laut.de-Kritik

14 Oden an die Ödnis und den Hoden.

Review von

"Greedy" als Single voraus zu schicken, war eine kluge Entscheidung. Dem einzigen Track mit Drive und trottet Tate McRaes zweites Album "Think Later" recht verloren hinterher. An "Run For The Hills" weckt allenfalls der Kontrast aus pumpenden Bässen und Accelerando-Gesang in hoher Tonlage Interesse, der "f***ing me up"-Text erzählt genau genommen gar nichts. Und die generischen Beats hören sich so burn-outig fantasielos an wie Drakes jüngste Werke.

Hat mich beim Erstling noch begeistert, wie Tate eins zu eins aus dem Leben gegriffene Geschichten 'normaler' Leute vorträgt, frage ich mich jetzt: Welche 20-Jährige sagt oder denkt heute Sätze wie "I get horny, to get wanted" (aus "Grave")? Die Heldinnen der Songs hängen als Marionettenpüppchen um Jungs herum, und die bestimmen, wo's lang geht. Es geht um Frisuren, Kosmetik, Küsse, ums Hüpfen in die Kiste und um jede Menge verletzter Gefühle. Und vor allem darum, ob er sie bitte flach legt und wieso er das doch nicht tut.

Ebenfalls schnell zusammen gefasst ist leider auch die Musik: Viel pseudo-teenie-artiger Bedroom-Pop. Dazu kombiniert Tate in der Stimmlage einer gefühlt 13-Jährigen immer wieder cheesy Arrangements aus säuselnden Synth-Flächen und zarten Akustikgitarren, die man gerade noch so wahrnimmt. Paradebeispiel: "We're Not Alike". Eine Dance-Künstlerin als gewollt folkie-ätherisch abzumischen, liegt seit Taylor Swift eh im Trend, allerdings kommt die halt ursprünglich von der Gitarre und der handgemachten Mucke. Für das, was Tate in gequält hoher Tonlage probiert ("Messier", "Think Later") gibt es dagegen genügend Leute, die das besser beherrschen, etwa Gracie Abrams.

"We're Not Alike" sucht die Avril Lavigne-Skatergirl-Attitüde, versandet aber im Biederen. Auf dem Tiefpunkt "Stay Done" verrät Tate: "When I take off my make-up / go to bed / then I wake up with you", dazu kriecht ein seichtes Arrangement aus der Werkzeugkiste, mit der Justin Bieber-Alben runter produziert werden. Hier büßt McRae ihre große Stärke ein, dass sie eigentlich gut singt. Stattdessen demonstriert sie eindrucksvoll, dass sie dieses Talent zugunsten des Mumble-Crumble-Gemaunzes aufgibt, das man in jeder beliebigen Fresh Friday-Liste auf Spotify findet.

Intellektuell passiert nichts, emotional auch nicht. Manche Harmonien wirken nur klebrig süß, aber weder eingängig noch harmonisch, wie im hilflos schleichenden "Plastic Palm Trees". Einzig das clubtaugliche "Guilty Conscience" bietet trotz Bass-Schwäche eine gewisse Stringenz, ist aber mehr rhythmisch als melodisch catchy. Nachdem wir dieses Jahr gelernt haben, dass sogar Carly Rae Jepsen mit flächigen Tagebuch-Sounds und beiläufigen Bubble-Beats bei Kritik und Publikum reüssiert, müssen sich Tate McRae und ihr Team nicht weiter anstrengen.

Trackliste

  1. 1. Cut My Hair
  2. 2. Greedy
  3. 3. Run For The Hills
  4. 4. Hurt My Feelings
  5. 5. Stay Done
  6. 6. Grave
  7. 7. Exes
  8. 8. We're Not Alike
  9. 9. Calgary
  10. 10. Messier
  11. 11. Think Later
  12. 12. Guilty Conscience
  13. 13. Want That Too
  14. 14. Plastic Palm Trees

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2 Kommentare mit 3 Antworten

  • Vor 4 Monaten

    Ungewohnt niedrige Bewertung für einen female singer. Normalerweise immer AOTY

    • Vor 4 Monaten

      Du hattest neulich angedeutet, in einer schwierigen Phase zu stecken (oder jedenfalls irgendwie schwer abgefuckt von was zu sein, finde es gerade leider nicht mehr). Kann man Dir vielleicht helfen? Zum Quatschen finden sich immer Kanäle, muss ja nicht hier vor versammelter Mannschaft sein :)

      Ich mag dich und deine Schreibe nämlich eigentlich, aber ganz ehrlich - diese "Gags" so wie hier wirken einfach nur erbärmlich und ich kann dir auch unabgesprochen Brief und Siegel geben, dass auch sonst niemand auf neuen Output vom verbitterten Frauenhasser-Garret gewartet hat.

    • Vor 4 Monaten

      schwer abgefuckt passt hehe. hm dir zu liebe werde ich solche postings in zukunft unterlassen und mich sinnvollerem widmen

    • Vor 4 Monaten

      Nicki Minaj -> 1 von 5
      Emeli Sandé -> 2 von 5
      Zoe Wees -> 2 von 5
      Taylor Swift -> 3 von 5 (allerdings schlechtere 3)
      Agneta Faltskög -> 1 von 5
      Nura -> 2 von 5
      Anastacia -> 1 von 5
      Kylie Minogue -> 2 von 5
      Mia Julia -> 2 von 5
      Suzi Quatro -> 2 von 5
      Daniela Alfinito -> 1 von 5
      Rita Ora -> 1 von 5
      Beatrice Egli -> 2 von 5

      Und das sind nur die vom letzten halben Jahr inkl. feministischer Ikonen beziehungsweise die, die sich dafür halten und von anderen dafür gehalten werden.