Anfang der Woche verurteilte ein deutsches Gericht erstmals einen Nutzer von Online-Tauschbörsen zu einer Geldstrafe. In mehreren Dutzend weiteren Fällen wurde bereits Strafanzeige erstattet.

Cottbus (aw) - Nach zahlreichen Prozessen und Verurteilungen von Tauschbörsennutzern in den USA stehen längst auch deutsche MP3-Tauscher im Fadenkreuz der Plattenindustrie. Ein 23-jähriger Azubi aus Cottbus wurde zu einer Geldstrafe von rund 8500 Euro verurteilt, meldet der Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft. Er hatte über die Online-Tauschbörse KaZaa tausende Musiktitel zum Download bereit gestellt. Mit Hilfe des Providers, der rechtlich dazu verpflichtet ist, die Identität seiner Kunden preiszugeben, konnte der Name des Nutzers ermittelt werden. Bei der anschließenden Durchsuchung stellte die Polizei über 6000 offenbar illegal erworbene Dateien sowie rund 100 gebrannte CDs sicher.

Allzu hoch fiel die Geldstrafe aufgrund des geringen Einkommens des Angeklagten allerdings nicht aus. Die zu zahlenden 80 Tagessätze wurden auf insgesamt 400 Euro festgesetzt. Dagegen kostete die außergerichtliche Einigung mit den Musikanbietern insgesamt stolze 8000 Euro.

Bei der Entscheidung des Cottbuser Amtsgerichtes handelt es sich um einen Präzedenzfall, da in Deutschland aufgrund rechtlicher Unklarheiten bislang kein Urteil gegen Tauschbörsen-Nutzer gesprochen wurde. Damit ist spätestens seit den Änderungen des Urheberrechts Schluss. Ein zweiter Prozess gegen einen 57-jährigen Lehrer, der ebenfalls mehrere tausend Audiodateien anbot, sei bereits im Gange, berichten die Phonoverbände. In weiteren 68 Fällen wurde Strafanzeige erstattet.

Die Musikindustrie erhofft sich von ihrer rechtlichen Offensive vor allem eine Abschreckungswirkung. Sie macht Internet-User, die illegal Titel über Tauschbörsen wie KaZaa, Morpheus oder WinMX beziehen, für die drastischen Umsatzeinbrüche verantwortlich. Kritik an dem Urteil übten u.a. die Grüne Jugend und die globalisierungskritische Bewegung Attac. Sie verurteilen die Verfolgung von Filesharern als unangemessene Kriminalisierung ganzer Bevölkerungsschichten und fordern von der Musikindustrie ein Umdenken: Statt der zunehmenden Beschneidung von Bürgerrechten wie dem Recht auf Privatkopie, sollten neue Wege gegangen werden, etwa über Pauschalabgaben.

Oliver Moldenhauer von Attac bekräftigte gegenüber dem Spiegel seine Forderung nach einer 'Musicflatrate'. Die Kriminalisierungs-Strategie der Musikindustrie könne ohnehin nicht erfolgreich sein, der Versuch, das Musik-Tauschen gänzlich zu unterbinden, sei "ähnlich undurchführbar wie das Verbot des Westfernsehens in der DDR."

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