laut.de-Kritik

Die rheinischen Rocker setzen auf bewährte Zutaten.

Review von

"Radio Pandora" erscheint in zwei Versionen: als 'Plugged'- und als 'Akustik'-Edition. Und gottlob keine Spur von der alben-namengebenden Hüterin der Büchse des Verderbens: Vielmehr können sich Fans über eine große, prall gefüllte Rock-Wundertüte freuen. Gleichermaßen beseelt wie energiegeladen legen BAP höchst gelungene, überzeugende Song-Arbeit vor.

Schon der melodische Opener "Prädestiniert" wuchert mit den bewährten BAP-Zutaten: Ausgefeilte Orchestrierung, einprägsame Song-Führung und Niedeckens unverwechselbarer kölscher Dialekt. Kräftige, und sicher auch gewollte, Rolling Stones-"Start Me Up"-Zitate würzen den launigen Rocker "Et Ess, Wie't Ess". Shuffle-Elemente bestimmen "Hühr Zo, Pandora". Die bratzende Gitarren-Arbeit zeigt sich ausgefeilt und tadellos wie eh und je, besonders in Nummern wie etwa "Wolf Un Skorpion".

BAP haben sich im Lauf der Jahre nach vorn entwickelt - bleiben sich indes in den Grundprämissen ihrer Kunst auch im neuen Jahrtausend treu. Die rheinischen Rocker widerstanden stets der Versuchung, ihren ureigensten Stil mit womöglich allzu überladenen Spielereien aufzupeppen. Aufrichtige, nachvollziehbare Gefühligkeiten, die direkt aus Bauch und Herz den Weg zum Hörer finden, sind ebenfalls von jeher fester Bestandteil des Kölner Band-Kosmos.

Das gilt natürlich ebenso für die Textarbeit Niedeckens. Die Lyrics liegen in hochdeutscher Form dem Booklet bei - dem Nicht-Kölner eine große Hilfe, und ich gestehe: Ohne eine solch willkommene Krücke erschließt sich mir diese Text-Welt nur unter großen Schwierigkeiten.

Informativ und lesenswert die allen Tracks vorangestellten Einführungen Niedeckens, in denen der BAP-Frontmann mit kleinen, persönlichen Anmerkungen erläutert, welche Beobachtungen und Eindrücke ihn zum betreffenden Song inspirierten. "Radio Pandora" sendet klug zusammengestellte Aufnahmen aus dem breiten Spektrum zwischen heimischem Hinterhof und großer Weltpolitik.

Vor politischen Statements hat sich die Band ohnehin nie gescheut, und so finden sich allerlei Tracks zu Problemen der heutigen Zeit. "Noh Gulu" behandelt thematisch den ugandischen Bürgerkrieg, und in "Wa'ss Loss Met Dä Stadt?" beschreibt Niedecken seine Eindrücke vom Besuch des nach 9/11 traumatisierten New Yorks.

"Kron Oder Turban" ist als Aufruf zum friedlichen Miteinander im nahen Osten interpretierbar - doch Niedecken ist Realist genug, um später in einem anderen Track zu erkennen: "Songs Sinn Dräume". "Musik, Die Nit Stührt" behandelt amüsant das Thema des allumfassenden Herumgedudels, angefangen beim Formatradio bis hin zu allgegenwärtigen "Fußgängerzonen-Inkas".

Auch der von den landesweiten 08/15-Radio-Redakteuren so geschätzte Phil Collins bekommt hier sein verdientes Fett weg. Natürlich: Nicht jede neue Aufnahme ist reinstes BAP-Gold, doch im Vergleich zu manch früherem Werk enthält "Radio Pandora" eine erheblich größere Anzahl an gelungenen und hörenswerten Tracks.

Das setzt sich auf dem flankierenden CD-Zweitling, der Unplugged-Version, positiv fort. Vor allem bietet die Band hier nicht etwa eine 1:1-Umsetzung des eigentlichen Albums - lediglich acht Stücke wurden übernommen. Vier Titel sind eigens für "Unplugged" komponiert, ergänzt durch zwei Cover-Songs aus der Feder von Altmeister Bob Dylan. Rundum-Vollbedienung für BAP-Freunde also.

Trackliste

  1. 1. Prädestiniert
  2. 2. Hühr Zo, Pandora
  3. 3. Et Ess, Wie't Ess
  4. 4. Diego Paz Wohr Nüngzehn
  5. 5. Frankie Un Er
  6. 6. Wat Für E' Booch
  7. 7. Wolf Un Skorpion
  8. 8. Kron Oder Turban
  9. 9. Noh Gulu
  10. 10. Wa'ss Loss Met Dä Stadt?
  11. 11. Musik, Die Nit Stührt
  12. 12. Morje Fröh Doheim
  13. 13. Songs Sinn Dräume
  14. 14. Für Immer Jung

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1 Kommentar

  • Vor 15 Jahren

    Dr. zoidrack schrieb im laut-artikel:

    "BAP haben sich im Lauf der Jahre nach vorn entwickelt - bleiben sich indes in den Grundprämissen ihrer Kunst auch im neuen Jahrtausend treu. Die rheinischen Rocker widerstanden stets der Versuchung, ihren ureigensten Stil mit womöglich allzu überladenen Spielereien aufzupeppen. Aufrichtige, nachvollziehbare Gefühligkeiten, die direkt aus Bauch und Herz den Weg zum Hörer finden, sind ebenfalls von jeher fester Bestandteil des Kölner Band-Kosmos"

    als alter freund der band will man das ja nur allzu gern glauben.
    möchte man diesen glauben bei der aktuellen scheibe jedoch 100%ig behalten, wird das nur mit dem mittel der verdrängung und selbstmanipulation funktionieren.

    die in der rezension angesprochenen stoneszitate werden teilweise so penetrant eingesetzt, daß bap sich in derartigen songs fast schon zur coverband degradiert.

    beispiel gefällig?

    "et ess wie't ess" ist diesbzgl schon ein reines keith richards-plagiat von dessen track "shouldn't take it so hard" (k.r.: talk is cheap, 1988); sogar inklusive themen- und titelanlehnung und "aaahhhaaahhhaaa-chören".
    bestenfalls belanglos;
    schlimmstenfalls ärgerlich.

    "prädestiniert" steht für diverse songs der cd, die zwar sehr routiniert ohrenschmeichlerisch arrangiert sind, jedoch die zündende melodiöse idee vermissen lassen.
    das wäre früher höchstens als b-seite veröffentlicht worden.

    das gleiche bild bei den balladesken tönen:
    "frankie un er" klingt nett. man denkt sofort:
    "ach ich mach gleich mal wieder "paar dach fröher" an. das war ja ne starke komposition"

    die "studentenrockfraktion" wird auch bedient.
    "wat für e booch" ist musikalisch ja auch eher bei den silbermond-farbenen 08/15 gitarrensounds abgeschaut.

    "diego paz" ....schön lecker teile von "golden earrings radar love" eingebaut.

    natürlich gibt es auch echten bap-spirit:
    "pandora, wolf un skorpion, musik, die net stührt" zb sind typische klopper alter schule.

    "noh gulu" ist dann endlich mal so eine typische bap-ballade mit musikalischem und textlichem, tiefgang. die dezente soundmodernisierung paßt hervorragend und wirkt zu keinem zeitpunkt anbiedernd.

    "kron oder turban" ist textlich von knuffig-naiver weltsicht geprägt, jedoch als typischer niedecken-humanismus voller kuscheligem charme, dem man sich hier auch deshalb kaum entziehen kann, weil der eingängige midtempo rock sofort in die beine geht. mein persönliches lieblingslied der scheibe.

    alles in allem bleibt jedoch das etwas schale gefühl, daß die zeiten großer bap kompositionen a la "bahnhofskino, alexandra, sichel vum mond, om nasse asphalt, kristallnaach oder sandino" einfach vorbei sind.
    das liegt aber wohl weniger daran, das herr niedecken altert, sondern vielmehr daran, daß er ohne seinen kongenialen kompositionspartner major heuser einfach nur die hälfte wert ist.

    das zwingende element in bezug auf mutigere, kreativere arrangements und ausgefeiltere melodik ist mit dem major vor 10 jahren von bord gegangen.
    und niedecken allein ist eben kein echter admiral.