laut.de-Kritik

Zwischen Richard Strauss, den Beatles und Scooby-Doo.

Review von

"Marathon" klingt nach Entbehrung, Schmerzen und Leiden. Hinter dem Namen des berühmten Langstreckenrennens verbirgt sich in diesem Fall das Soloprojekt von Marillions Tasten-Magier Mark Kelly. Auf dem ersten Soloalbum des Keyboarders hört man Musik, die dem Aufenthalt in einer Wohlfühloase gleicht und dementsprechend wenig Ecken und Kanten aufweist.

Dabei achtet Kelly, anders als etwa seine Kollegen Tony Banks (Genesis) oder Jordan Rudess (Dream Theater) bei deren Solo-Eskapaden, auf einen ausgewogenen Bandsound. Dies begünstigt die Vinyl-freundliche Spielzeit von 43 Minuten. Somit steht er im Gegensatz zum brokatschweren Konzeptbombast der letzten Studio-Veröffentlichung seiner Stammformation "F E A R" und folgt lieber den luftigen Arrangements der Orchesterplatte "With Friends From The Orchestra". Zudem greift er mit seinem Neffen am Bass auch auf ein Mitglied der Kelly-Familie zurück.

Mit dem Beginn des abschließenden Longtracks "2051" umreißt der 59-Jährige die Philosophie des Albums und bekennt sich im einleitenden Voice-Over zu seinen Vorbildern: Die heißen Richard Strauss, The Beatles und Scooby-Doo.

Strauss, Komponist der sinfonischen Dichtung "Also Sprach Zarathustra", dessen majestätisches Anfangsmotiv spätestens mit der Verwendung im Score von "2001 - Odyssee im Weltraum" zu ikonischer Vollendung gekommen ist, liefert die Blaupause für den epischen Gestus der Musik. Die Fab Four hingegen stehen für Experimente und Genrevielfalt im poppigen Format. Scooby-Doo steht für die kindliche Neugier und das Augenzwinkern, die jedem Musiker innewohnen sollten.

Kernstücke der Platte sind die beiden mehrteiligen Epen "Amelia" und "2051". Das einleitende Sounddesign mit szenischer Ausgestaltung erinnert an Filmmusik und bildet die Basis der ersten Teile. Gerade "2051" hat etwas von einer Liebeserklärung an eine vergangene Zeit, gekoppelt an die Hoffnung, dass sich wieder ein vergleichbares Hochgefühl einstellt.

Die mehrdeutige Textzeile "The end of a race" im zweiten Teil "Arrival" dient als Startrampe für einen prägnanten Refrain, der passend zum Artrock die großen Fragen nach 'Wer bin ich, wo komme ich her, wo gehe ich hin' referriert. In "Puppets" greift Marillion-Boss Steve Rothery beherzt in die Saiten. Neben den unprätentiösen, aber immens gefühlvollen Soli besticht dieser Track durch eine für diese Verhältnisse fast schon krachige Rhythmus-Arbeit, in der mehr gehobelt als geschwelgt wird.

"Marathon" ist für Prog-Verhältnisse eine kurzweilige Angelegenheit geworden. Bandchef Mark Kelly lenkt die Spots dabei auf seine gut harmonierende Band. Die Songs klingen wohl austariert. Und trotz der Melodien-lastigen Anlage der Songs gibt es genügend Details, um in den Flow der Platte mehrmals einzutauchen.

Trackliste

  1. 1. Amelia (I) Shoreline
  2. 2. Amelia (II) Whistling At The Sea
  3. 3. Amelia (III) 13 Bones
  4. 4. When I Fell
  5. 5. This Time
  6. 6. Puppets
  7. 7. Twenty Fifty One (I) Search
  8. 8. Twenty Fifty One (II) Arrival
  9. 9. Twenty Fifty One (III) Trail Of Tears
  10. 10. Twenty Fifty One (IIII) Brief History

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