu "Low" hält es bereit. Ähnlich wie dort finden sich – dem Thema Soundtrack entsprechend – viele sphärische Instrumentals, viele Songfragmente. Vieles bleibt wie damals "Breaking Glass" ein kurzer Gedanke, ein Fragment. Gerade einmal ein Song überschreitet die Drei-Minuten-Grenze. Und doch ist alles ganz anders.

Von den 15 Stücken sind nur ein Drittel mit Gesang. Für diesen kehrt Brandi zum Englischen zurück. Wobei sich die beiden sehnsüchtigen Balladen "Drive" und "Drive II" naturgemäß sehr ähneln. Was ihrer Schönheit keinen Abbruch tut. Beide klingen, als würden sie im wie aus dem Double R-Diner in Dauerschleife laufen. Im zweiten Teil übernimmt allerdings ihre Schwester Emily Brandi den Gesang. Ebenso greift im glänzenden "LASVEGAS Theme" Schauspieler Daniel Roth zum Mikro. Sam Vance-Law spielt auf sechs Stücken Geige.

Ganz zünden mag "LASVEGAS" trotz einiger gelungener Lieder dennoch nicht. Dies liegt zum größten Teils an den Instrumentals. Mit "Reality Is A Desert", "Sunny Robe / Love Theme I" und "Dream" bleibt bereits das Eröffnungstrio austauschbar, es mangelt an einem eigenen Charakter. Es fehlt die eine Idee, die aus diesen Tracks mehr als nur eine Hintergrundkulisse formt und letztendlich die Künstlerin Brandi zum Vorschein bringt.

Zu den wenigen Ausnahmen zählt "Dream On", eine von stolpernden Drums durchbrochene Synthwave-Dystopie, die im weiteren Verlauf in eine einsame A cappella-Erinnerung übergeht. Derlei interessantenWendungen fehlen ansonsten.

"LASVEGAS" zeigt für die Formwandlerin Brandi einen weiteren interessanten Weg auf. Gleichzeitig gibt das Album ihr aber auch noch Platz, sich in diesem Genre weiter zu entwickeln. Ein Longplayer mit einer ähnlichen Herangehensweise, aber ausdefinierteren Tracks wäre spannend. Die nächste Idee der Künstlerin wartet aber wahrscheinlich schon um die nächste Ecke.

Trackliste

  1. 1. Reality Is A Desert
  2. 2. Sunny Robe / Love Theme I
  3. 3. Dream
  4. 4. LASVEGAS Theme
  5. 5. Drive
  6. 6. Diner
  7. 7. Inspiration
  8. 8. USA
  9. 9. Drive II
  10. 10. She Is In America
  11. 11. Sober Little Shit
  12. 12. Dream On
  13. 13. Prison
  14. 14. Action
  15. 15. Only The Dream

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1 Kommentar

  • Vor 2 Monaten

    Witzig, hab nix vom neuen Album mitbekommen, aber seit ein paar Tagen wieder "GELD" als hartnäckigen Ohrwurm zurück. Rezi klingt ja nicht übermäßig euphorisch, aber nachdem ich mir auf der Letzten sogar eher ein bisschen mehr Konventionelles gewünscht hatte, ist "[M]angel[...] an einem eigenen Charakter" vielleicht sogar ein Vorteil für mich. Reinhören werd ich jedenfalls