Die Sängerin in Schwarz überlebte Zeiten und Moden: Gestern starb mit der Muse der Existenzialisten eine Ikone Frankreichs.

Konstanz (mis) - "Leidenschaft, Kampf, Liebe und intensiver Spaß": Mit diesen Attributen versuchte Juliette Gréco vor Jahren ihr Leben zu umschreiben. Gestern ist die Grande Dame des französischen Chansons im Alter von 93 Jahren in ihrem Haus im südfranzösischen Ramatuelle gestorben, wie ihre Familie gegenüber der AFP bestätigte. Mit ihren Liedern entzog sie sich jahrzehntelang Moden und Einordnungen und war in Frankreich so populär wie Edith Piaf.

Die 1927 in Montpellier geborene Gréco wurde in den 1950er Jahren mit Chansons wie "L'accordéon" und "Déshabillez-moi" berühmt. Sie galt als Muse der Existenzialisten und verkörperte für das junge Frankreich das Freiheitsgefühl nach den schlimmen Kriegsjahren.

In ihrem Wohnort in St. Germain-des-Prés machte sie früh Bekanntschaft mit Jean Paul Sartre, der sie auch zum Singen überredet haben soll. Ihre hohen Wangenknochen, der stets schwarze Look und ihre tiefe Stimme, die literarische Texte zum Besten gab, wurden zu ihrem Markenzeichen.

Gréco verkehrte im Dunstkreis der jungen Szene aus Literaten und Jazzmusikern, sie vertonte Texte von Albert Camus, François Mauriac, Jacques Brel und Charles Aznavour und hatte eine Liaison mit Miles Davis. Ihr erstes Album erschien 1951. Kurz darauf spielte sie bereits Konzerte in Brasilien und New York. Der französische Schriftsteller Raymond Queneau nannte Gréco die "schwarze Rose der Innenhöfe".

1953 trat sie in Jean-Pierre Melvilles Film "Und keine blieb verschont" auf, später folgen Filme in Hollywood, u.a. mit Orson Welles und John Huston. Ab 1966 war sie elf Jahre mit Schauspieler Michel Piccoli ("Die Verachtung", Jean-Luc Godard) verheiratet. 1988 heiratete sie den Pianisten Gérard Jouannest. Aus ihrer ersten Ehe mit Schauspieler Philippe Lemaire hatte Gréco die Tochter Laurence-Marie, die 2016 an Krebs starb.

Juliette Greco nahm bis ins hohe Alter Platten auf. Stets blieb sie für jüngere Musikergenerationen interessant. Benjamin Biolay arbeitete 2003 mit ihr auf dem Album "Aimez-vous Les Uns Les Autres Ou Bien Disparaissez".

2012 widmete sie ein Album den Brücken von Paris ("Sous Les Ponts De Paris") und sang ein Duett mit Melody Gardot. 2013 widmete sie ihrem 1978 gestorbenen Freund Jacques Brel ein Album. 2016 erlitt sie einen Schlaganfall und versuchte nach dem Tod ihrer Tochter und ihres Mannes wieder neuen Lebensmut zu schöpfen.

2015 trat sie letztmals im Zuge ihrer "Merci"-Tournee auf die Bühne. Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron betrauerte die Ikone mit den Worten "Sie war die Eleganz und die Freiheit".

Weiterlesen

laut.de-Porträt Charles Aznavour

"Frauen haben heute sicher mehr Rechte, aber mehr Macht hatten sie früher", "eine Frau muss schweigen können. Eine Ehe ohne Schweigen ist wie ein Auto …

laut.de-Porträt Jacques Brel

Er muss es irgendwann zu Beginn der 50er Jahre gespürt haben. Der Anfangs-Zwanziger Jacques Brel ist bereits verheiratet, hat drei Kinder und strebt …

laut.de-Porträt Benjamin Biolay

Benjamin Biolay hat keine Chance: Obwohl er sich gar nicht gerne in die Tradition des französischen Chansons gestellt sieht, ist er aus derselben nicht …

laut.de-Porträt Edith Piaf

Als Edith Piaf 1963 stirbt, ist Madonna gerade mal fünf Jahre alt. Die französische Sängerin schafft es bereits dreißig Jahre vor der US-Amerikanerin, …

laut.de-Porträt Miles Davis

"Ich habe vier oder fünf mal die Musik revolutioniert. Und warum sind Sie hier?" So staucht er einmal eine weiße Bankiersfrau zusammen, die sich gewundert …

Noch keine Kommentare