laut.de-Kritik

Bassdruckwellen am Wiener Donaukanal.

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Handlungsanweisung: Große Boxen besorgen und auf den Boden legen. Bass aufdrehen, Höhen runter, Lautstärke bis zum Maximum. Die neueste Dub Club-Compilation in den CD-Player, sich auf die Boxen legen und Play drücken. Viel Freude beim Durchschütteln.

Wer dieses Gefühl nicht kennt, ist wohl noch nie im Flex gewesen. Blöd, denn der Wiener Club in einer ehemaligen U-Bahnstation am Donaukanal gilt seit Jahren als eine der besten Locations Europas. Und das hat er, neben der einzigartigen Atmosphäre, vor allem seiner formidablen Soundanlage zu verdanken. Unter der Bühne schlummern in Beton gefasst zwei fünf Meter lange Basshörner. "The stage is made of bass", wie es Roots Manuva schön beschreibt.

Seit mittlerweile zehn Jahren steigt jeden Montag im Flex der berühmt-berüchtigte Dub Club, in dem Musikbegeisterte die Bassdruckwellen durch ihre tanzenden Körper rollen lassen. Diesen Geburtstag gilt es natürlich zu feiern. Und so haben die Dub Club-Gründer Sweet Susie, Sugar B und Gü-Mix eine Compilation zusammengestellt, die der Qualität und vor allem der Basslastigkeit der Wiener Club-Institution gerecht wird.

Zum Zuge kommen darauf vor allem ortsansässige Wiener Musiker, die nicht nur zum größten Teil im Flex musikalisch sozialisiert wurden, sondern auch der österreichischen Szene (und teilweise nicht nur ihr) einen Stempel aufgedrückt haben. Man kann es drehen und wenden, wie man will: Für die österreichische Elektronikszene ist das Flex Herz und Gehirn zugleich.

Den Anfang macht der Wiener Produzent Stereotyp, der auf simplen Synthiebässen dem Engländer Brother Culture viel Platz zum Toasten lässt ("Pon Remote"). Auf "Um-Dois-Tres" hält Stereotyp auch ohne Hilfe die Spannung mit stampfenden Bässen und fremdartigen Klangspielereien aufrecht. Auch in Folge liegt der Hauptaugenmerk auf dem Bass: 2Culture Clash und Markus Kienzl (Sofa Surfers) versuchen sich noch gekonnt am Drum'n'Bass/Dancehall-Mix, während Makossa daraufhin ganz unverblümt in den Wiener Elektronik-Kosmos abdriftet ("Find It").

Bei Rodney Hunter, Aphrodelic und Wiener Vorzeige-Produzent, läuten nach dem kleinen Exkurs wieder die Reggaeglocken ("Vampire"), die Megablast und Coalman in einem frischen Elektro-Gewand weiterklingen lassen ("Listen To Rasta"). Richtig interessant wird es, wenn Hubert Tubbs - ehemaliger Sänger der legendären Funk-Combo Tower Of Power - auf atmosphärischen Spacetönen zeigt, was sein Organ noch alles drauf hat.

Das letzte Drittel der Dub Club-Compilation geht auf musikalische Reise durch verschiedene Kulturen. Gü-Mix und Roberto Carlos versprühen sommerliche Stimmung und veredeln schnelle Drum & Bass-Beats mit lateinamerikanischen Klängen ("O Calhambeque" und "Malandro"). Camel & Earp ("Youth Inna De Ghetto") und OMFO ("Bagdub") tauchen zu guter Letzt in den orientalischen Raum ein, indem sie ihre Elektrospielereien mit Instrumenten des Fernen Ostens verdichten.

Die Compilation ist trotz der Themenvorgabe abwechslungsreich gestaltet und bietet einen überzeugenden Einblick in das allmontagliche Treiben des Wiener Kultclubs. "Picked From The Floor" sollte jedem bisherigen Wien-Ignoranten die musikalische Vielschichtigkeit der Donaumetropole vor Ohren führen und davon überzeugen, dass eine Reise ins einstige Zentrum Europas Pflicht ist. Inklusive eines Besuchs im Flex natürlich.

Trackliste

  1. 1. Intro Roots Manuva At DubClub
  2. 2. Stereotyp Feat. Brother Culture - Pon Remote
  3. 3. Stereotyp - Um-Dois-Tres (DubClub Remake)
  4. 4. 2Culture Clash Feat. Miss Thing - Love Guide
  5. 5. Markus Kienzl Feat. Paul St. Hilaire – Dundy Lion
  6. 6. Makossa & Megablast Feat. Farda P - Find It (Remake)
  7. 7. Rodney Hunter Feat. Paul St. Hilaire - Vampire
  8. 8. Megablast Feat. Coalman - Listen To Rasta
  9. 9. Hubert Tubbs - Automatique
  10. 10. Roberto Carlos - O Calhambeque (XRS Remix)
  11. 11. Gü-Mix Feat. Jaqueline Lima – Malandro (Ramilson Maia Remix)
  12. 12. Pressure Drop Soundsystem - Knok Knok
  13. 13. Camel & Earp - Youth Inna De Ghetto
  14. 14. OMFO - Bagdub
  15. 15. Bus Feat. Ras T-Weed - Sadela
  16. 16. Outro At DubClub

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