Seite 11 von 16

Platz 5: "The Final Cut", 1983

"A requiem for the post war dream by Roger Waters, performed by Pink Floyd" – vielleicht ist es ja sogar dieser Satz von der Rückseite des Covers, dem das letzte Waters-Album seinen schlechten Ruf verdankt. Vielleicht war es aber auch der Umstand, dass "The Final Cut" von einer menschlich keineswegs mehr intakten Band in acht verschiedenen Studios aufgenommen wurde – und ohne Rick Wright.

Bedenkt man, dass Pink Floyd das Album als erstes und einziges ohne ihren Mann der ganz großen Akkordfolgen aufgenommen haben, ist es nur verständlich, dass viele "The Final Cut" nach einmaligem Hören als schwachbrüstiges "The Wall light" abstempeln. Doch: Sie sind vielleicht etwas zu voreingenommen. Tatsächlich birgt das Album trotz (wegen?) Waters totalitärer Vorherrschaft ein gigantisches emotionales Potenzial, dem die nicht enden wollenden internen Grabenkämpfe womöglich sogar zugutekamen.

In 13 vergleichsweise simplen Songwriter-Nummern beklagt Waters (erneut) den Schlachtfeldtod seines Vaters, findet in den Falklandkriegen und der Thatcher-Ära im Generellen aber zugleich einen zeitgenössischen Anknüpfungspunkt. Ein Soloalbum unter falscher Flagge ist "The Final Cut" damit aber noch lange nicht. Denn Waters hat hier noch ein Eisen im Feuer, von denen jeder andere Songwriter nur träumt: Die Gitarrenqualitäten eines David Gilmour. Nicht nur, dass Waters die eigene pazifistische Wut auf seinen absolut stimmlichen Höhepunkt katapultiert – auch Gilmour spielte für diese Platte einige seiner besten Soli ein.

Waters schreibt und textet, Gilmour soliert: Bricht man Pink Floyd auf seine beiden lautesten Protagonisten herunter (was man nicht sollte), erweist sich diese Arbeitsteilung als die mit Abstand fruchtbarste. "Your Possible Pasts", "The Fletcher Memorial Home" und "The Final Cut" – drei eigentlich essentielle Pink Floyd-Tracks mit exzellenten Gitarrensoli, von denen letzteres sogar als das bessere "Comfortably Numb" (hat er nicht gesagt!) durchgehen könnte. Obendrauf der fantastisch platzierte Inward-Scream auf "Two Suns In The Sets" – emotionale Kraft bietet das Material en masse. Waters' Lockdown-Akustik-Versionen von 2020 unterstreichen seine Zeitlosigkeit.

Anspieltipps:
"The Final Cut", "Two Suns In The Sunset", "The Fletcher Memorial Home"

Hätte nicht sein müssen:
"Not Now John", "The Hero's Return"

"The Final Cut"*

Wenn du über diesen Link etwas bei amazon.de bestellst, unterstützt du laut.de mit ein paar Cent. Dankeschön!

Seite 11 von 16

Weiterlesen

4 Kommentare

  • Vor 3 Jahren

    Dieser Kommentar wurde vor 3 Jahren durch den Autor entfernt.

  • Vor 3 Jahren

    War mir immer zu verkopft und auf Waters konzentriert. Schon besser als sein Ruf, aber für mich nie und nimmer in den Top 5.

  • Vor 3 Jahren

    Für mich bedeutete der Titel bereits das Ende einer unwiederbringlichen Ära.
    Dieses ungute Gefühl, an das ich mich noch heute erinnere, als ich mir das Album kaufte. Dieses Gefühl das mir die Tränen in die Augen trieb. So surreal war die Vorstellung das die "Überband" meiner Jugend nun nicht mehr existieren sollte, so war auch das erste Hören des Albums.
    Noch nie hatte sich diese Band so wortwörtlich "auseinandergesetzt" angehört.
    Auf dem Cover wurde von einer neuen Art des Musikmixing und damit einem noch nie dagewesenen Hörerlebnis geschrieben.
    Für mich hörte es sich so an wie es war. Da sind Musiker einer Band die nicht mehr zusammengehörten und die man dadurch auch nicht mehr zusammen hörte. Nicht die Art des Mixings war ausschlaggebend, sondern die Tatsache das sich die meisten der Stücke anhörten als wenn jemand einen Lautsprecher in eine Ecke gestellt hat aus der z.B. die Gitarre von David Gilmour kam, aus einer anderen Box in einer anderen Ecke kamen die Drums, etc. und in der Mitte der Boxen kam der Gesang von Roger Waters. Alles für sich und dann irgendwie zusammen.
    Zugegeben, es war nicht die erwartete grauenhafte Enttäuschung über die Musik, denn tatsächlich war sie dem floydschen Zeitgeist entsprechend als ein Gesamtwerk konzipiert, das offensichtlich dem introvertiert-extrovertierten Hirn von Waters ensprang, sondern dieses entleerte Gefühl des irgendwie allein gelassen werdens von einer glorifizierten Band. So fühlten sich wahrscheinlich all die kreischenden Mädchen an als sie die Trennung ihrer heißgeliebten Boyband vernehmen mußten !
    Sozusagen der vorhersehbare Suizid eines Bandmitglieds und dem damit einhergehenden Zerfall der Band. Bereits zu dieser Zeit war erkennbar das der, vorher bei "The Wall" erfolgreich umgesetzte Gesamtwerkstil einer Erzählung auf musikalisch, opulente Art, nicht unendlich weiter verwurstet werden kann ohne an Misserfolg zu leiden. The Final Cut war mit seinem an diesem Konzept angelehnten Stil der beste Beweis.
    Die später von Waters in Solo-Produktion erarbeiteten Alben waren ein weiterer Beweis des totlaufens eines einstmal erfolgreichen Konzepts.
    Nicht völlig der Flop, wie ihn viele versucht haben zu verreißen, aber ebend auch nicht erfolgreich und für mich, aus den beschriebenen handwerklichen und musikalischen Gründen, nicht unter den TopTen aller Werke von Pink Floyd.

    Grundsätzlich ist es für mich problematisch ein objektives Ranking dieses fast 50-jährigen, teils miteinander, teils gegeneinander geführten Schaffens einer Gruppe von genialen Musikern zu erstellen. Grundsätzlich waren alle Alben eigene Meisterwerke die für sich genommen Zeugnisse des entsprechenden Zeitgeistes auf experimenteller und teils komerzieller Ebene waren. Sicherlich läßt sich über Geschmack nicht streiten..... oder doch ?

  • Vor 2 Jahren

    Für mich keine Pink Floyd Album, sondern eine Roger Waters Solo Projekt.