laut.de-Kritik

Der nächste Weihnachtsmarktbesuch kann kommen.

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Wer saugt da an den Sukkulenten? Ich sag es dir, es ist Glen Benton. Nein, Entschuldigung, das war eine Falschinformation. Benton, seines Zeichens Mikrofongurgler und Zupfer der vierseitigen Teufelsgitarre bei Deicide, hat weiterhin keine Zeit für solche Kinkerlitzchen. Es gilt schließlich, die endlose Schlacht gegen das Christentum als solches weiterzukämpfen. Wer sich ein umgedrehtes Kreuz in die Stern brennen lässt, gibt so schnell nicht auf.

Was kann ein neues Deicide-Album noch bieten? In Zeiten, wo einem in der Fußgängerzone wieder krakeelende Kinderchöre aus plärrigen Lautsprechern entgegenschallen, tut es jedenfalls wohl. Außerdem verschafft es Linderung der Qualen, falls man gerade das Pech hatte, die neue Rhapsody Of Fire besprechen zu müssen. Das Gehör mit Kernseife ausspülen oder lieber eine Runde Deicide? Dann doch auf jeden Fall Letzteres.

Schon die Songtitel machen klar, worauf sich der geneigte Death-Metal-Hörer einzustellen hat: "Kill The Light Of Christ", "End The Wrath Of God", "Trample The Cross" - vor dem geistigen Auge tut sich das amüsante Bild auf, Bentons Beelzebuben mit Transparenten durch die Straßen einer amerikanischen Kleinstadt laufen zu sehen. Bemerkenswert, dass man tatsächlich elf Alben aufnehmen kann, auf denen jeder Song das gleiche Thema hat. Man mag das kindisch finden, so viel Konsequenz sucht man anderswo aber vergeblich.

"Das Album fühlt sich an, als wäre es unser Erstes. Alle haben beim Songwriting mitgemacht und im Nu hatten wir die Teile zusammengesetzt", erzählte der gute Glen neulich in einem Interview. Und tatsächlich wirkt "In The Minds Of Evil" frisch und aufgeräumt. Der Titelsong eröffnet den Reigen mit einem nicht sonderlich originellen Zitat aus "The Dark Knight", der Song gehört aber zum Stärksten, das Deicide je komponiert haben. Wem die Band früher zu stumpf war, darf jetzt ein Ohr riskieren.

Die Floridaner spielen weiterhin altschuligen Death Metal der unfrickeligen Art. Die Songs haben ein bisschen Rock'n'Roll-Feeling, ein paar Blastbeats, hin und wieder Rhythmusvariationen innerhalb der Songs. Dazu noch die schönen düsteren Gitarrenbögen, gerne doppelläufig - fertig ist die Laube. Es geht alles etwas gemäßigter als zu Beginn der Bandhistorie, aber dafür ausgefeilter und melodischer. Die derzeitige Besetzung mit Neugitarrist Kevin Quirion (inzwischen auch schon zwei Jahre dabei) klingt perfekt aufeinander eingespielt. Um es mit Tuco aus "Breaking Bad" zu sagen: Tight, tight, tight!

An Bentons Vocals wurde in den letzen Jahren ordentlich herumgemäkelt. Den Vorwurf der Monotonie muss er sich in der Tat gefallen lassen. Andererseits geht der Mann stramm auf die 50 zu, da hört man sich halt nicht mehr an wie mit Anfang 20. Wenn man damit klarkommt, macht die neue Deicide von vorne bis hinten Spaß und könnte der Band ein paar neue Hörer verschaffen. Der nächste Weihnachtsmarktbesuch kann kommen.

Trackliste

  1. 1. In The Minds Of Evil
  2. 2. Thou Begone
  3. 3. Godkill
  4. 4. Beyond Salvation
  5. 5. Misery Of One
  6. 6. Between The Flesh And The Void
  7. 7. Even The Gods Can Bleed
  8. 8. Trample The Cross
  9. 9. Fallen To Silence
  10. 10. Kill The Light Of Christ
  11. 11. End The Wrath Of God

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