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Antisemitismus im Deutschrap?

Die Kollegen von Noisey fachsimplen nicht lange um den heißen Brei herum, sondern fragen einfach mal bei Ben Salomo, seines Zeichens "Rap am Mittwoch"-Veranstalter und zudem Rapper mit jüdischen Wurzeln, nach Erfahrungen mit Antisemitismus in der Deutschrapszene aus erster Hand.

Die antisemitischen Auswüchse reichen demnach von den Kommentarspalten auf Facebook bis in die Backstagebereiche von Rapkonzerten: "Hab gerade wieder Bock auf Endlösung", zitiert etwa die Informationsstelle Antisemitismus Kassel einen Kollegah-Fan unter dessen Posting zu den aktuellen Vorwürfen. Salomo rekapituliert wiederum eine Szene aus dem Backstagebereich eines Rapkonzerts:

"Ich war auf Tour und da war ein recht bekannter Rapper im Backstage. Als er hörte, dass ich Jude bin, entstand eine Diskussion, die augenscheinlich erstmal lustig war, aber recht bald wurden die altbekannten antisemitischen Ressentiments runtergebetet. Das wird dann ja immer gerne miteinander vermengt: Jude, dann Israel, dann israelische Politik, dann Zionismus, die Rothschilds, dann wurde die These in den Raum gestellt, dass die Juden selbst den Holocaust in die Wege geleitet hätten, um Israel zu gründen. Dann wird gerne die Zahl der dokumentierten Opfer des Holocausts radikal herabgesenkt, um am Ende noch ernsthaft zu fragen, ob ich denn überhaupt Steuern zahle, weil man das irgendwo im Internet gelesen hat, dass Juden in Deutschland keine Steuern zahlen müssen."

Sein ernüchterndes Fazit: "Wer glaubt, dass der Antisemitismus nach dem zweiten Weltkrieg verschwunden wäre, der ist naiv. Er ignoriert die Tatsache, dass auch wenn es eine Umerziehung in Deutschland gegeben hat, weite Teile der Gesellschaft nach dem Krieg antisemitisch geblieben sind." Dass Antisemitismus jedoch kein ausschließliches Problem des Mikrokosmos Deutschrap sei, sondern viel mehr eines der Gesellschaft, steht für Salomo außer Frage:

"Diese Thesen sind einfach allgemein in der Gesellschaft wieder populär geworden, und die Rap-Szene spiegelt sie lediglich wider. Dazu kommt, dass sich überproportional viele Leute mit Migrationshintergrund für Rap interessieren, die aus Ländern stammen, wo solche antisemitischen Thesen eben Teil des Lehrplans sind und durch die Medien verbreitet werden. Da braucht man sich nicht wundern, wenn diese Tendenzen innerhalb der Rap-Szene deutlicher zum Ausdruck kommen."

Ganz im Gegensatz zu der als "Propaganda" bezeichneten Doku Kollegahs über Palästina, begrüßt Salomo schlussendlich dessen offenen Brief an den Zentralrat der Juden: "Ich hoffe sehr, dass es mal zu der von ihm vorgeschlagenen offenen Diskussionsrunde kommt, denn ich halte einen interkulturellen Austausch für absolut überfällig. Gemeinsam sollten wir alle daran arbeiten, Vorurteile und Ressentiments abzubauen." Word!

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Doubletime "Trump is a bitch!"

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3 Kommentare mit 3 Antworten

  • Vor 7 Jahren

    Bwahahahaha, ist klar. Es gibt tatsächlich einige Antisemiten in Deutschland, aber das sind zu 90% - wie er an späterer Stelle so schön erkannt hat - keine deutschstämmigen Menschen.
    Da irgendeine Verbindung zu deutscher Kultur zu ziehen, ist absolut an den Haaren herbeigezogen. Wir haben hier so wenig mit "Juden" zu tun, gerade in ländlicheren Regionen, das kümmert doch wirklich kein Schwein. Und zwischen irgendwelchen Bongheads mit Verschwörungstheorien im Gepäck und handfestem Antisemitismus sollte man auch nochmal klar unterscheiden.
    Hat der Typ im backstage ihn angefeindet? Wollte er nicht mehr vor/nach/mit ihm auftreten? DAS wäre Mal interessant. Wurden ihm Steine in den Weg gelegt in seiner Karriere? Gab es Leute, die ihn öffentlich geächtet haben aufgrund seiner Religion? Undundund. Die Story da oben ist so lauwarm wie seine rhymes.

    Und zur Informationsstelle Antisemitismus muss ich wohl nichts sagen, jeder, der sowas unreflektiert zitiert, gibt eine thematische Bankrotterklärung ab.

    • Vor 7 Jahren

      nein. weite teile der gesellschaft in Westdeutschland sind tatsächlich "umerzogen". Das trifft auf die passdeutsch... ich meine deutsche mit migrationshintergrund natürlich nicht zu. welchen bezug haben die denn zu den besagten 12 jahren? (zu denen ich ich nicht näher äußern darf :saint: )
      "Meine" Kinder sagen sachen wie, "hitler fickt drei mal deine Mutter um die Welt" und solche sachen. Ja das ist das Verständnis dieser Schicht für diese Zeit...

      In Ostdeutschland ist das tatsächlich anders. aber das soll jetzt kein beliebtes ossi-bashing werden. aber dadurch, dass da recht schnell ein sozialistisches system errichtet wurde, sind viele sachen nicht aufgearbeitet worden. Klar, man sprach drüber, aber eher über die getöteten rotfrontler... In dem Selbstverständnis der DDR hätte man mit dem NS-Regime ja nichts zu tun. Das waren ja "die anderen" man selber war ja schon immer Sozialist/Kommunist gewesen.

    • Vor 7 Jahren

      Interessant. Wie sieht es wohl in Ost-Berlin aus? Ist Ben Salömö am Ende ein Össe?

  • Vor 7 Jahren

    Die meisten Rapper würde ich nicht als extrem Antisemitisch einschätzen, allerdings tolerieren sie es zum Teil und kokettieren zusätzlich ganz gerne damit.

  • Vor 7 Jahren

    Kollegah wirft man Einseitigkeit vor. Zurecht.

    Aber wo ist die andere Seite der Medaille?

    Ben Salomo scheint ein cooler Dude zu sein, der das Thema auch in den richtigen Kotext bringt. Auch kann ich die Angst der Israelis verstehen, die Mauer, die unmittelbare Gefahr, Hamas etc, aber:

    Wieso fragt man ihn nicht kritischer nach Israels Politik?

    Nach den fehlenden Mitteln auf der andere Seite der Mauer und warum dann ein Kolle kommen muss um ne Glotze zu kaufen?

    Nach dem Hass auf Seiten der Israelis, die nen Soldaten abfeiern weil er einen, auf dem Bauch liegenden Menschen in Handschellen erschiesst? + Medialer Ausschlachtung und einem Honigkuchenpferd vor Gericht?

    Was ist mit den Siedlungen im Westjordanland? (siehe auch http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland… )

    Türkei, Russland, Griechenland, UK, über alle darf man herziehen. Über Israel auch.
    Und damit ist keine Sarrazin Attitüde á la "wird man ja noch sagen dürfen" gemeint, sondern sachliche Kritik.
    Der klare Menschenverstand muss Kritik an der Politik und Antisemitismus unterscheiden können.
    Israel arbeitet nämlich AUCH nicht auf eine Lösung hin, sondern eher Richtung Gegenteil. Den Bau der Mauer verstehe ich ein Stück weit, dass sie nach keiner Alternative suchen jedoch nicht.

    • Vor 7 Jahren

      naja.. es ist ja heute nicht mehr angesagt von "völkern" zu sprechen. aber nehmen wir an, 90% deiner lebensgeschichte wirst du nicht gemocht. und das ist ein euphemismus für "du wirst massiv anal penetriert" nahezu überall, wo du bist, wirst du angefeindet und vertrieben. du bist jahrtausende lang nirgendwo heimisch.
      dann bekommst du ein heim und etwas Macht...
      das willst du nicht wieder hergeben. und wenn jemand, der lange gequält wurde, macht bekommt über jemanden, der schwächer ist...

      ja, das ist scheisse, aber so sind menschen. die siedler kann ich nicht verstehen....den soldaten schon.

      und, israel wird für die siedlungspolitik kritisiert. nur halt weniger scharf als als die anderen genannten länder, dass stimmt schon, aber türken, russsen, griechen und inselaffen haben ihrerseits viele jahrhunderte lang andere in den arsch gefickt...