laut.de-Kritik

"And my heaaaaaart is breaking ..."

Review von

"And my heaaaaaart is breaking, just for you, just for you ..." - so geht das los, mit einer bis zum 'Herz' auf- und anschließend wieder absteigenden Melodielinie. Vor allem am Anfang von Lionel Richies achtem Solo-Album hat man ganz stark das Gefühl, dass der Schmusesoul-Sänger wieder nur das eine Lied singt, das er schon immer sang, und das er eben ganz besonders gut beherrscht.

Tatsächlich sind es einfache und eigentlich immer die gleichen Mittel, die Richie verwendet. Da sind zum einen die überaus simplen und Wiederholung nicht scheuenden Textfragmente; ohne den zweiten Song nur einmal gehört zu haben, weiß der Richie-Fan, wie die Titelzeile "I Still Believe" weiter gehen muss: "... in love" natürlich, denn "love is the answer".

Ähnlich einfach sind zumindest in diesen ersten Songs die musikalischen Mittel, die Richie verwendet. Es ist das Pathos des hohen Tons, das die Melodie immer bis zum Bedeutungsmittelpunkt auf-, und danach wieder absteigen lässt: Richie glaubt IMMER NOCH an die Liebe, denn Liebe IST die Antwort, usw. usf.

Die Einheit von Text und Musik zeichnet Lionel Richies Stücke aus; und mögen auch die Kritiker schon seit Jahren den Mut zur Innovation vermissen - seine Fans lieben die Verlässlichkeit, mit der Lionel ihre Erwartungen erfüllt. Es dürfte also weder Zufall noch Geschäftsinteresse, sondern vielmehr echte Seelenverwandschaft gewesen sein, die Richie mit Lenny Kravitz, dem anderen großen Konservativen der populären Musik zusammen brachte. Aus dem Rahmen des Albums fallen "Time Of Our Life" und "Road To Heaven", die beiden Stücke, bei denen Kravitz seine Finger im Spiel hatte, jedenfalls nicht.

Auf dieser sicheren Grundlage lässt sich dann doch auch noch was Neues ausprobieren. Etwa wenn in "Ball And Chain" der Songwriter-Stil im Mittelteil von krachigen Gitarren abgelöst wird. Oder wenn Richie gemeinsam mit Daniel Bedingfield in "Do Ya" seiner Motown-Vergangenheit und Stevie Wonder die Ehre erweist.

Richtig innovativ, ja fast revolutionär ist aber für Lionel Richies Verhältnisse, dass er den Begriff der Liebe gleich in mehreren Songs nicht mehr privat, sondern politisch fasst. Der Co-Autor von "We Are The World" scheint sich tatsächlich wieder für die ganze 'Welt' zu interessieren, so eindeutig wie in "Dance For The World" hat er sich jedenfalls noch selten zu seinen afrikanischen Wurzeln bekannt.

Und wenn die Liebe nicht mehr nur Rausch und Trost und Ablenkung bedeutet, sondern auch Verpflichtung und Mahnung, dann könnte das eine Lied, das Lionel Richie singt, auch wieder Menschen berühren, die nicht zu seinem engsten Fankreis zählen.

Trackliste

  1. 1. Just For You
  2. 2. I Still Believe
  3. 3. Just To Be With You
  4. 4. She's Amazing
  5. 5. Ball And Chain
  6. 6. The World Is A Party
  7. 7. Time Of Our Life
  8. 8. Outrageous
  9. 9. Heaven
  10. 10. Dance For The World
  11. 11. Do Ya
  12. 12. In My Dreams
  13. 13. One World

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