laut.de-Kritik

Größenwahnsinniger Humor aus Hessen.

Review von

Ob mit Avantasia oder mit Edguy - Tobias Sammet reiht Erfolg an Erfolg. Gleichgültig, was man von Edguy halten mag: Die Band blieb sich die Jahre über treu und scheute sich nicht, durch ihren speziellen Humor auch mal anzuecken. Schon allein das verdient Respekt.

Roax Films haben nun eine DVD in Angriff genommen, was schon allein für Qualität spricht. Der Rundflug im Helikopter, der das Intro zur Liveshow sowie die "Documentary" einleitet, stammt noch von Edguys Wacken-Gig. Entsprechend haben die Jungs auf den Bildern noch lange Haare, wohingegen Tobi beim anschließenden Konzert in Sao Paulo auf einmal mit Kurzhaarschnitt vor dem Publikum steht.

Und das frisst der Band vom ersten Ton an aus der Hand, weshalb Tobi auch nichts anbrennen lässt. Der für die Band oder besonders für Tobi typische Größenwahn in Sachen Ansagen gehört zu jeder Edguy-Show dazu und lässt sich mit ein wenig Humor auch ganz locker an. Mitsingspielchen in voller Länger sind aber trotzdem zu viel des Guten.

Dass das Drumsolo unter den Tisch fällt, will ich ja noch als positiven Aspekt vermerken. Aber warum wurde noch kein Fronter, der organisierte Jubelarien anstiften will, von einem Bierbecherhagel niedergestreckt?

Humor ist bei den Hessen zwar immer so eine Sache, aber man muss ihnen zugute halten, dass sie ihr Ding durchziehen und dabei ehrlich zu sich selbst bleiben. Auch wenn Tobi in "Superheroes" vor Lachen den Chorus vergeigt. Ob man die Hasenohren tatsächlich genauso witzig findet wie der Sänger, sei ebenfalls mal dahin gestellt ("King Of Fools").

Zwar sorgt bei Edguy jeder für Bewegung, doch irgendwie werden die Bühnenaufbauten nur sehr sporadisch genutzt. Was soll die erhöhte Bühne neben dem Drumriser bringen, wenn da gerade mal bei zwei, drei Songs kurz drauf geparkt wird? Stellt da oben doch einfach zwei Mikros zusätzlich auf!

Wenn man sich die Größe der Halle vor Augen hält, wundert man sich fast schon über die relativ mickrige Lightshow. Die Aufnahmen der Kameras sind zwar weitgehend gut und scharf, doch auch ein wenig zu dunkel geraten.

Der "Documentary"-Teil bringt dann die Musiker in Einzelinterviews näher. Anstatt sich jeden in Reihe vorzunehmen, werden die Aussagen themengerecht zusammen geschnitten. Vor allem Tobi glänzt mit großer Klappe aber eine Aussage wie "Für die Rocket Ride-Tour wurden Länder erst extra gegründet und erfunden" hat definitiv ihren Reiz. Was zudem auffällt: Alle Bandmitglieder sprechen hochdeutsch und fast schon druckreif. Sind das wirklich Hessen? Mal sollte es kaum glauben ...

Man erfährt, warum ausgerechnet (und vollkommen zu Recht) in Sao Paulo aufgenommen wurde, nur warum die Setlist im Detail aufgedröselt und erklärt wird, erschließt sich nicht so ganz. Da gibt es andere Möglichkeiten eine DVD zu füllen.

Allerdings fällt gerade bei "Babylon" auf, wie unterschiedlich die einzelnen Bandmitglieder den Song empfinden. Von Tobis Aussagen ist überhaupt maximal die Hälfte ernst zu nehmen - und egal was du erzählst, mein Guter: Drumsoli braucht kein Schwein! Star Wars hin oder her.

Ebenfalls für die Ehrlichkeit der Band spricht, dass sie sich nicht schämen zuzugeben, dass der Opener gehörig in die Hose ging, weil die Kameras einfach nicht mitgelaufen sind. Anschließend gehts nahtlos in die Bandvorstellung über. Auf die Aussage "Es fällt niemand unangenehm auf" steht Eggi plötzlich Mittelpunkt. Sollte das einem zu denken geben? Zumindest wartet hier noch der ein oder andere Brüller, wenn die Jungs unter die Lupe genommen werden.

Trackliste

Live At Sao Paulo 2006

  1. 1. Intro
  2. 2. Catch Of The Century
  3. 3. Sacrifice
  4. 4. Babylon
  5. 5. Lavatory Love Machine
  6. 6. Vain Glory Opera
  7. 7. Land Of The Miracle
  8. 8. Fucking With Fire
  9. 9. Superheroes
  10. 10. Save Me
  11. 11. Tears Of A Mandrake
  12. 12. Mysteria
  13. 13. Avantasia
  14. 14. King Of Fools
  15. 15. Oit Of Control

Documentary

  1. 16. Intro
  2. 17. Welcome
  3. 18. First Steps
  4. 19. Rocket Ride All Over The World
  5. 20. The Show
  6. 21. The Band
  7. 22. The Crew
  8. 23. Outro

Bonus Material

  1. 24. Lavatory Love Machine
  2. 25. Ministry Of Saints
  3. 26. King Of Fools

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17 Kommentare

  • Vor 14 Jahren

    @Olsen (« Sammet ist so einer der Typen, der dafür verantwortlich ist, warum man sich durchaus für Metal schämen kann. »):

    Aber nur wenn man seinen Humor nicht kapiert. Er nimmt sich wenigstens nicht ernst wie die anderen "Bösen Mataller"

  • Vor 14 Jahren

    @Texas CrieZ (« Deswegen geht man dann erstmal in den entsprechenden Thread um genau das zu sagen. :suspect: »):

    Warum denn nicht? Ist doch viel spannender, als wenn hier immer nur stünde "suppa Band", "jo, stimmt", "finde ich auch". :ill:

  • Vor 14 Jahren

    @Olsen (« @Texas CrieZ (« Deswegen geht man dann erstmal in den entsprechenden Thread um genau das zu sagen. :suspect: »):

    Warum denn nicht? Ist doch viel spannender, als wenn hier immer nur stünde "suppa Band", "jo, stimmt", "finde ich auch". :ill: »):

    Die Welt wäre dann ein besserer Ort. :kiss: :lol: