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Made in Germany

Eine Frage, die man sich ruhig auch angesichts der vielen Geschichtsstunden-Formate stellen darf, die das jüngst zuende gegangene Fünfzig-Jahre-Hip Hop-Jahr aufgeworfen hat. Wer ist denn da eigentlich die Hauptzielgruppe? Interessiertes Jungvolk - oder doch nur die inzwischen greisen Heads der frühen Tage, die sich gerne an (vermeintlich) bessere Zeiten erinnern?

Ganz frisch in der ARD-Mediathek gibt es jedenfalls die NDR-Dokumentation "Hip Hop - Made in Germany". In vier Folgen mit unterschiedlichem Städteschwerpunkt führen wechselnde Protagonist*innen durch je ein Jahrzehnt der deutschen Rap-Geschichte. Den Anfang machen Cora E., Toni L und die Stieber Twins in Heidelberg mit den 80er Jahren. Es folgen die 90er, präsentiert von Eunique und Denyo aus Hamburg, gefolgt von Kitty Kat und Ali Bumaye, die von Berlin aus die 2000er Revue passieren lassen. Die Frankfurter Celo & Abdi bekommen in der abschließenden vierten Episode die Mammutaufgabe auf die Augen gedrückt, den ganzen Rest von 2010 bis heute abzufrühstücken.

Klingt ... ambitioniert, klappt unterschiedlich gut, wie Kollege Daniel Gerhardt für die Zeit zusammenfasst: "Manchmal verrutschen die zeitlichen und geografischen Verortungen der Doku, mitunter wird der doppelte Rahmen zu eng für das Nebeneinander der Ereignisse. Einige Verknüpfungen zwischen Hip Hop- und Gesellschaftsentwicklung erscheinen allzu stark hingebogen. In der Hamburg-Folge kommen andere Hotspots wie Stuttgart zu kurz, in der Achtziger-Folge läuft vor allem Neunziger-Rap, in der Berlin-Folge dann eben Grönemeyer", bemängelt er, lobt aber auch: "'Made in Germany' findet einen eigenen Zugang, der auf gesellschaftliche Härten wie Hartz IV und die aufkommende Islamfeindlichkeit nach 9/11 als Vorläufer späterer Gangsta-Rap-Härten verweist – ohne damit jede Kool-Savas-Zeile oder Aggro-Berlin-Story rechtfertigen zu wollen (...) Als Beispiel für den Sexismus der damaligen Szene ist die Geschichte der Rapperin [gemeint ist hier Kitty Kat] trotzdem origineller und aussagekräftiger als eine Exegese von Sidos 'Arschficksong."

Klingt, als könnten wir gefahrlos ein Auge riskieren. Die Doku gibts, wie gesagt, in der ARD-Mediathek, hier entlang. Im linearen Fernsehen sind die Episoden ebenfalls zu sehen, allerdings richtet sich dieses Angebot nur an Nachteulen, die am Wochenende nichts besseres vorhaben: Beginnend morgen, laufen sie jeweils in der Nacht von Freitag auf Samstag um 1 Uhr im NDR.

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