laut.de-Kritik

Dänische Schwermut zwischen dEUS und Interpol.

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Wie oft liest man solche Sätze auf Promozetteln: Seit ihrem Debütalbum im letzten Jahr sei die dänische Band Joycehotel nun "noch ruhiger, tanzbarer, vertrackter, progressiver, melodiöser und organischer geworden." Kurz: zu toppen ist hier gar nichts, die Zielmarke ist weit überschritten und das kreative Potenzial auf alle Zeiten unübertrefflich - natürlich nur bis zum nächsten Album. Nun kenne ich den hoch gelobten Vorgänger des Quartetts zwar nicht, bin aber geneigt, die euphemistischen Anpreisungen schon beim Opener "Eights" abzunicken.

Tanzbar ist hier zwar gar nichts, dafür offerieren die Dänen einen schwer verdaulichen, düster drückenden Schwermutsbrocken, der an kompakter Intensität durchaus der anerkannten Größe dEUS das Wasser reichen kann. Ähnlich den Emotionsspezialisten um Tom Barman variieren auch Joycehotel gerne mal das Songtempo und so bietet sich bereits das folgende "Falling/Laughing" für den lässigem Tanzschritt in der nächsten Indie-Disco an.

Auf dem deutschen Make My Day-Label, das auch Alben des hippiesken Singer/Songwriters Saint Thomas und der Kerzenschein-Romantiker von Schtimm veröffentlicht, sind die Kopenhagener um Hauptsongschreiber, Gitarrist, Sänger und Organist Kristian Funder jedenfalls gut aufgehoben. Im Mittelpunkt ihrer Songs findet sich stets eine entrückte, manchmal sogar morbide Melancholie, die aus allen Poren der unterschiedlich gearteten Songstrukturen heraus trieft.

Trockene Bassläufe wie in "Paramount" erinnern den Nostalgiker mitunter an ganz alte Zeiten (Joy Division, The Cure), Jungrocker denken an Interpol. Bei vollem Instrumenteneinsatz und langsamerem Tempo erreicht der Fünfer sogar schonmal einen Opulenzgrad, den auch Radiohead einmal zu schätzen wussten ("Five Flame").

Sollte Joycehotels zweites Album im Trubel der zahlreichen Indie Rock-Veröffentlichungen untergehen, liegt dies sicher daran, dass ihnen so ein bisschen der zündende Hit abgeht. Insgesamt ist "Limits" aber sehr stimmig geraten und dürfte so manchem Freund atmosphärischer Gitarrenmusik als treuer Begleiter durch verregnete Herbstnächte helfen. Landesintern haben Kashmir nun jedenfalls eine ernstzunehmende Konkurrenz.

Trackliste

  1. 1. Eights
  2. 2. Falling/Laughing
  3. 3. Forever Summer
  4. 4. Rorschack
  5. 5. Blowing Up The World
  6. 6. Paramount
  7. 7. Feel Nothing
  8. 8. Five Flame
  9. 9. Call It
  10. 10. The Saint
  11. 11. Mr. Magoo

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