30. März 2016

"Du willst spielen? Dann spielen wir!"

Interview geführt von

Lange bevor Ali As verkündet, dass sich die Veröffentlichung seines dritten Longplayers "Euphoria" um eine Woche verschiebt, treffen wir den Münchner Rapper, Szenekenner und Twitter-Virtuosen zum ausführlichen Gespräch.

Bevor im Oktober seine eigene Tour ansteht, begleitet Ali As Kollege MoTrip auf dessen "Mama"-Tour und heizt den größtenteils ausverkauften Läden mit knackigem und nicht minder energiegeladenen Vorprogramm ein. Auf "Lass Sie Tanzen" feat. Namika reagiert das Publikum im Konstanzer Kulturladen noch recht verhalten, doch spätestens als die ersten Klänge von "Hoodie x Chucks" aus den Boxen schallen, gibt es kein Halten mehr, und auch die viel kritisierte Singleauskopplung "Farid Bang" entfaltet live ihr volles Potential. Warum gerade die so viel Hass auf sich zieht und noch viel mehr erklärt Ali As im mittäglichen Interview und redet sich stellenweise so in Rage, dass er sich hinterher gar entschuldigt. Fingerdicke Lunte hin oder her - viel bequemer kann man es als Interviewer kaum erwischen.

Hast du dich direkt nach "Amnesia" wieder an die Arbeit gemacht?

Nee, das war voll schwierig. Ich wollte irgendwie, aber dann kamen so viele Sachen dazwischen, dass ich gar keine Zeit hatte. Und auch gar keine Ideen, aber es trotzdem immer auf Zwang versucht hab, weil ich dachte: Hey, jetzt muss es weitergehen. Dann musste ich noch so viele andere Projekte machen, dass wir [Ali As und die Produzenten David und Eli, Anm. d. Red.] uns irgendwann überlegt haben, wir fahren jetzt gemeinsam weg und machen das Album fertig.

Das ging diesmal echt schnell, wenn man bedenkt, das zwischen den letzten beiden Alben fast sieben Jahre liegen ...

Ja, das stimmt tatsächlich. Aber gerade dadurch, dass ich sieben Jahre nichts rausgebracht, aber trotzdem geschrieben habe, hatte ich sehr viel Material, sehr viel Munition und konnte überlegen, wann ich das jetzt rausballer'. Aber im Endeffekt ist es dann auch gut, dass Sachen nicht rauskommen. Selbst wenn man viele Sachen hat, finde ich, muss nicht immer alles rauskommen. Bei Ami-Acts sieht man das ja ...

Ein Mixtape nach dem anderen ...

Genau, und dann sind die Mixtapes manchmal echt gut, die Alben hinken aber ein bisschen. Also bei anderen Künstlern finde ich das total cool, zum Beispiel ist Drake ja die letzten Jahre auch nicht so gewesen, dass er permanent vier, fünf Sachen pro Jahr rausgeballert hat, sondern jedes Jahr kam was, das aber alles Hand und Fuß hatte. Und genau derselbe Turnus war das auch damals bei Jay-Z, der ja echt diese Phase hatte, in der er jeden Sommer ein neues Album rausgebracht hat. Das ging dann glaub' ich bis zum "Black Album" so und dann kam die Pause. Der ist echt das beste Beispiel dafür, dass man das mit guten Alben auf jeden Fall stemmen kann.

Kann man daraus schließen, dass 2017 dein viertes Album erscheint?

Also wir wissen auf jeden Fall schon, dass wir diesen Sommer in L.A. sein werden und dann versuchen, diesmal noch ausgiebiger, das Album dort vor Ort zu machen.

Warum ausgerechnet L.A.?

(Überlegt) Warum nicht? (lacht). Also ich war schon zweimal dort, ohne irgendwas zu machen, also nichts sinnvolles. Und das ist irgendwie ein cooler Vibe, die Stadt hat ihr Potential noch nicht ausgeschöpft, was mich betrifft. Alle erzählen immer, dass L.A. der absolute Wahnsinn ist und da dachte ich mir: Ey komm, Sonne, Strand und Meer und sowas, und wenn man will, hat man trotzdem eine mega Großstadt am Start.

Dagegen war Hawaii wahrscheinlich ziemlich lässig.

Naja, wir waren ein bisschen mehr als zwei Wochen dort und hatten schon einen strengen Zeitplan. Ich hatte davor aber auch mega Respekt: Jemand, der so einen Status hat, fliegt nach Hawaii, um ein Album zu machen. Das ist schon ein bisschen größenwahnsinnig, weil sich das ja auch alles wieder rechnen muss. Aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt. Nach vier oder fünf Tagen hatten wir das Soll erreicht, also was erledigt werden musste oder sollte, und danach war es mega entspannt. Da wurde zwar trotzdem jeden Tag gearbeitet, aber man hatte es nicht mehr so im Nacken.

Wie weit bist du in den Produktionsprozess involviert?

Eigentlich schon viel. Weil ich auch einfach sehr wenige Beats picke. Ich glaub' das geht echt allen so, dass die Produzenten immer kotzen, wenn Rapper anrufen und sagen: Schick' mir mal ein Beat-Paket. Dann denken die sich: Och nee, schon wieder diese Rosinenpickerei. Deswegen finde ich es eh ganz cool, wenn Künstler immer mit ihren Stammproduzenten zusammenarbeiten. Es war schon das eine oder andere Mal so, dass ich Elias ein Sample geschickt hab' oder sage: Mach' mal dieses oder jenes.

Ich denke, dass es schon einen Ticken außergewöhnlicher ist, wenn ich mit ihm zusammen im Studio sitze, als mit irgendeinem anderen Produzenten. Wir haben 2004 angefangen, ein bisschen ernsthafter Musik rauszubringen und David ist dann quasi noch dazu gestoßen, als Schmankerl sozusagen, wie Münchner sagen. An dieser Stelle muss man auch Max Gain nennen, der das Ganze mixt. Wir arbeiten Schritt für Schritt daran, autark zu sein.

War es eigentlich reiner Zufall, dass die Features [Kollegah, Namika, Farid Bang und MoTrip, Anm. d. Red.] alle Gold- oder Platinkünstler sind?

Totaler Zufall! Wenn man Werbung für einen Film macht, dann sagt man ja auch: Hier, Oscar-Gewinner oder Nominierter und was weiß ich. Und uns ist irgendwann mal aufgefallen, dass jeder, der da gefeatured ist, Gold- oder Platinkünstler ist. Außer ich halt, was ein bisschen peinlich ist. Aber auch irgendwo lustig, man muss ja nicht wegen jedem Scheiß irgendwelche Komplexe schieben.

Stört es dich eigentlich, dass du jetzt nur der Support für MoTrip bist?

Ach, ehrlich gesagt gar nicht. Wir hatten auch kurz überlegt, ob wir das irgendwie anders handhaben. Aber das ist total cool so, warum sollte ich nicht der Support sein?

Naja, weil ihr schon ziemlich gleichwertig seid.

Das schon, aber man muss es immer so sehen: Wenn du Werbung für ein Produkt machst, dann würdest du als Testimonial ja eher Michael Jordan als diesen unbekannten Basketballer aus Afrika nehmen, sag' ich mal. Der zwar fast genauso oder genauso gut wie Jordan ist, aber eben nicht Jordan ist (lacht). Jetzt würde mein Name wahrscheinlich nicht so die Leute kobern, dass einer sagt: Kommt vorbei, wir machen die Zweitausender-Hallen voll.

In der Verhältnismäßigkeit, wie unsere beiden Alben letztes Jahr performt haben, ist das total okay. Das Einzige, das man vielleicht sagen kann, ist: Uh, ich bin älter als er und mach' quasi den Vorkoster. Aber juckt halt auch. Und dadurch, dass ich früher nicht so viel live gespielt habe, find’ ich das jetzt schon hart. Wenn ich für 24 Dates eine Anderthalb-Stunden-Show spielen müsste, also wir reden hier wirklich von einer fetten Tour.

"Wenn du mich ab diesem Jahr nicht kennst, dann ist es nicht mehr meine Schuld."

Wie kommen denn deine neuen Songs im Vorprogramm bisher an?

Super. Es gibt natürlich immer noch ein regionales Gefälle, aber da passiert schon was bei den Leuten. Die können vielleicht noch nicht genau so choreografiert mittanzen, wie ich mir das vorstelle, oder den Refrain mitsingen, aber ich denke, dass die da schon Bock drauf haben. Und die Resonanz, wenn der Song dann vorbei ist, ist immer mega. Das ist jetzt auf der Tour ja das erste Mal, dass ich Feldversuche machen kann, und bekomme hinterher auch noch Nachrichten, in denen die Leute so schreiben: Hey, wann erscheint denn der und der Song? oder Hey, ich hab' einen Ohrwurm hier oder davon.

Auf die erste Single "Farid Bang" waren die Reaktion im Netz zum Teil richtig negativ.

Ja, aber das ist ja auch cool. Ich freu' mich da ehrlich gesagt viel mehr drüber. Bei "Hoodie x Chucks" war es ja so, dass wirklich nur positive Kommentare kamen. Das geht schon klar, aber es juckt halt trotzdem nicht so viele Leute. Und wenn dann welche kamen und meinten: Voll der irrelevante Künstler. Dann hatten die a) voll das gute Recht, das zu behaupten und zu denken und b) liegt es dann in meiner Bringschuld, ihnen das Gegenteil zu beweisen. Aber wenn du mich ab diesem Jahr nicht kennst, dann ist es nicht mehr meine Schuld. Das hab' ich irgendwo aufgeschnappt, voll der super Satz. Das neue Video ist jetzt genau eine Woche draußen und hat fast eine halbe Millionen Klicks. Da will ich mal die ganzen anderen Pisser sehen, wo die gerade sind und wie relevant deren Arsch gerade ist.

Aber wieso antwortest du überhaupt auf solche Hater-Kommentare?

Ich muss das nicht machen, aber es gibt ein Zeitfenster, in dem man mich gut erwischen kann. Und zwar ist das, wenn ich noch nicht gefrühstückt habe und sowieso schon sehr aggressiv bin. Und dann kommt mir noch jemand dumm von der Seite. Das ist zwar eh Standard-Gelaber, aber ich könnte da echt meinen Klaus Kinski-Moment des Tages bekommen, wenn ich ganz ehrlich bin. Ich komm' da echt noch aus einer anderen Zeit: Wenn jemand ein Problem mit mir hatte, dann hat der mir auf die Schnauze gehauen oder mich in der Schule gemobbt.

Und ich hatte die Wahl, ob ich mir einen Strick nehme oder ob ich mich zur Wehr setze, weißte? Und jetzt, also 95 Prozent der Zeit ignorierst du das, aber in fünf Prozent der Fälle ist derjenige dann so dumm, dass du sagst: Du willst spielen? Dann spielen wir! Ich finds halt nur lustig zu sehen, wenn Leute, die anonym irgendwo rumeiern, denken, sie seien schlauer als ihr Gegenüber. Stell dir vor, wir unterhalten uns jetzt und ich erzähle dir während des Interviews permanent Scheiße. Du weißt, dass jeder Satz hinten und vorne nicht stimmt.

Spätestens bei der dritten Aussage würdest du dir denken: Der Typ kann mich nicht für voll nehmen, sonst würd' der mir nicht so einen Scheiß andrehen, weißte? Das ist das, was mich einfach nur stresst. Ich handle mir immer sehr viel Ärger ein, obwohl ich eigentlich der gechillteste und harmoniebedürftigste Mensch der Welt bin. Also aus meiner Sicht (lacht). Also ich will niemandem ans Bein pissen. Aber in dem Moment, in dem mir einmal jemand auf den Schuh tritt und dann auch noch fragt: Was ist dein Problem, dann bin ich so: Polen ist offen, let's go! Das ist aber der große Fehler. Du siehst das ja auch jetzt schon, ich kann mich da richtig reinsteigern.

Warum zieht der Track deiner Meinung nach denn so viel Hass auf sich?

Weil ich wollte, dass es so viel Hass auf sich zieht. Ich hab' das ja vor einem halben Jahr schon kommen sehen und diesen Button bewusst gedrückt. Also jeder, der gerade irgendwas dagegen sagt oder postet, tanzt einfach für mich, so wie ich das will. Du kannst jetzt ekelhaft sagen: Okay, das ist ein berechnender Move. Ein Astrophysiker berechnet aber auch seine Moves. Also worüber reden wir?

Manchmal kommen die Leute dann mit so hanebüchenem Zeug um die Ecke, oder sind einfach so unkreativ in ihrem Hate, dass es mich einfach nur langweilt. Ich weiß gar nicht, wie ich das beschreiben soll. Wie nennt man das denn? Genau, es ist zu basic. Wenn jemand zehnmal schreibt: Wenn du ihn noch tiefer in den Mund nimmst, dann verschluckst du dich, dann denk' ich mir so: Ach krass, da wäre ich selbst ja nie drauf gekommen, Alter. Ey, wirklich unglaublich. Aber naja, egal.

Hast du eigentlich "Shabba" [von A$AP Ferg, Anm. d. Red.] gehört und hattest dann direkt deinen Refrain im Kopf?

Nee, gar nicht. Also das war so: Wir hatten den Beat – wobei das schon eine Odyssee war, bis der bei mir gelandet ist – und ich hatte die Verses, aber wir hatten keine Hook und saßen echt ewig lange im Studio deswegen. Die Verses haben ja auch nichts mit Farid zu tun, da gehts ja einfach drum: Ey, ich bin cool, was geht? Einfach ein klassischer Rap-Song. Dann hat irgendjemand aus "Sha-Shabba Ranks" dieses "Fa-Farid Bang" gemacht, aber ich war sogar derjenige, der am Anfang noch am wenigsten von der Idee begeistert war. Ist das nicht zu retarded? Aber dann hab' ich ein bisschen überlegt und dachte irgendwann: Ja cool, geht auf.

Und dann kam ungefähr zur gleichen Zeit ... also ich glaube, 2014 war schon die Rede davon, dass Rick Ross, Lil Wayne und French Montana einen Song haben, der "Gucci Mane" heißt. Also im Endeffekt heißt der jetzt "Lose It", aber eigentlich hieß der halt "Gucci Mane" und sollte auch die erste Single von French Montanas Album "Mac & Cheese" werden, und da fand ich die Idee schon mega geil. Die geben halt einfach keinen Fick, die sind so ignorant, dass sie einen Song nicht nur nach jemandem benennen, der noch lebt, sondern auch noch das Gleiche macht wie man selber. Ich weiß nicht, das ist genau meine Art von Style muss ich sagen.

"Ich hab' schon genug Scheiße gefressen."

Von wegen Style: Du wirst ja recht häufig mit Kollegah verglichen, der auch auf "Euphoria" vertreten ist. Gibt es zwischen euch gar kein Konkurrenz-Verhältnis?

Ich denk' gar nicht so. Darüber hab' ich gestern auch mit Trip gequatscht: Es gibt Qualitäten, die er hat und ich nicht, und umgekehrt. Bei Kollegah und mir ist das genau das Selbe. Es gibt ja so eine gesunde Konkurrenz, also befruchtende Konkurrenz, einfach diesen Competition-Gedanken. Scheiß mal auf Internet, scheiß mal drauf, wie viel dein Video und deine verfickte Kette gekostet haben, was für 'nen Wagen du fährst und was für Fotzen du fickst. Sorry, wenn ich jetzt so ... so war das natürlich nicht gemeint. Aber weißt du, scheiß mal auf alles.

Jetzt geht es nur darum, dass zwei ... (lacht plötzlich), ich finds sehr lustig, zwei Männer, weil wir gerade so einen Running-Gag auf Twitter haben, so: Wieso nimmst du einen Track mit einem anderen Mann auf? Bist du schwul, möchtest du ihn heiraten? Wir machen gerade so umgekehrte Psychologie in Sachen Homophobie. Alles, was man macht, kann schwul sein. Nein, also man hat zwei Typen im Studio, die sich gegenüber stehen und jetzt abliefern müssen. Da gibt es kein: Ich war damals cool und bin morgen wieder geil, weil ich Ferrari fahre, sondern: Zeig was du kannst oder halt deine Schnauze und verpiss dich, weißt du?

Da kristallisiert sich einfach heraus, ob jemand, so wie ich, 'ne große Fresse hat und dann auch noch was kann, oder nur 'ne große Fresse hat. Das kann natürlich auch schief gehen, sowas ist immer tagesformabhängig. Wir waren im Studio schon angespannt, aber haben uns auch mega gefeiert. Wir hatten ja jeder einen Part geschrieben und dann noch einen zusammen, in dem wir uns abwechseln. Damit das keiner so leicht nachmachen kann, so ein Manifest. Bevor ich jetzt lange rumrede, kann ich dir aber auch einfach den Song zeigen.

Wir hören "Euphoria" feat. Kollegah. Ali As rappt seinen Part lautlos mit und verschwindet dann kurz, um von der grünen Wiese zu naschen.

Das war das Ding. Ich kann dir jetzt noch einen Song zeigen, der vielleicht eine andere Facette vom Album zeigt. Damit du nicht denkst, dass ich geistig komplett behindert bin.

Wir hören das ruhigere "1 Mio Psychos" und anschließend noch "Denkmäler". Ali nutzt die kurze Auszeit, um sich kommentarlos auf den Boden zu legen - den er gefühlt komplett einnimmt - und ein paar Liegestütze zu machen. Reine Effizienz oder Nebenwirkungen? Man weiß es nicht.

Du bist schon mehr als ein Jahrzehnt dabei. Wie siehst du die Entwicklung von Deutschrap im Allgemeinen?

Super! Inzwischen bin ich echt mehr Fan als früher, weil es auch einfach viele Sachen auf dem Markt gibt, die in verschiedene Richtungen gehen. Trettmann feier' ich zum Beispiel. Das ist jetzt kein reiner Rap, aber hat schon seine Base da. Früher war das wahrscheinlich mal Dancehall, jetzt ist es irgendwie ... keine Ahnung, aber das find ich sehr gut. Das find' ich sehr unpeinlich, wie er das präsentiert. Sehr elegant, wie er Autotune einsetzt.

Was hältst du von LGoony?

Der ist meiner Meinung nach einfach mega überhyped für das, was er kann. Der kann ein paar coole Hooks machen, aber das ist jetzt nichts Besonderes. Stell den gegen Trettmann, dann kackt er halt richtig krass ab. Bei einem Trettmann hörst du einfach raus, dass der Typ was erlebt und was zu sagen hat. Der sagt dir einen Satz, so: "Dekantier die Welt, schenk uns reinen Wein ein." Das begeistert oder inspiriert mich einfach mehr als das, was LGoony da von sich gibt. Also nicht dass das jetzt so hatermäßig rüberkommt: Ich gestehe dem auch zu, dass er was kann. Das ist alles nicht schlecht, aber es ist nicht so krass, wie die Leute das immer darstellen.

Das war genauso, als Falk diese neue Reimgeneration ausgerufen hat. Guck mal, ich mag Olson, Rockstah macht gerade gar keine Mucke mehr, aber Butter bei die Fische: Was hat der da für 'n Scheiß erzählt? Das ist das, was mich immer so aufregt: Dass die Leute so tun, als ob sie die Weisheit mit Löffeln gefressen hätten. Meinetwegen hat es auch ein LGoony verdient, gehyped zu werden. Vielleicht ist der ein Sprachrohr für diese Leute, die gerne Fantasie-Rap über Lamborghini Gallardos hören von Leuten, die noch keinen Führerschein haben. Vielleicht ist das der State of Mind. Aber ich mags halt gerne echt.

Bekommst du selbst deiner Meinung nach genug Anerkennung?

Das ist mir relativ egal. Weil dann würde ich ja wiederum was darauf geben, was dritte Personen von mir halten, und daraus mein Selbstwertgefühl ziehen. Das wäre ja hochgradig krankhaft, wenn ich so ticken würde. So ticken Leute mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung, die innerlich sehr verunsichert sind. Been there, done that ... also das hat wahrscheinlich jeder schon hinter sich, oder sagen wir mal, hoffentlich hinter sich.

Wenn wir ehrlich sind: Ich hab' schon genug Scheiße gefressen, mittlerweile juckt mich gar nichts mehr. Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert. Ich hab neulich einen Satz aufgeschnappt von Koljah, ein neuer Rapper aus München, den ich am Start hab', der hat gemeint: Es gibt halt Leute, die Ehre über Lebensqualität stellen und Leute, die Lebensqualität über Ehre stellen. Und die, die Ehre über Lebensqualität stellen, sind halt vollkommene Psychopathen. Von denen sollte man sich auf jeden Fall fernhalten.

Letzte Frage: Hast du deine neue Haarfarbe an das Album angepasst? Wenn man so das Cover betrachtet ...

Tatsächlich schon. Beziehungsweise wollte ich eigentlich diese Frisur loswerden, weil es mich so genervt hat, dass jeder Hanswurst damit rumläuft, aber dann dachte ich: Okay, ich muss ablenken. Entweder kaufe ich mir einen riesengroßen Zylinder oder Sombrero, oder ich färb' mir halt die Haare. Das kommt auch schön dekadent, wenn man sich immer die Haare färbt. Und allein, um die Leute abzufucken. Wenn du merkst, du musst echt nicht viel machen, um die Leute abzufucken, dann bin ich jemand, der das gerne macht. Sehr gerne, immer wieder.

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