laut.de-Kritik

Irgendwas mit Liebe, getunkt in glänzendes Schwarz.

Review von

Wie das halt so ist bei Bands, die lange vor der eigenen Geburt gegründet wurden, nimmt man Reviews wie diese zum gegebenen Anlass, sich in deren Oeuvre hineinzuarbeiten, die man sonst nur en passant wahrgenommen hat. Und während ich immer noch Neues von Van Morrison höre, nachdem ich den guten Mann vor geraumer Zeit reviewte, fällt das Werk von The Cult gottlob übersichtlicher aus. Gleichwohl lohnend, Perlen wie "Bangkok Rain", "The River" und "Sea And Sky" wären mir sonst wohl verwehrt geblieben. The Cult zeigen eindrücklich, dass die einstige Post-Punk, dann Goth-, dann Hardrock und jetzige Hard-Goth-Rock-Band den wenigen Geschmacksverirrungen zum Trotz, meistens grundsolides Material produzierte.

Mit einer solchen track record verzeiht man Ian Astbury und Billy Duffy - und angesichts seiner nun 16-jährigen Bandzugehörigkeit muss man John Tempesta wohl auch dazu zählen - ein Album von der Länge von "Under The Midnight Sun" mit nur acht Songs, von denen lediglich zwei die 5-Minuten-Grenze passieren. "Mirror" knüpft ziemlich genau da an, wo "Hidden City" aufhörte: Hard Rock mit pathetischem Gesang und einer Goth-angehauchten Atmosphäre.

Die Schärfe und Dringlichkeit manch früherer Songs ist abgeschliffen, "A Cut Inside" steht die Mischung aus Glenn Danzig und Mark Lanegan aber ganz wunderbar, auch wenn die Songwritingsphären der beiden nie erreicht werden. The Cult bewegen sich in ihrem eher entspannten Rahmen souverän, weil derselbe nicht limitiert, sondern selbst abgesteckt rüberkommt. Zwar fällt das Album kurz aus, die einzelnen Songs nehmen sich wie das schon angesprochene Albumhighlight "A Cut Inside" gleichwohl die Zeit und dem Raum, um sich genüsslich auszubreiten und dabei trotz Stadionanspruch fast schon unverschämt mühelos cool zu klingen.

Tom Dalgety, bekannt von seiner Zusammenarbeit mit Ghost, hat auf "Under The Midnight Sun" als Produzent einen guten Job gemacht. Die natürliche Umgebung von Songs wie "Vendetta X" ist die große Arena. Dementsprechend schwer war der Job, nicht allzu offen kommerziell oder unpersönlich zu wirken. Das gelingt Dalgety und Astbury, der am Mikrofon frisch und lebendig wirkt. Als Texter schwankt Astbury weiterhin zwischen Ville Valo und, man muss ihn schon wieder erwähnen, Danzig. Irgendwas mit Liebe, unerwiderter Liebe, doch noch gefundener Liebe, getunkt in glänzendes Schwarz.

Die stärksten Momente scheinen auf "Under The Midnight Sun" durch, wenn Astbury und Duffy in ein Zwiegespräch aus Gesang und Gitarre treten wie im Refrain von "Give Me Mercy", "Impermanence" und "Knife Through Butterfly Heart", auf dem trotz Streicherkitsch Duffys variables Gitarrenspiel überzeugt. Das packend beginnende "Outer Heaven" und den Closer "Under The Midnight Sun" ersaufen sie ohne Not in Violinen, was den guten Gesamteindruck ein wenig schmälert. "Under The Midnight Sun" ist eine blitzsaubere Sache, mehr aber auch nicht, dafür hätte es etwas mehr von den gelungenen Ansätzen gebraucht.

Trackliste

  1. 1. Mirror
  2. 2. A Cut Inside
  3. 3. Vendetta X
  4. 4. Give Me Mercy
  5. 5. Outer Heaven
  6. 6. Knife Through Butterfly Heart
  7. 7. Impermanence
  8. 8. Under The Midnight Sun

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