laut.de-Kritik

Vielschichtiger Steckdosensalat für die Darkwave-Lounge.

Review von

Nach dem kommerziellen Erfolg von "13" bleiben De/Vision konsequent auf dem eingeschlagenen Pfad. Kuscheliger, sämtliche Publikumserwartungen erfüllender, atmosphärischer Elektropop pluckert auf "Citybeats" vor sich hin. Dabei gelingt ihnen eine deutlich überzeugendere Vorstellung als zuletzt.

Das liegt vor allem an der rein musikalischen Cleverness, die nach den beiden letzten Platten nicht zu erwarten stand. Thomas Adam gelingt hier tatsächlich das seltene Kunststück, die melodische Eingängigkeit von Steffen Keths Gesangslinien mit vielschichtigem Steckdosensalat simultan zu unterfüttern wie auch zu kontrastieren. Angenehm nachtschattige Gemütlichkeit für einen Chill Out in der Darkwave-Lounge.

Die ästhetisch ansprechende Mischung verfügt dabei sowohl über einen andachtsvollen, nahezu zeremoniellen Duktus als auch über eine sehr klangdekorative Ausstrahlung. Selbst ohne Vocals würden die meisten Lieder zur gedimmt leuchtenden Begleitung abendlicher Großstadt-Skylines taugen.

Dabei schleusen sie - eklektisch aber effizient - gelegentlich Elemente ein, die auf Pioniere des Genres wie Gary Numan oder besonders den frühen John Foxx Bezug nehmen ("Joys Of Paradise"). Weitgehend wohldosiertes Pathos rundet das Bild konstanter Dämmerung angenehm ab und korrspondiert u.a. in "Dystopia" mit den gesungenen Zeilen.

Die einzige Schwäche des Albums besteht darin, dass das Duo ihre emotionale Aufwallung in einigen Midtempo-Nummern übertreibt. Der Gefühlsüberschwang steht den ruhigen Stücken gut zu Gesicht, weil deren innere Dunkelheit den Effekt abfedert. Songs wie "They Won't Silence Us" oder "Under Heavy Fire" übertreiben den Effekt hingegen deutlich. Ersteres schießt mit Synthie-Fanfaren weit übers Ziel hinaus. Letzteres killt im Chorus die stimmig inszenierte Strophe mit plastiniert sinfonischer Hymenhaftigkeit. Insgesamt überwiegen auf "Citybeats" dennoch die positiven Aspekte eines souverän angelegten Genre-Albums.

Trackliste

  1. 1. In The Still Of The Night
  2. 2. Joys Of Paradise
  3. 3. Dystopia
  4. 4. They Won't Silence Us
  5. 5. Not In My Nature
  6. 6. The Brightest Star
  7. 7. Under Heavy Fire
  8. 8. A Pawn In The Game
  9. 9. A Storm Is Rising
  10. 10. Last Goodbye

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6 Kommentare mit 13 Antworten

  • Vor 6 Jahren

    Gelungenes Album, gefällt...
    Meiner meinung 4/5 anstatt 3/5 aber jedem das seine.
    Kritik ist vielleicht nicht schlecht aber es wurde überhaupt nicht von den 2 besten Songs vom Album gesprochen, ''Last Goodbye'' und ''Storm Is Rising''...

  • Vor 6 Jahren

    Citybeats...was genau erwarte ich darunter? In meiner langjährigen Hörerkarriere im De/Vision-Kosmos hab ich mich nie um Albentitel geschert. Manchmal waren sie zutreffend, wie beim emotional zerütteten "Two" oder dem Producerneuland "Noob", doch ab und an schlicht dem hyperelektronischen Wohlfühlklima untergeordnet.

    Diesmal will ich mehr. Unter der Flagge des 30jährigen Jubiläums peitschen Elektrowellen durch urbane Häuserschluchten, wirbeln an gläsernen Fassaden vorbei gen, von gleißenden Neonleuchtreklamen, tapezierten Horizont. Pulsierend, lebendig und dennoch voll fragmentierter Erinnerungsfetzen auf dem dampfenden Asphaltgrund treibend.
    Das Cover verdeutlicht die gesichtslose Anonymität der klagenden Metropole in der Skizzierung streng blockhafter Häuserreihen in stahlgrauen Schablonenfarben. Hinter jedem Mauerwerk tiefgreifende Geschichten, Emotionen, Ideen.

    So die blanke Theorie. Die Ausführung stockt jedoch zunächst. Der Opener befasst sich mit der Schwüle nächtlicher Strömungen, sanfter Wind haucht durch die Stille. Illuminierte Fensterfronten, als vage Lichtpunkte in der Ferne verleiten zum Sinnieren.

    Doch das Soundbild skizziert (und das sei als Spoiler schonmal verraten) hier wie auch auf der Gesamtlänge ein melancholisch verschwommenes Gerüst, dessen bleierne Schleierwolken wie schwermütig stumme Kollosse auf die Arrangements blicken.

    Gepresste Vocoderflächen und sirenenhafte Synthiesalven befeuern die andächtig geformte Hookline von "In the still of the night", das jedoch in seiner betuchlichen Form höhepunktslos durch die Schwärze wabert. In "Joys of paradise" dominieren kathedralenhafte Glockenschläge die sinnistere Atmosphäre, blass und leer das Gemäuer, schwere Vorhänge im Dämmerlicht wiegend. Keths Gesangsstruktur bewegt sich nostalgisch eingefärbt auf stets dergleichen Ebene. Fast meint man eine Rückbesinnung an die Anfangszeiten angesichts des Jubeljahrs. "Dystopia" setzt noch einen obendrauf. Langgezogen und gespenstisch bahnt sich eine gräuliche Betonmasse von ohnmächtigen Trommelkreisen begleitet ihren Weg durch den Erdgrund, verschlingt, erschüttert das Grün. Was bleibt sind mattfarbene Industrieländereien, bevölkert von metallischen Schattenwesen

    So freudlos diese Vorstellung, so zäh und monoton leider auch die akustische Ausmalung vor dem inneren Auge. Von den erhofften Citybeats bislang zu wenig.

    Die Single "They won't silence us" bekommt eine leichte Soundpolitur, speziell am Anfang, am Ende wurde gekürzt, doch existiert ohnehin
    eine famose extended version. Gleichgeblieben ist der Umstand, es hier mit einem der stärksten De/Vision Tracks seit 8 Jahren zu tun zu haben. Ganz besonders die beschwingte erste Hälfte brilliert mit schwereloser Ästhetik im Klangraum. Vitale Synthieeffekte, ein hochmelodisch kurz angetipptes Tastenthema, Adam als sympathische Zweitstimme. Hier stimmt so vieles. Ich sehe auch flirrende Farbtupfer durch graubraune Lagerhallen tanzen, Tore durchbrechen, hinaus Richtung Skyline.
    Die zweite Halbzeit gibt sich surrend ruhiger, spricht den Hörer direkt an. Hier ist noch lange nicht Schluss.

    "Not in my nature" ist druckvoller, verwegener. Die Grunduntermalung pirscht sich an orange glimmendem Laternenschein vorbei durch verwinkelte Straßenzüge. Die Stimmung ist kühl, doch einnehmend. In der Folge wird das Tempo noch leicht erhöht, pocht elektronisch ausladend dem Nachtschatten entgegen.

    Nun folgt die stärkste Phase des Albums. "The brightest star" glänzt wie ein dunkler
    Diamantenstein in lockender Düsternis. Schwer schreitend, endlich auch elegisch schmeichelnd schmiegt sich die einnehmende Hook an Seiten der nocturnalen Instrumentalisierung.

    "Under heavy fire" ist schließlich die Erfüllung meiner citybeat-affinen Erwartungen. Es blitzt, surrt, glitzert aus den Boxen, der Refrain dazu bleibt stark haften. Keth singt energisch, die Klangwogen funkeln, wirbeln durch den Moloch. In den finalen Momenten lässt Adam den Song atmen, zaubert schon fast eine extended Fassung und zelebriert das artifizielle Momentum.

    Toll! Leider wird dieses Niveau nicht exakt gehalten. "A pawn in the game" bleibt auf der selben Temposchiene, ist jedoch ungleich markanter in der Ausfertigung. Die durchgehend vitale Grundstimmung ist nach dem eher schleppenden Albumstart aber zu würdigen.

    Rauchig, roh und bissig. Das folgende "A storm is rising" belebt mit rockiger Struktur Heiligtümer der Void-Dynastie, wischt die Schwermut weg. Hypnotisch und prägnant. Genau das hat das Album zu diesem Zeitpunkt gebraucht. Als Bonus gibt es ein unbeschwert synthgestütztes Motiv welches als eigenes Songoutro fungiert.

    Als Closer betitelt ist stilecht "A last goodbye" vorgesehen. Doch anstatt tragender Ballade ist der Song durchaus tanzbarer. Düstermattiert instrumentalisierte Hintergrundtöne führen den Hörer die steilen Stufen des höchsten Gebäudes inmitten des umtriebenen Cityareals hinauf. An der Spitze dieses stählernen Wächters fällt der Blick auf die entrückte Großstadt in der fahlen Abendsonne mit all ihren Geheimnissen.

    Fazit: Ich hätte mir viel mehr befreiendere Stücke gewünscht, über allem thront eine dumpfe Mechancholie. Gegen ein ruhigeres Werk ist nichts einzuwenden, ein wenig mehr Überraschung, Melodik und Tempo hätte Citybeats gutgetan.

    • Vor 6 Jahren

      mich überzeugt die melancholische, leicht regnerische tiefe gerade erstmals seit etlichen alben/jahren wieder.

    • Vor 6 Jahren

      Klar, gehört zum metropolitan design auch das steingraue, verregnete Antlitz. Auch die schon von uns an anderer Stelle besprochene (in jüngerer Vergangenheit fehlende) Tiefe bricht deutlich mehr heraus, besonders im Vergleich zu den direkten Vorgängern, die für sich auch tolle Momente bargen. Ich sehe hier aber eine durchaus schöne Vielseitigkeit parallel zur Stadtthematik passend. Ich bin nur etwas vom Beginn und manch anderer Soundentscheidung enttäuscht, sehe aber gerade in diesem Album (und paradoxerweise eben weils diesmal weniger eingängig ist als sonst) ein erhöhtes Potential nachhaltig zu wachsen

    • Vor 6 Jahren

      Hört ihr euch eigentlich auch mal selbst zu?

  • Vor 6 Jahren

    bester "city"-song ever im elektro/wave-kosmos. und man merkt auch gelegentlich, dass sie das vorbild studiert haben.
    https://www.youtube.com/watch?v=KrQjCKF

  • Vor 6 Jahren

    Da gelingt De/Vision nach vielen Jahren Durststrecke mit "They Won't Silence Us" endlich wieder eine Hymne und der Anwalt muss es gleich runtermachen. Unglaublich! Ansonsten stimme ich der Rezi zu. 4/5

  • Vor 6 Jahren

    Also ich verstehe hierbei nicht was es da so viel zu schreiben gibt. Als Review hätte ein Wort genügt, langweilig!

    • Vor 6 Jahren

      Wenn's nach mir ginge, sollte laut.de sowieo unter jeder Rezension noch ein kleines Textkästchen einfügen. "Meurers Meinung" oder so, wo du dann deinen Senf dazu geben darfst. Das ist doch das, was die Leute wirklich lesen wollen! Dem Volk dürstet es danach! Aber Springer-Teufel-laut.de ist sich natüich zu feige, jemanden ans Steuer zu lassen, der nicht nur die von oben vorgegebene Meinung wiederkäut sondern tatsächlich mal so richtig an den Gitterstäben des Systems rüttelt.
      Schande, laut.de!

    • Vor 6 Jahren

      "Springer-Teufel-laut.de"

      Tripple-Wortwitz, nice.

    • Vor 6 Jahren

      Du meinst so ähnlich wie "Post von Wagner"! Der ist mir allerdings viel zu reaktionär und drückt keine "echte" Meinung aus. Bei mir, hast du immer Klartext, hier entweder zum Schreiber oder über das Review. Das ich dem Abwalt nicht schreibe, das er mal wieder selbstverliebt 299 Worte zuviel geschrieben hat, brauch ich nicht erklären oder? Er schreibt halt gern. Und danke Gleep, ich halte mich zwar nicht für wichtig, aber es zu hören tut gut.

    • Vor 6 Jahren

      Anwalt, wohl verutscht. :D

    • Vor 6 Jahren

      Ich unterstütze Gleeps Vorschlag!

      Meurer an die Rezi-Front.
      Das kann nur gut gehen!

    • Vor 6 Jahren

      "der abwalt" finde ich richtig gut. :D

      und ja, speedi, eine rezi ist eben eine rezi und kein klappentext.

    • Vor 6 Jahren

      Gerade dass Ulf sich dem Thema erneut angenommen hat ehrt ihn, war er ja besonders in der jüngeren Vergangenheit eher im Zwiespalt bezüglich der Band. So gibt es diesmal sogar eine kleine Überraschung.

      1-Wort Rezis und Scheuklappenmoves sind finsteres lautuser-Verhalten und völliger Quatsch. Wers nicht lesen will, weitergehen! Wir sind hiercin einer Nische und nicht bei den Rolling Stones, zefix.
      Hier soll bitteschön alles bewertet werden oder wir sperren nach Forum und Communitybetrieb nun auch die lästige Reviewfunktion und nennen es laut 4.0 :rolleyes:

    • Vor 6 Jahren

      und um ehrlich zu sein: abgesehen vom rein beruflichen ethos, jeden auftrag angemessen erörternd zu bearbeiten oder gar nicht, freut es mich auch einfach sehr, dass die formkurve de/visions wieder deutlich nach oben zeigt. man hat ja nie persönlich etwas gegen die musiker und empfindet auch deutliche verrise nicht unbedinmgt als große freude, so man die betreffenden künstler eigentlich mag und deren gesamtwerk für alles andere als überflüssig hält.

      wer mithin erwartet, dass der autor zum "langweilig!"-ein-wort-troll mutiere und man eine verantwortungsvolle bearbeitung als "selbstverliebt" abtut...tja...weiß ich auch nicht. kann ich nichtmal kommentieren so einen denkansatz.

    • Vor 6 Jahren

      @Corvo, das der Anwalt insbesondere dich etwas überrascht freut mich einfach. Hab den Zwiespalt ja ebenfalls mitbekommen. ;)

      "denkansatz"

      Hab ich wirklich dabei nach gedacht als ich den Spruch formulierte, Anwalt? Nicht wirklich oder was meinst du? Ansonsten siehe Antwort gegenüber Corvo.

      Zum Album, nachdem ich es mir mal zu Gemüte geführt habe, bleibt es beim langweilig. Aus Sicht eines Fans bzw. eines Profis genügt das nicht, so viel ist klar. Aus Sicht eines Forenhasen genügt das. Das daraus eine Diskussion endstanden ist, ist mehr als ich erwarten konnte. ;)

  • Vor 6 Jahren

    Kann man locker hören, klingt alles angenehm und okay, aber es fehlt wie immer der Pep. Typisch Synthpop halt, bisschen hängengebliebenes Genre.