laut.de-Kritik

Die Norweger husten der ganzen Math-Metal-Mischpoke was.

Review von

Leprous sind bisher ein gut gehütetes Geheimnis im Progressive Metal. Ihr letztes Album "Bilateral" heimste durchweg euphorische Kritiken ein, ohne den Bekanntheitsgrad der Band groß zu steigern. Beim Konzert letztes Jahr im Essener Turock, einem von nur zwei Deutschland-Daten, fanden sich gerade mal 70 Nasen ein. Gut also, dass Leprous außerdem noch Geld verdienen, indem sie Ihsahn (Ex-Emperor) auf dessen Touren als Backing Band begleiten.

Es bleibt zu hoffen, dass sie mit "Coal" den Durchbruch schaffen. Denn das Album ist wiederum super geworden und der Sound der Band hat eine seltene Qualität - er ist eigenständig. Die Norweger husten der ganzen Math-Metal-Mischpoke was und halten sich auch vom Skalen-Gegniedel à la Dream Theater fern. Ihre Stärken liegen im atmosphärischen Bereich und in der Rhythmus-Arbeit.

Zwei deutliche Unterschiede zu "Bilateral" drängen sich beim ersten Hören auf: die Songs sind wieder länger als auf dem Vorgänger und es wurde mehr mit Stimm-Elementen rumexperimentiert. Gleich der erste Song "Foe" hat einen sehr schönen Schlussteil mit versetztem, textlosem Gesang. Erinnert sogar ein bisschen an dem minimalistischen Stil des "Koyaanisqatsi"-Soundtracks von Philip Glass.

Die verstärkten Gesangs-Anteile machen Sinn, denn Einar Solberg ist ein bemerkenswerter Sänger. Der Typ hat stimmlich alles drauf: vom klaren Gesang über einen zum Teil fragwürdigen Falsett-Einsatz bis hin zu dieser knödelig-röhrigen Art, die ihn unter tausend Mikrofonschwingern wiedererkennbar macht. Zwischendurch versucht er sich auch mal an so was ähnlichem wie Kreischen. Man kann wirklich nicht sagen, dass es langweilig wäre, diesem Mann zuzuhören.

Als nächstes kommt die schon vorab bekannte Single "Chronic", ein geiles Teil. Wie sich diese eine Zeile und ihre Melodie wiederholen und wiederholen, erst immer schneller werden und dann immer langsamer - das ist famos! Und so geht es weiter, Schlag auf Schlag, ohne Aussetzer. Eine schöne Ballade namens "The Cloak" ist auch dabei. In "The Valley" wabert plötzlich eine dunkle Elektro-Pop-Bassline durch den Raum. Generell ist der Ton auf der Platte wieder etwas düsterer und erinnert eher an Leprous' Label-Debüt "Tall Poppy Syndrome" als an die letzte Scheibe, die etwas fröhlicher und verspielter daher kam.

"Echo" blendet lange, lange aus - man wähnt sich bereits am Ende des Albums. Aber dann kommt noch die wirklich herausfordernde Nummer "Contaminate Me", ein sperriges Teil vor dem Herrn. Stilistisch passt der Song überhaupt nicht zum Rest. Deutlicher härter ist das Ding, mit Doublebass-Geknüppel und Gast-Röchel-Vocals von Ihsahn. Aber nur eine Hälfte lang, denn dann kommt ein doomiger Improvisationsteil mit kratziger Geige und schleppendem Getrommel. Merkwürdig, ein Album so ausklingen zu lassen. Ich tu mich mit dem Song schwer, aber das ist genau das, was Prog ursprünglich mal ausgemacht hat: es dem Hörer nicht so leicht zu machen.

Platten von Leprous sind eine Frischzellenkur für den Prog Metal, der inzwischen so oft in alten Strukturen erstarrt ist. Im Herbst gibt es wieder einige wenige Auftritte in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Nichts wie hin!

Trackliste

  1. 1. Foe
  2. 2. Chronic
  3. 3. Coal
  4. 4. The Cloak
  5. 5. The Valley
  6. 6. Salt
  7. 7. Echo
  8. 8. Contaminate Me

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