laut.de-Kritik

Wenn Rocker über Synkopen stolpern ...

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Oho, das geht aber sehr gemächlich los. "I'm Bored To Tears" jammert Brendan Benson ins Mikro, begleitet von Gitarrenriffs, die tatsächlich zu Tränen langweilen. Zwischendurch legen Benson, White und Co. zwar einen Zacken zu, White kreischt, Keeler und Lawrence legen ein Break nach dem anderen hin - dennoch bleibt der titelgebende Opener letztlich konventioneller Rock.

Das folgende "Salute Your Solution" klingt wie White Stripes mit Bass, und so langsam beginnt man, sich zu fragen, ob "Consoler Of The Lonely" die alte Regel vom besonders schwierigen zweiten Album bestätigt.

The Raconteurs räubern zwar wieder in der Retrokiste. Die Harmonien von "You Don't Understand Me" etwa erinnern deutlich an die Beatles, bei anderen Titeln denkt man eher an Led Zeppelin ("Top Yourself") oder sogar an Queen ("Many Shades Of Black"). Auf den zwingenden Song, den Hammertrack muss man diesmal aber lange warten.

2005 war mit "Steady As She Goes" zuerst der Hit da, dann entdeckte man die Band, schließlich kam das Album - Monate später. Mit ihrer neuen Scheibe überfallen uns The Raconteurs dagegen regelrecht: keine Single, keine Radio-Promo, keine Vorab-Versionen für Journalisten. Vielleicht haben sie da auch aus der Not eine Tugend gemacht, weil sich kein Song als Single aufdrängt hat.

"The Switch And The Spur" ist der erste Titel, der mit dramatischer Klavier-Eröffnung, weinerlichem Bläsersatz und catchy Hookline so richtig ins Ohr flutscht. Das hat etwas vom Soundtrack zu einem Spaghetti-Western, bis Jack White mit seiner Gitarre das Thema der Strophe übernimmt und das Tempo anzieht.

"Top Yourself" streift mit Akustischer und Banjo in den Country, "Many Shades Of Black" kulminiert in einem pompösen Chorus. "Five On The Five" eröffnet punkig und schließt mit fetten Grunge-Gitarren, "Attention" beginnt konventionell, um sich gegen Ende im Irrwald der Synkopen zu verlaufen.

An dieser wie an anderen Stellen kommt ein intensives Live-Feeling rüber, man hat am Ende von "Attention" das Gefühl, als würden die vier erfahrenen Rocker beinahe über die Rhythmuswechsel stolpern. Überhaupt leben viele der Stücke weniger von der gelungenen Komposition, von genialen melodischen Einfällen oder mitreißenden Arrangements, sondern von der Spielfreude, die in jedem Augenblick spürbar ist und sich auch in vielen kleinen Zwischenspielen bemerkbar macht.

"Carolina Drama" schließlich vereint diese Spielfreude und schon bekannte Trademarks wie den Kontrast zwischen Whites quitschiger Stimme und den gut geerdeten Melodien und Riffs zu einem gelungenen und versöhnlichen Schlusstrack. Und so hat man am Ende zwar keinen Übertrack gehört und keine Scheibe aus einem Guss, dafür aber ein Album mit vielen Facetten, das große Lust auf Live-Auftritte der Raconteurs weckt.

Trackliste

  1. 1. Consoler Of The Lonely
  2. 2. Salute Your Solution
  3. 3. You Don'T Understand Me
  4. 4. Old Enough
  5. 5. The Switch And The Spur
  6. 6. Hold Up
  7. 7. Top Yourself
  8. 8. Many Shades Of Black
  9. 9. Five On The Five
  10. 10. Attention
  11. 11. Pull This Blanket Off
  12. 12. Rich Kid Blues
  13. 13. These Stones Will Shout
  14. 14. Carolina Drama

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