laut.de-Kritik

Ein bisschen Eier hat Lenny auch noch.

Review von

Liebe, Liebe, Liebe! Lenny Kravitz war immer ein Mann der Liebe. Körperlich ohnehin, das wissen wir alle, aber auch textlich fiel der musikalische Alleskönner von "Let Love Rule" (1989) bis It Is Time For A Love Revolution (2008) nie mit politisch brisanten Themen auf. Bis er eine Doku über Barack Obama und seine rassistischen Gegner sah. Als Antwort auf deren beschränktes Denken entsprang seiner niemals versiegenden Kreativitätsquelle "Black And White America".

Der Politikaspekt wird einem gleich im Opener in aller Direktheit um die Ohren gehauen. "Martin Luther King" sind die ersten Worte, die Herr Kravitz uns mit seiner prägnanten Stimme einflüstert. "There is no division / Don't you understand." Er erzählt uns von seinem weißen Vater, der 1963 eine schwarze Frau heiratet, dazu sprüht der Funk-Esprit. Kravitz ist unterwegs zu seinen Bahamas-Wurzeln.

Zwei Jahre lang lebte er in der Heimat der Mutter und sog Einflüsse in sich auf. Am deutlichsten fördert dies "Boongie Drop" zutage. Den Beat steuert sein bahamischer Freund DJ Military bei, dazu haut Jay-Z ein Paar Rhymes raus. Boongie ist natürlich das einheimische Wort für die weibliche Kiste. "Cornrows, weaves and afros / The divas from Nassau are out to show tonight." Eine Ode an schwarze Frauen, die eine Menge heißen Drive hat. Sein Testosteron hat der gute Mann also nicht verloren.

Auch "Superlove", "Liquid Jesus" oder "Looking Back On Love" klingen so sehr nach Schlafzimmer, wie man es von Kravitz kennt. Aber das kann er eben, das mit den Schlafzimmersounds. Und erst "Come On Get It": "You know I'm drunk for your love / and you know that I need it." Mit einem halb gerotzten, halb geschrieenen "Yeah" fliegen seine Finger über die Gitarrensaiten und schon ist er wieder ein bisschen der Alte. Auch mit 47.

Aber er kann auch kuschelig. "The Faith Of A Child" bietet ungewöhnlich ehrliche und direkte Aussagen über Kriege und Leid auf der Welt. Wenn Lenny Kravitz singt, unterstützt von kräftigem Gospel, glauben wir an seine optimistischen Appelle. "So why don't we put our minds together / and meditate on peace / With the faith of a child." Auch wenn Kravitz in den Lyrics wirklich Grips beweist, klanglich lässt ein Song wie "Dreams" vermuten, dass die Piano-Momente nicht seine besten sind.

So ein richtiger Rocker, der einem die Gesichtshaut hinter die Ohren tackert, wie einst "Are You Gonna Go My Way", fehlt auf "Black And White America". Dafür verbrät er zu viele Synthies und Handclaps zu Pop-Momenten. Tracks wie "In The Black" gehen im Graben der Radiotauglichkeit unter, auch der Vorabsingle "Stand" fehlen nur noch die Doo-Woops, um das 60s-Pop-Revival perfekt zu machen. Eier stehen Lenny Kravitz einfach besser, auch wenn der Retropop wahrlich nicht schlecht klingt.

Über Qualitätsfragen muss man bei seinen Werken eigentlich ohnehin nicht sprechen. Schlechtes Handwerk gibt es einfach nicht in Kravitzens Welt. "Lyrics and Music by Lenny Kravitz", versteht sich von selbst. Mit ihm sympathisiert man oder eben nicht, aber 'schlechte Musik' im technischen Sinne ist vermutlich das Einzige, was er nicht kann. Auch auf "Black And White America" explodiert der Funk auf hohem Niveau, seine lässigen Rocksounds gucken wenigstens mal um die Ecke und ein bisschen Eier hat Lenny Kravitz auch noch.

Trackliste

  1. 1. Black And White America
  2. 2. Come On Get It
  3. 3. In The Black
  4. 4. Liquid Jesus
  5. 5. Rock Star City Life
  6. 6. Boongie Drop (feat. DJ Military & Jay-Z)
  7. 7. Stand
  8. 8. Superlove
  9. 9. Everything
  10. 10. I Can't Be Without You
  11. 11. Looking Back On Love
  12. 12. Life Ain't Ever Been Better Than It Is Now
  13. 13. The Faith Of A Child
  14. 14. Sunflower (feat. Drake)
  15. 15. Dream
  16. 16. Push

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LAUT.DE-PORTRÄT Lenny Kravitz

Künstlerisches Talent muss man wohl irgendwie in die Wiege gelegt bekommen, wenn der Vater (Sy Kravitz) ein Fernsehproduzent und die Mutter (Roxie Roker) …

12 Kommentare

  • Vor 11 Jahren

    Lenny Kravitz CD Rezension Black an White America

    Nach fast vier Jahren Pause veröffentlich Lenny Kravitz am 19. August 2011 sein neuntes Studioalbum Album ?Black an White America?. Die erste Single Auskopplung lässt erahnen dass es wieder rockiger wird. Kravitz der das Image eines Womanizer, aber auch eines sensiblen Mannes besitzt und der hin und wieder zum Tier werden kann. Jedoch weiß man nicht viel über diesen Kerl, außer dass er mit der Schauspielerin Lisa Bonet verheiratet war und ein Kind mit ihr besitzt. Nun wieder zu seinem neuen Album. Dieses wurde in Paris, seiner Lieblingsstadt und auf den Bahamas, in seiner Heimatstadt aufgenommen. Er produzierte fast das ganze Album wieder im Alleingang, bis auf den Song ?Bongie Drop? der von Jay-Z stammt und ?Sunflower? welcher von Drake co-getextet wurde. Einen Großteil der Instrumente spielte er wieder selbst ein. Das Album ist geprägt von der 60er und 70er Jahre Rockmusik. Sehr rockig aber auch gefühlvoll, wie man es von ihm gewohnt ist.. Seine Texte beziehen sich teilweise auf sein persönliches Umfeld und auch Rassismus spielt ein wichtiges Thema. Ein richtiger Aufhänger wie ?Fly Away? fehlen in diesem Album jedoch bleiben der Titelsong ?Black an White America? oder die Auskopplung ?Stand? im Kopf, bei der das Musikvideo auch amüsant ist. Eben der typische Radiohit. Der Song ?Rock Star City Life? lässt wieder an alte Rocknummern von ihn erinnern.
    Kurz gesagt das neue Album beinhaltet Rock, Funk, Soul und es groovt. Alles ist dabei von Rocknummern wie ?Come on get it? bis typische Lenny Balladen ?I can?t be without you?. Wie es der Name eben auch sagt Black and White. Somit gehört er auch mit 45 Jahren noch nicht zum alten Eisen, dass er das Rad nicht neu erfindet, nach 15 Jahren im Musikbusiness, ist uns alle klar, dennoch lieferte er ein klasse Album ab.

  • Vor 11 Jahren

    Lenny Kravitz CD Rezension Black an White America

    Nach fast vier Jahren Pause veröffentlich Lenny Kravitz am 19. August 2011 sein neuntes Studioalbum Album Black an White America. Die erste Single Auskopplung lässt erahnen dass es wieder rockiger wird. Kravitz der das Image eines Womanizer, aber auch eines sensiblen Mannes besitzt und der hin und wieder zum Tier werden kann. Jedoch weiß man nicht viel über diesen Kerl, außer dass er mit der Schauspielerin Lisa Bonet verheiratet war und ein Kind mit ihr besitzt. Nun wieder zu seinem neuen Album. Dieses wurde in Paris, seiner Lieblingsstadt und auf den Bahamas, in seiner Heimatstadt aufgenommen. Er produzierte fast das ganze Album wieder im Alleingang, bis auf den Song Bongie Drop der von Jay-Z stammt und Sunflower welcher von Drake co-getextet wurde. Einen Großteil der Instrumente spielte er wieder selbst ein. Das Album ist geprägt von der 60er und 70er Jahre Rockmusik. Sehr rockig aber auch gefühlvoll, wie man es von ihm gewohnt ist.. Seine Texte beziehen sich teilweise auf sein persönliches Umfeld und auch Rassismus spielt ein wichtiges Thema. Ein richtiger Aufhänger wie Fly Away fehlen in diesem Album jedoch bleiben der Titelsong Black an White America oder die Auskopplung Stand im Kopf, bei der das Musikvideo auch amüsant ist. Eben der typische Radiohit. Der Song Rock Star City Life lässt wieder an alte Rocknummern von ihn erinnern.
    Kurz gesagt das neue Album beinhaltet Rock, Funk, Soul und es groovt. Alles ist dabei von Rocknummern wie Come on get it bis typische Lenny Balladen I cant be without you. Wie es der Name eben auch sagt Black and White. Somit gehört er auch mit 45 Jahren noch nicht zum alten Eisen, dass er das Rad nicht neu erfindet, nach 15 Jahren im Musikbusiness, ist uns alle klar, dennoch lieferte er ein klasse Album ab.

  • Vor 5 Jahren

    na zumindest passt der Gesichtsausdruck zu der Kriegsruhne auf der Stirn...