laut.de-Kritik

"Tell the cook the fish was shit." Sags ihm ruhig tausend Mal.

Review von

"Look, haters wanna see me fall." Darauf, dass Scooter eines schönen Tages vom Kirmestechno-Thron stürzen, spekulieren Verächter der Formation seit "Hyper Hyper". Sie warten vergebens. H. P. Baxxter und Konsorten drehen ihnen vom selbstgezimmerten Podest herab eine lange Nase - und machen komplett unbeeindruckt weiter.

"I wish I was a raver with neon colored hair." Ja, hin und wieder wünsche ich mir das auch: eine Rückkehr in eine Zeit, da "Techno, House und Acid sound" noch wenigstens einen Funken Revolutionäres in sich trugen. Diese Tage sind, solange Scooter der "Army Of Hardcore" die Marschrichtung vorgeben, zweifellos gezählt. "We're breaking the law." Von wegen! Von Umbruch keine Spur.

Baxxter & Co. wären auch schön blöd, an einer bestens geölten, ununterbrochen auf Hochtouren laufenden Maschinerie auch nur das kleinste Rädchen auszutauschen. Sie hüten sich vielmehr davor. Entsprechend kommt das alberne "Overdose (Frazy)", der durchgeknallte Bastard eines Arcade-Automaten und einer Spieldose mit der Titelmelodie der "Klamottenkiste", schon einer Revolte gleich.

Abgesehen von diesem kleinen Ausbruch löst nahezu jeder Track getreu der bewährten Formel Hit-Hookline + Baxxter + Megafon + Bummsbeat sein Ticket in die deutschen Dance-Charts. "Tell the cook the fish was shit." Sags ihm ruhig tausend Mal. Er wird dennoch nicht von seinem erprobten Rezept abweichen.

Geradezu gespenstisch wabert "Full Moon" heran, eine geisterhafte Frauenstimme erhebt sich über die Szenerie und ist schon verklungen, ehe man sie richtig zu greifen bekommt. Ein Intro, wie geschaffen, um wahrhaft infernalischen Plastiksynthies das Höllentor aufzustoßen.

Ob es wohl das Universum auseinander reißen würde, bediente man sich einmal - nur ein einziges Mal! - eines weniger vorgestrigen Soundbilds? Wir werden es - jedenfalls von Scooter-Seite aus - wohl nie erfahren. Immerhin hagelt es keine falschen Versprechungen der Sorte next level shit. Scooter bleiben statt dessen ganz unverblümt ihrem alten Scheiß treu.

"We will rock the house like it's '94." Des einen Heilsversprechen darf der nächste gerne als Drohung auffassen. Es zu erwähnen, erscheint fast schon überflüssig: "Music For A Big Night Out" klingt, wie Scooter seit jeher klingen: subtil wie eine Abrissbirne, ausdauernd wie ein Trainingslager voller Triathleten.

Schnurgerade Beats prügeln das Volk auf die Tanzflächen, "war" reimt auf "floor", "before", "hardcore" - und vor allem auf "we want more". Die Machart des durchschnittlichen Scooter-Tracks, deren üble Funktionalität jedes Mal aufs Neue verblüfft, zielt überdeutlich aufs vegetative Nervensystem ab. Wer den absolut unnötigen Umweg übers Hirn zulässt: selbst schuld.

"Come with me, I'm still insane in the membrane", appelliert der Hohepriester der Großraumdiscos an seine Gemeinde und zitiert dabei aus dem Handgelenk Cypress Hill, die beim Publikum ganz ähnliche Flummireaktionen auslösen. "Come and join the crew. We're living in another world." In einer Welt, in der Beverly Craven und The KLF, Becks "Loser" und und RamJams "Black Betty" so unterschieds- wie straflos im Sample-Wolf landen.

Willkommen in einer Welt, in der das Leben - "life's so fast like you are on the run" - dem Zeitgeist genauso davonrennt wie musikalischen Entwicklungen und technischen Errungenschaften. Im gestreckten Galopp, ja. Aber auf längst ausgetretenen Pfaden.

Trotzdem: Wenn nach knapp sieben instrumentalen Minuten zum Schluss auch noch der "Last Hippie Standing" in der Chill-Out-Zone ermmattet ins Sofa gesunken ist, hat Baxxter doch wieder Recht behalten: "We gonna rock the show. We gonna rock the house. We gonna rock the fuckin' venue." Es ist vollbracht.

Trackliste

  1. 1. Full Moon
  2. 2. I'm A Raver, Baby
  3. 3. Army Of Hardcore
  4. 4. 4 AM
  5. 5. No Way To Hide
  6. 6. What Time Is Love?
  7. 7. Overdose (Frazy)
  8. 8. Talk About Your Life
  9. 9. I Wish I Was
  10. 10. Black Betty
  11. 11. Too Much Silence
  12. 12. Last Hippie Standing

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32 Kommentare

  • Vor 11 Jahren

    Jo in der Tat ist Musik dann doch ein viel zu positver Begriff für diese Umweltverschmutzung mit Verblödungsmultiplikator. Nach den ersten Takten muss sich jede Gehirnzelle abschalten und das Gehör einfach auf Durchzug. Nett ist der Text ja von Dani aber eine plausible Erklärung für solch einen sinnlosen Support fehlt völlig. Dann kann meiner Meinung auch der Herr Bohlen hier seine Grütze verbreiten und uns prädigen was Kapitalismus fürn wunderbarer Sound ist. Wenn Scooter jetzt also cool ist und Qualitätsmusik produziert dann ist es doch ganz gut das uns ganze Universen trennen...wer ist hier nicht normal?!

  • Vor 11 Jahren

    Spongebob Schwammpkopf Release wurde auch mit drei Punkten bewertet - also sind drei Punkte keine Zeichen von Qualität.

  • Vor 11 Jahren

    das sympathischste an Scooter ist, die finden ihre Mucke selbst kacke und wissen, dass Sie immer wieder das selbe machen. Aber weil es Idioten gibt, die sich den Schrott weiterhin kaufen, machen sie einfach weiter damit.