laut.de-Kritik

Gespenstische Töne für NIN-, Muse- und Deftones-Fans.

Review von

Dylan Neal, Kopf hinter dem Projekt Thief, vergleicht Erinnerungen mit Geistern, die keine physische Existenz besitzen und trotzdem unter denen Schrecken verbreiten, die an sie glauben. Für "Bleed, Memory", das nun erscheint, hat er sich von dem Schicksal seines Vaters inspirieren lassen, dessen Demenzerkrankung nach leichter Verwirrung in eine akute Episode u.a. mit Wahnvorstellungen überging. Für die Platte hat Neal seine eigenen Erinnerungen hinterfragt und dann erforscht, wie sie seine Identität und Realität formen.

Ausgangspunkt für seine Musik stellen wieder einmal gesamplete sakrale Gesänge dar, die er zum Teil in orthodoxen Kirchen aufnahm. Diese werden in so weit bearbeitet, dass sie wie jedes andere Instrument funktionieren. Ziel war es, das Album gespenstisch klingen zu lassen, wovon schon der Opener "Apparitions" mit seinen geloopten Chorsamples, düsteren Keyboards, trippigen Drumbeats und den sphärischen Vocals des US-Amerikaners zeugt.

"Cinderland" bildet danach eine hymnische Nummer über die Suche nach Beständigkeit und Sinn in den Trümmern der Vergangenheit und mündet in einem krachenden Gitarreninferno. Auch "Paramnesia" schlägt in eine ähnlich melodische Kerbe, gestaltet sich mit kreisenden Breakbeats jedoch deutlich elektronischer. Danach bricht in "Pneuma Enthusiastikon" mit harten Industrial-Rhythmen und verzerrten Vocals die Hölle los. An diese Härte knüpft auch "Prankquean" an, in dem Neal jedoch mehr auf eine Mischung aus Shouts und Klargesang setzt.

"Dead Coyote Dreams" stellt eine eher geradlinige Industrial Rock-Nummer dar, während das trippige, melancholische Titelstück an die ruhigen Momente der Deftones erinnert. Selbst gesanglich bewegt sich Dylan Neal nah an Chino Moreno in dem Track. Auch in den restlichen Songs gibt es so einige Bezugspunkte zum alternativen Sound um die Jahrtausendwende. Trotzdem lässt der US-Amerikaner diesen Sound mit seinem unorthodoxen Songwritingansatz und der modernen Produktion frisch klingen und nicht wie ein Relikt aus der Vergangenheit. Außerdem lotet Neal wie ein Trent Reznor die möglichen Tiefen seiner Musik immer wieder aufs Neue aus.

So führt "Dulcinea" mit Zeitlupenbeats, dissonanten Streichern, dunklem Saxofon und zerrissenem Gesang in dunkle emotionale Abgründe. Auch die bedrohlichen Maschinenklänge und die unheilvollen Chorsamples in "Behemouth" verbreiten kaum ein fröhlicheres Bild. Dennoch setzt sich nach der sakralen Überleitung "Hexproof" in "Pissing" mit hellen Loops und ruhigen, sanften Vocals allmählich ein hoffnungsvollerer Grundton durch, obwohl der Songname etwas völlig anderes suggeriert. Am Ende dringt die Nummer in bombastische Sphären à la Muse vor. "To Whom It May Concern" sorgt schließlich für einen luftigen Abschluss.

Jedenfalls können Fans von Nine Inch Nails, VAST, Filter, Deftones oder auch den frühen Muse bedenkenlos zuschlagen.

Trackliste

  1. 1. Apparitions
  2. 2. Cinderland
  3. 3. Paramnesia
  4. 4. Pneuma Enthusiastikon
  5. 5. Prankquean
  6. 6. Dead Coyote Dreams
  7. 7. Bleed, Memory
  8. 8. Dulcinea
  9. 9. Behemouth
  10. 10. Hexproof
  11. 11. Pissing
  12. 12. To Whom It May Concern

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