laut.de-Kritik

Der Musterschüler hat den ewigen Sommer-Vibe.

Review von

Psychedelisch, Funk und Dance-Sounds: Chaz Bear kompiliert auf "Mahal" wieder sämtliche Jahrzehnte der Popmusik und mag auch bei Studio-Album Nummer Sieben keine Entscheidung treffen. Diese wilden Sprünge bringen nicht nur Kritikerlob, wie man an den letzten Bewertungen zu dem umtriebigen Künstler aus Los Angeles sehen. Gehässige Stimmen meinen sogar, dass Toro Y Moi sehr viel, aber auch nichts davon richtig gut kann.

Immerhin steht in seiner Vita, dass er das Microgenre Chillwave mitbegründete, aber schon seit dem Debüt geht die Reise für Toro Y Moi stetig weiter. An einem Ort bleiben ist für ihn nicht drin, und da keine Konzerte mehr stattfanden, steigt er eben in seinen Hippie-Jeep - übrigens tatsächlich auf ebay ersteigert - und bringt mal wieder dopige Sounds frisch verpackt an die Haustür.

Doch nicht nur das lustige aussehende Gefährt wirkt wie ein Rückfall in die Psych-Rock-Ära der Sechziger. "The Medium" könnte auch aus der Big Beat-Schmiede von den Chemical Brothers stammen, die ebenfalls gerne in hippiesken Sounds stöbern. So klingt San Francisco auf Acid. Komplett bedröhnte Druffi-Musik kann Chaz Bear nun mal und geleitet den Hörer langsam in den tiefenentspannten Halbschlaf. Die Disco-Synthie-Sounds von dem Vorgänger "Outer Peace" bleiben weg, "Mahal" klingt dadurch wieder organischer. Unaufdringlich auch, in seiner besten und schlechtesten Art. Alles ist so luftig, dass es kaum für längere Zeit greifbar und im Gedächtnis bleibt.

In einem Intro wird der "Postman" gegrüßt. Eine flüchtige Begegnung, ein kurzer Smalltalk, bis morgen. Und wieder fallen einem so viel Referenzen aus der Popmusik ein, in diesem Fall die Prince-Verneigung von Beck. Der mischte ohne jegliche Angst alle Stile der Popmusik zusammen, und irgendwie befindet sich deren Zustand seitdem auch seit mindestens zehn Jahren einem ewigen Retro-Zeitschleifen-Loop. Es gibt nur noch Neuinterpretationen und im besten Falle perfekte Kopien.

Der Musterschüler Chaz Bear holt in jeder Disziplin die Höchstnoten ein. Alles geht so leicht von der Hand. Funk, Soul, Bossa Nova ... wahrscheinlich könnte er auf Zuruf auch Death Metal spielen. Eigenständigkeit sucht man lange in diesem Zitate-Reigen. Das Pop-Universum sendet Signale, die Toro y Moi auffängt und mit einer kaum veränderten Frequenz weiter leitet, bis man kaum noch einen Unterschied zwischen Künstler und Kurator feststellen kann.

Und irgendwann wird es auch tatsächlich egal. Der Vibe schlägt Originalität. Spätestens bei der Hälfte von "Mahal" überschreitet der Song "Clarity" die Grenze zwischen Songstruktur und einem berauschenden Dauertrip. Einfach dem Klang der Querflöte folgen und davon tragen lassen. Klischee? Ja, wie alles auf "Mahal", aber das wäre ein Joint am Pazifik auch und entfaltet trotzdem seine Wirkung. Am Ende seiner Reise sieht man nur glückliche Leute um den Jeep tanzen, während Toro y Moi seine 1001 Platten bis tief in die Nacht mixt. Es wird nie aufhören, so lange er den ewigen Sommer-Vibe hat.

Trackliste

  1. 1. "The Medium" (featuring Unknown Mortal Orchestra)
  2. 2. Goes by So Fast
  3. 3. Magazine (featuring Salami Rose Joe Louis)
  4. 4. Postman
  5. 5. The Loop
  6. 6. Last Year
  7. 7. Mississippi
  8. 8. Clarity (featuring Sofie Royer)
  9. 9. Foreplay
  10. 10. Déjà Vu
  11. 11. Way Too Hot
  12. 12. Millennium" (featuring The Mattson 2)
  13. 13. Days in Love

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Toro y Moi

Chaz Bundicks Markenzeichen ist seine Brille. Aus den kreisrunden Gläsern blickt schüchtern ein Paar brauner Augen, das jedoch gleichzeitig von smarter …

Noch keine Kommentare