Rassistische Gewalt hat in der Öffentlichkeit trotz regelmäßiger Übergriffe in letzter Zeit an publizistischer Relevanz verloren. In einem Interview spricht Samy Deluxe über alltägliche Fremdenfeindlichkeit und seine daraus gezogenen Kosequenzen.

Konstanz (mma) - Erinnert sich noch jemand an den so genannten "Aufstand der Anständigen"? Bundeskanzler Gerhard Schröder rüttelte im Jahr 2000 nach einem Nazi-Anschlag auf eine Düsseldorfer Synagoge und anderen rechten Gewalttaten mit diesen Worten die Bevölkerung auf: "Schaut bei Antisemitismus und Rassismus nicht länger weg!" Die Reaktion folgte prompt: Fast im Akkord entstanden damals Bündnisse gegen Rechts und Demonstrationen. So mancher überschlug sich fast dabei, sein Gewissen mit Lichterkettenideologie zu beruhigen.

Asylbewerber und schwarze Deutsche durch Innenstädte zu hetzen, das ging selbst dem erzkonservativsten Wähler zu weit. Doch so schnell, wie sich die Empörung 2000 Gehör verschaffte, so schnell ebbte der Aktivismus leider auch wieder ab. Der alltägliche Rassismus ist dennoch in vielen Köpfen nach wie vor verankert. Das offenbart nicht nur der Blick auf jüngste NPD-Wahlerfolge, sondern auch die Lebenssituation von Menschen mit dunkler Hautfarbe in Deutschland. Rapper Samy Deluxe hat ebenfalls lange Zeit unter Ausgrenzung gelitten.

Er sei in der Schule immer der einzige schwarze Junge gewesen und fühlte sich stets diskriminiert statt integriert, schilderte der 27-Jährige jüngst in der ZDF-Sendung "Kerner". Deswegen habe er sich von Beginn an unwohl gefühlt: "In Deutschland sieht man gerade als Schwarzer nirgendwo Perspektiven, dass man mal irgendwas anderes werden kann, als in der Küche zu putzen." Aus diesem Grund möchte der Rapper seinen Sohn auch in den USA zur Schule schicken. Die Außenseiterrolle soll seinem Nachwuchs erspart bleiben.

Samy Deluxe gehört zum rund 40-köpfigen Hip Hop-Kollektiv Brothers Keepers. Die Gruppe entstand 2001 als Reaktion auf den brutalen Mord am Mosambikaner Alberto Adriano durch Neonazis. Doch es blieb nicht bei der musikalischen Kampfansage an rechte Schläger im Song "Adriano - Letzte Warnung". Seit vier Jahren leistet der eingetragene Verein Aufklärungsarbeit an Schulen und engagiert sich zum Beispiel beim Thema Abschiebung. Fast alle Mitglieder sind dunkler Hautfarbe, und haben Diskriminierung bereits am eigenen Leib erfahren.

So auch der Kopf der Kölner Gruppe, Adé Bantu. Auch für ihn sei die Schulzeit als Schwarzer schwer gewesen. "In der Bahn will sich niemand neben dich setzen, bei der Wohnungssuche werden Leute schon skeptisch, wenn sie deinen Namen hören", weiß Bantu im dpa-Gespräch weiter zu berichten. "Eine Mehrheit dieses Landes kapiert einfach nicht, dass auch Menschen mit schwarzer Hautfarbe zu Deutschland gehören."

Das neue Album der vielköpfigen Formation, "Am I My Brother's Keeper?", erscheint am 25. April.

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Samy Deluxe

Samy Deluxe,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann)

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