Am Freitag stellte Marilyn Manson in einer Berliner Villa sein neues Album "Eat Me, Drink Me" vor, das am 1. Juni erscheint. Das Weißgesicht ließ es sich nicht nehmen, dazu noch ein paar Takte loszuwerden.

Berlin (ps) - Marilyn Manson ist nicht irgendjemand. Während die Arctic Monkeys vor kurzem noch in eine Bar einluden, in der die Management-Abgesandten den Journalisten drei Getränke-Bons in die Hand drückten und den CD-Player anschmissen, wird für Manson gleich eine komplette Villa im Berliner Nobelviertel Grunewald umdekoriert. Bei der Albumvorstellung am Freitag reicht man, umgeben von ausgestopften Dachsen und blutbeschmierten Wänden, Sekt, Bier und Cranberry-Wodka. Ganz klar: das hier ist die Champions League. Mit Millionen verkaufter Platten im Rücken kann man sich so etwas ja schließlich auch mal leisten.

Mit Ankündigung geht eine Tür auf und der Star des Abends - der mit weißer Katze auf dem Arm übrigens auch ein Gemälde an der Wand ziert - betritt den Raum. Mit seinem langen Ledermantel und den klobigen Schuhen wirkt Manson für seine Verhältnisse zwar recht leger, sein Gesicht ist aber natürlich komplett weiß geschminkt und die Haare perfekt gestylt. Alles andere wäre Hochverrat an seiner Figur.

"Eat Me, Drink Me" ist eine Kollaboration von Marilyn Manson und dem Schweden Tim Sköld, der seit 2002 Mitglied von Mansons Band ist und damals Twiggy Ramirez ersetzte, der ja bekanntlich inzwischen bei A Perfect Circle in die Saiten haut. Das Resultat dieser Zusammenarbeit ist zu Beginn der Platte erstaunlich mainstreamig und lange nicht so extrem wie man das (auch) von ihm gewöhnt ist. Der lässig abgehangene und tolle Opener "If I Was Your Vampire" entstand, wie in der ersten Textzeile angedeutet, an Weihnachten um 6 Uhr morgens und war so etwas wie der Startschuss für das Album, wie Manson in einer kurzen Einführung verrät.

Nach vier Songs und einigen überraschenden Prog-Rock-Ausflügen erscheint der Meister ein zweites Mal. Im Schlepptau hat er seine neue Freundin Evan Rachel Wood, die die Nachfolge von Promi-Stripperin Dita Von Teese angetreten hat. An diesem Abend hat sie zwar keine andere Funktion, als sich wortlos der versammelten Journaille zu präsentieren und sich eine rote Sonnenbrille aufzusetzen. Auf Brian Warner, wie Manson im wirklichen Leben heißt, scheint die Dame aber einen bleibenden Eindruck hinterlassen zu haben.

Nach der Trennung von Dita sah sich der selbst ernannte "God Of Fuck" als ausgebranntes Wrack, das noch nicht mal im Stande war, sich umzubringen: "... und das wäre wenigstens ein Ziel in meinem Leben gewesen." Seine neue und blutjunge Flamme habe ihm dann aber geholfen, die Macht der Romantik wieder schätzen zu lernen. Entsprechend wird Wood dann in Mansons Ausführungen, die nicht selten etwas zu auswendig gelernt klingen, regelrecht abgefeiert, während er mit Von Teese lieber auf seiner neuen Platte abrechnet.

In einem dicken Ledersessel arbeitet Manson daran, seine neue Romanze als "Wir Gegen Den Rest Der Welt"-Beziehung zu inszenieren. Vor kurzem beschrieb er die gerade mal 19-Jährige – und damit nach amerikanischen Recht noch nicht einmal volljährige - Wood in den Schlagzeilen noch als sein passendes Gegenstück. An diesem Abend geht er noch weiter und verweist auf legendäre Außenseiter-Filme wie "Bonnie & Clyde" oder "True Romance", die ihn in letzter Zeit beeindruckt haben. Evan Rachel Wood lächelt dabei etwas scheu, während Manson weiter munter aus dem privaten Nähkästchen plaudert und detailreich beschreibt, wie er mit ihrer Hilfe wieder zurück zu sich selbst fand und diese Wiederauferstehung als kreatives Potenzial nutzte.

Auf "Eat Me, Drink Me" kommt diese neu geschöpfte Kreativität aber leider kaum zur Geltung. Das ist mehr als schade, denn Manson beginnt gut und hat mit dem eingängigen "Heart-Shaped Glass (When The Heart Guides The Hand)" eine der besten Singles seines Schaffens in Petto. Doch trotz der extrem rauhen Produktion und einem Überangebot an Gitarren-Soli wirkt sein Industrial-Mainstream-Rock zu abgenutzt.

Vorsichtshalber nimmt Manson noch allen Kritikern, die den Albumtitel in Zusammenhang mit dem deutschen "Kannibalen von Rothenburg" setzen, den Wind aus den Segeln. Er habe nur eine Dokumentation über den Fall gesehen und sei davon natürlich auch sehr beeindruckt gewesen. Einen allzu großen Einfluss auf die Entstehung des Albums habe die Tat aber nicht gehabt, versichert Manson.

Trotz allem Brimborium und Skandalen wird den anwesenden Journalisten an diesem Abend wieder schonungslos vorgeführt, dass Marilyn Manson seit seinem Klassiker "Mechanical Animals" musikalisch kaum mehr etwas gerissen hat. Längst ist er schon mehr für seine Person und seine privaten Exzesse berühmt und respektiert, denn als Musiker.

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Marilyn Manson

Marilyn Manson,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Marilyn Manson,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Marilyn Manson,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Marilyn Manson,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Marilyn Manson,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Marilyn Manson,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Marilyn Manson,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Marilyn Manson,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Marilyn Manson,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Marilyn Manson,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Marilyn Manson,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Marilyn Manson,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Marilyn Manson,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Marilyn Manson,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Marilyn Manson,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Marilyn Manson,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Marilyn Manson,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Marilyn Manson,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Marilyn Manson,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Marilyn Manson,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Marilyn Manson,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Marilyn Manson,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof)

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6 Kommentare

  • Vor 17 Jahren

    Schade. Bin selber Mansonfan, aber der Mann ist sowas von abgehoben. Absolut kein Vergleich mehr mit "Antichrist Superstar" Zeiten. Manson kommt nur noch pseudo-intellektuell rüber. Wirklich schade...

  • Vor 17 Jahren

    Genau so , wie Herr Manson, muss man dass machen. Wenn man kein bock mehr auf die eigene Freundin hat und eine neue haben will. Einfach die alte vergessen...

  • Vor 17 Jahren

    Zitat (« ausgebranntes Wrack, das noch nicht mal im Stande war, sich umzubringen »):

    Irgendeine Ausrede muss sich ja finden lassen, wenn man in einer Situation hängt für die man vorher immer den Suizid gepredigt hat, dann aber feststellt, dass Selbstmord doch irgendwie relativ ungeil ist :D

    Ihr habt aber Recht, die musikalische Entwicklung des Herrn Manson lässt zu wünschen übrig :/

  • Vor 17 Jahren

    'pseudo-intellektuell' triffts ziemlich gut

  • Vor 17 Jahren

    was heißt "vorschnell" urteilen? Was Manson bei dem besagten Film gesagt hat, fand ich auch gut. aber das is auch schon etwas her. er ist sicherlich intelligenter, als manch anderer "star".
    aber in den letzten jahren hat sich manson genau in das verwandelt, was er vorher "bekämpft" hat. es geht nur noch um seine person, die band ist doch total zweitrangig geworden.
    außerdem erinnere ich an seine berühmte autobiografie "long hard road out of hell"- die ich selbst heute noch gerne lese - in der er sich ziemlich abfällig über drogen- und alkoholabhängige menschen äußert. aber was ist er denn heutzutage selber? ein absinth-saufender, koks-verherrlichender mensch, der ohne diese drogen nicht mehr klar kommt! er ist genau das geworden, was er in diesem buch immer als verabscheuungswürdig befunden hat.
    versteht mich nicht falsch, ich höre manson immer noch gern (auch wenn ich an den letzten alben nicht so sehr gefallen gefunden hab), aber als Person hat er sich quasi um 180 grad gedreht.

  • Vor 16 Jahren

    naja ich finde das neue album hat sehr viel des neuen rockabilly was ja jetzt nicht unbedingt gut sein muss.
    ich finde die neue nicht schlecht, sie ist meiner meinung nach sogar um einiges besser als die golden age. dass die musik eines menschen, der sich ziemlich verändert hat nicht die gleiche bleiben kann, ist ja wohl klar. also warum über alte zeiten und alte alben sprechen?

    jeder der selbst einige schicksalsschläge erlebt hat, wobei einer vielleicht noch die liebe ist, der sollte verstehen, dass man sich in diesen sumpf sehr leicht reinsteigern kann und sein leben durchaus in eine richtung lenkt, in der man eigentlich nicht glücklich sein kann und gegen die man sich immer gesträubt hat.
    das ist das verfickte leben. aber ihm einen vorwurf wegen kommerz oder sonst was zu machen finde ich übertrieben. er ist egoistisch und selbst verliebt. befindet sich in der midlife-crisis und die liebe seines lebens hat ihn verlassen. da kommt doch ein blonder teenie, der für ihn den stil und die meinung ändert, doch ganz gelegen. ich denke nicht, dass sie abgesehen vom visuellen und körperlichen etwas zu bieten hat. aber das weiß er.