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...Tory was made

Was wir in den 72 Stunden nach dem Release von "Hiss" bezeugten, war nicht weniger als der größte Impact eines Disses, den ich je erlebt habe. Nicki Minaj ist in einem Bundesland-großen Feuerball in Flammen aufgegangen. Über drei Tage hinweg hat sie konstant getweetet, Tweets geliket, sich verteidigt, zurückgeschossen. Am Ende dieser Zeit wirkte sie wie eine Mischung aus Disney-Schurkin und den Rants einer obdachlosen Person in der Berliner U8. Am Ende kam ein Disstrack heraus, und der klingt so:

Ja, ich sage das ohne jede Übertreibung: Das ist der beschissenste Disstrack, den ich jemals gehört habe, und das gerade ein Jahr, nachdem Melle Mel versucht hat, Eminem zu dissen, erinnert sich daran jemand? Aber mehr noch als das ist dieser Track hier offensichtlich nach 70 schlaflosen Stunden mit dem durchgedrückten Kokain-Fuß auf dem Gaspedal der Vollgas-Psychosen-Dampflok entstanden. Haben Züge Gaspedale? Ihr wisst schon, wie ich meine.

"Bigfoot" wäre schon ein bizarrer Track, bestünde er nur aus den ersten zwei Minuten. Da ringt Nicki offensichtlich schwer mit dem Konzept, irgendeinen sinnvollen Clapback zu finden. Tut sie aber nicht, weswegen sie zwischen super-mittelmäßigen Punchlines und der am wenigsten überzeugenden Selbstbeweihräucherung der Welt hin und her schwankt. Dabei wechselt sie drei Mal pro Line ihre Stimme, es klingt komplett Frankenstein, wie es zusammengeschnitten ist, und wie sie nonstop dieselben Wörter aufeinander reimt, Pausen macht und wieder anfängt, lässt es klingen wie einen komplett missglückten Freestyle.

Mehr noch, als dass es genau wie dieser 99ct-Kaugummi-Automaten-Beat wirklich scheiße klingt, macht es schmerzhaft offensichtlich, dass Nicki nichts und auch wirklich gar nichts, überhaupt nichts, fundamental nichts Sinnvolles gegen Megan in der Hand hat. Sie hätte sehr gerne etwas, aber die "Megan's Law"-Line ging bei ihr ins Schmerzzentrum, da hält "Deine Mutter ist tot, du wurdest angeschossen und hast Sex mit vielen Typen" einfach nicht mit. Es ist eher ein bisschen erbärmlich, wie sie versucht, gemein zu sein, aber außer Gehässigkeit gar nichts kommuniziert. Lines wie "Is it my fault I got good vagin-er? / Why the fuck is you humpin' on a minor?" wirken a) endsbeschissen und b) wie die offensichtlichste Projektion in der Geschichte der Rapmusik.

ABER: Dieser Song besteht eben nicht nur aus seinen ersten zwei Minuten. Danach fällt der Beat weg, und Nicki führt zwei weitere, nicht enden wollende Minuten einen bizarren Monolog, in dem sie klingt wie eine fünfzehnjährige Schulhofschlägerin, die auf einem schlechten LSD-Trip in der Fantasie versandet ist, sie sei eine Mischung aus dem Paten und einem Batman-Schurken.

Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass das nicht nur nicht disst, sondern einen so transparenten Einblick in Nickis Psyche gibt, die nach dieser einen Line anscheinend so massiv in Trümmern liegt, dass Megan das Battle nicht nur gewonnen hat. Nicki hat lowkey gerade alles, das sie an Status noch übrig hatte, im Klo heruntergespült. Das muss wehtun.

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