laut.de-Kritik

Grinsender Orgelcore.

Review von

Wie ernst soll oder kann man eine Band nehmen, die sich Leopold Kraus Wellenkapelle nennt? Noch dazu, wenn die vier Protagonisten folgende Namen tragen: Torpedo Tom (Farfisa-Orgel), Jens Dampf (Schlagzeug), Tim Rocketrocker (Gitarre) und Willi Del Mare (Bassgitarre). Und was, wenn obendrein auch die Songtitel dem Bandnamen in nichts nachstehen ("The Jump Of The Deer In The Valley Of Hell", "Oh, My Deer" oder "Melodien in Blei")? Am besten einfach keine Fragen stellen, um jeden Ernst einen großen Bogen machen und die Musik für sich sprechen lassen. Dann offenbart sich der Schelm, der breit grinsend in nahezu allen Liedern von "15 Black Forest Surf Originals" steckt.

Neben krudem Humor dient auch die Zitierfreude als Steckenpferd der Schwarzwälder, weswegen sie weder vor der roten Zora ("Es Leben Die Uskoken") noch dem Stonesschen "Paint It Black" ("Schwarzmaler") Halt machen. Texte sind dagegen Mangelware, nur "Stromgitarrenmädchen" hat etwas zu sagen. Angereichert mit sympathischer Selbstironie, erzählt das Stück vom Herzschmerz des Sängers, womit auch die Gattung "Liebeslieder" augenzwinkernd abgedeckt wäre. Die übrigen Instrumentalsongs verlangen nach festem Boden unter den Füßen - nur seelenlose Eiszapfen beginnen bei dieser Mischung aus 60's-Pop, Beat und Surfmusik nicht zu tanzen.

Außer für Dancefloors eignet sich der Wellenkapellen-Sound auch prima für filmische Rückblenden: Der Opener "On Route Pour La Gloire" erzwingt durch Anleihen aus der Sesamstraßenmelodie geradezu Erinnerungen an die Kindheit. Auf Ernie und Bert folgt mit "Hier Kommt Christina" ein Trip in die Welt der Ghostbusters, und beim treibenden "DJ Opossum" hält es selbst einen Professor Brinkmann nicht länger in der Schwarzwaldklinik. "Melodien In Blei" dagegen lebt mit schweren und düsteren Tonfolgen vom Italo-Western-Charme.

Noch mehr Vergangenheitsbewältigung betreibt die "offizielle Band des Deutschen Wellenreitverbandes", indem sie sowohl dem Ex-Gitarristen ("Flydt's Ring") als auch dem Orkan Lothar (nein, nicht Matthäus) ein musikalisches Denkmal setzt. Letzterer hinterließ 1999 eine Spur der Verwüstung im sonst so aufgeräumten Schwarzwäldle, und genauso wüst gerät die Umsetzung des Chaos dank verzerrter und aufgeregter Orgelklänge. Karl Nessler, Erfinder der Dauerwelle, erfährt post mortem ebenfalls eine Huldigung in "The Barber's Theme".

Letztlich lassen sämtliche Stücke viel Platz für fantasievolle Interpretationen. "Do The Duck" und Kollegen animieren zu so mancher Tanzeinlage und zaubern ganz nebenbei ein Lächeln aufs Gesicht. "15 Black Forest Surf Originals" ist ein kurzweiliges Werk, das einen Platz in jeder gut sortierten Plattensammlung verdient. Auch wenn es schwer fällt: Den Namen Leopold Kraus Wellenkapelle sollte man sich merken.

Trackliste

  1. 1. En Route Pour La Gloire
  2. 2. Titisee-Twist
  3. 3. Stromgitarren Mädchen
  4. 4. The Jump Of The Deer In The Valley Of Hell
  5. 5. Hier Kommt Christina
  6. 6. Es Leben Die Uskoken
  7. 7. Melodien In Blei
  8. 8. The Barber's Theme
  9. 9. DJ Opossum
  10. 10. Flydt's Ring
  11. 11. Gladiatoren
  12. 12. Do The Duck
  13. 13. Lothar '99
  14. 14. Schwarzmaler
  15. 15. Oh, My Deer

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