Schuh-Plattler: Morrissey rankt Smiths-Alben

Morrissey demontiert sich - schon wieder

Aber kommen wir nochmal zurück zu Morrissey. Vermutlich würde er es ja selbst als Majestätsbeleidigung betrachten, sollte sich irgendjemand freiwillig alle Smiths-Alben am Stück in sieben Stunden anhören, hat er selbst seit deren Trennung doch weitaus gehaltvollere Musik veröffentlicht, und überhaupt: Nie zuvor war er beliebter. Eine Tatsache, die beispielsweise dadurch belegt wird, dass er am ersten Abend seiner Las Vegas-Residency den Merchandise-Rekord des Caesar's Palace gebrochen hat. Weil nach Ansicht seiner Exzellenz aber auch 2021 noch viel zu selten über derlei Tatsachen berichtet wird, dafür aber über völlig nachrangige Dinge wie seine Unterstützung für rechtsgerichtete Parteien oder eben Uralt-Themen wie The Smiths, bezieht er widerwillig zu allem und jedem Stellung. Also auch zu der vor zwei Wochen bekannt gewordenen Meldung, Rick Astley würde mit der UK-Band Blossoms zwei Smiths-Tribute-Konzerte spielen.

Während die Story vor allem deshalb publik wurde, weil Smiths-Gitarrist Johnny Marr einen Tweet dazu absetzte, muss es bei Morrissey schon ein eigener Artikel auf seiner Homepage sein, mehr noch: Ein "opinion piece", verfasst von einer Fake News-, pardon, einer geschätzten journalistischen Begabung namens Fiona Dodwell, deren Berufung mutmaßlich darin besteht, nie für den NME und den Guardian geschrieben zu haben.

Abgesehen davon, dass Formulierungen wie "ungeschickte Mainstream-Medien" Dodwell von vornherein diskreditieren, ist der ganze Aufsatz eine einzige Peinlichkeit - für Morrissey. Er beklagt sich ernsthaft über Headlines, in denen Rick Astley dem Original vorgezogen würde, sowie angeblich geschichtsklitternde Behauptungen von "anonymen Nutzern", wonach die Smiths schon immer viel mehr gewesen seien als nur Morrissey. Deshalb sei es "vielleicht an der Zeit, den enormen Einfluss der Musiklegende auf die Welt der Popmusik" noch einmal nachzuzeichnen. Ich erspare euch den Rest, denn es tut einfach nur ganz arg bitterlich weh, wie sich hier eine Musiklegende, die die Bedeutung von Social Media oder dem kompletten Internet nie auch nur im Ansatz begriffen hat, selbst demontiert.