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5 Fragen an Albrecht Schrader

Was war dein bestes Konzert als Zuschauer?

Albrecht Schrader:

  • Janelle Monae im Gloria, Köln, 2011. Ich war zu der Zeit Riesenfan ihres Albums "The ArchAndroid" und wahnsinnig aufgeregt, sie überhaupt sehen zu können. Ihre Band war natürlich der Wahnsinn. Der ganze Raum gefüllt mit Style. Ich neige nicht dazu, bei Konzerten zu tanzen - hier konnte ich nicht anders. Mit runterhängender Kinnlade durchgetanzt.
  • Nick Cave & The Bad Seeds in der Philippshalle, Düsseldorf, 2018. Ich hatte es endlich mal geschafft, Nick Cave zu sehen. Eigentlich musste ich schon nach fünf Songs sehr doll auf die Toilette. Aber ich bin einfach nicht weggekommen. Also habe ich zwei Stunden mit drückender Blase gestaunt, geschluchzt, gelacht und geschaudert. Ohne genau sagen zu können, welchen Sinn und Zweck dieses höchst zeremonielle Konzert hatte: es war eine Messe.

Was war dein schlimmstes Konzert als Künstler?

Da gab es natürlich diverse. Aber beim drüber nachdenken fällt es mir schwer, eines davon zu isolieren, weil selbst die schlimmsten Erfahrungen auf der Bühne im Nachhinein irgendwie schön werden. Die Macht der Verklärung. Hier ein paar unsortierte Sachen, die passiert sind:

  • betrunkene Festivalbesucher (hier ganz bewusst ohne *innen) kommen mit Bier auf die Bühne, kapern das Mikro und fallen beinah ins Equipment
  • Journalist stellt sich bei sehr schlecht besuchtem Konzert mit hell strahlendem Tablet ganz nach vorne und schreibt während der Show seine Rezension
  • sehr schlechter Monitorsound (Selbstverschulden)
  • katastrophaler Monitorsound (Fremdverschulden)
  • besoffene Studierende stehen zu dritt ganz vorne und brüllen sich redend an. Man weist sie freundlich drauf hin, daraufhin solidarisieren sich andere Besoffene und fangen an, ironisch-provokant sehr laut an leisen Stellen zu klatschen. Am Ende des Konzerts versperren sie einem den Weg von der Bühne. Besoffene Männer: einfach die besten Konzertgänger.

Was sollte auf einem Cateringrider nie fehlen?

Rotwein.

Ist Musik beim Sex überbewertet und warum?

Das kommt sehr darauf an, was für eine Art von Sex man haben möchte. Wenn Du gerne Wagner dazu auflegst, bin ich etwas irritiert. Wenn es die Beach Boys oder Sade sind - i feel you! Da ein gewisser Teil meines Gehirns - egal in welcher Situation ich bin - immer auf die Musik hört, die irgendwo läuft, ich also gegen meinen Willen Abzüge in der Konzentration kassiere, habe ich vermutlich besseren Sex, wenn keine Musik läuft. Insofern ja: für mich persönlich ist das überbewertet.

Woran oder was wird man in 50 Jahren beim Blick auf die musikalischen 20er Jahre denken?

Das Jahrzehnt, in dem die Dominanz des Rocks endgültig Geschichte wurde. Wenn er nochmal aufblitzte, dann entweder in Form kümmerlicher Ironisierung, oder aber in einer neuen Variante: der entrockte Rock. Rockmusik, die kein Rock mehr ist. Die müden, alten Gesten und Posen verschwanden. Die Gitarre blieb aber. Ihr tatsächlich zeitloser Sound wurde in alle möglichen spannenden, technologisch und ästhetisch innovativen Musikrichtungen integriert und neu kontextualisiert. Vierzehnjährige Kids entdeckten erst die Strokes und dann die Stones. Haltung, Sound und Musik amüsierten sie. Sie mochten einige Songs und sampelten sie auf eine Art und Weise, die wir damals 30- bis 40-Jährigen überhaupt nicht verstanden. Es war wunderbar!

Albrecht Schrader war drei Jahre lang in Jan Böhmermanns Sendung "Neo Magazin Royale" Leiter des Rundfunktanzorchesters Ehrenfeld. Er komponiert für Theater, Fernsehen und veröffentlichte gerade sein neues Album "Diese Eine Stelle".

"Auf dem Golfplatz" läuft auch im Tagesprogramm unseres Redaktionsradios laut.fm/eins.

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