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Die Sache mit der Szene

Der YouTuber auf der letzten Seite hat sich eher in Richtung Gangsta-Rap orientiert. Heißt, die Liste war mit sehr viel Kollegah und Farid Bang bestückt, die - so darf ich lernen - immer noch sehr produktiv sind. Hiphop.de hat sich eben eher für eine Mainstream-Liste entschieden und steht dementsprechend nicht mit den tiefschürfendsten Gedanken da, aber mit solchen, die quantitativ relevant sein müssten. Wie könnte man denn so etwas basteln? Sollte man sich auf sein eigenes bestes Gewissen verlassen? Sollte man versuchen, so viele Dimensionen des Genres abzudecken, wie möglich? Sollte man versuchen, rein auf Qualität zu hören und nur Geheimtipps abzubilden?

Es ist eine von diesen Situationen, die du falsch machst, egal, wie du es angehst. Zumindest, wenn du Deutschrap als Unikum begreifst und dick und fett "hiphop.de", "rap.de" oder "dasszenemagazin24.de" titelst. Die einen Leser wollen dann eben zehn Mal Umse und die Sichtexoten, die anderen sind brüskiert, wenn gar kein Soundcloud-Untergrund-Mensch benannt wird, die nächsten steigen dir aufs Dach, wenn nicht zumindest ein bisschen Kollegah oder K.I.Z. vorkommen, und wenn du nicht zumindest für die Kontroverse irgendwo Capital Bra oder Shirin David einwürfelst, dann liest den Quatsch nachher keiner. Wenn du dann aber die perfekt gewichtete und kontrovers genug konstruierte Liste gedreichselt hättest, wäre auch das letzte bisschen Seele daraus gewichen - und einen Tag später würden trotzdem hundert Leute auf dich steigen, weil du Exponat a, b oder c fundamental vergessen hast und das eigentlich auch nur zeigt, wie du voll den Touch verloren hast.

Da zeigt sich, dass die Amis es auch im Journalismus es etwas einfacher haben. Da haben sich in den letzten Jahren die Blogger-Sphären einfach auf ihre jeweiligen Unterkategorien aufgeteilt. Wenn XXL sagt, was in einem Jahr geil war, dann rechnet man eben mit mehr Lil Baby und Megan Thee Stallion, während man auf DJBooth eher die Liebe für Open Mike Eagle und Ka erwartet. Lyrical Lemonade hält über die Lil Moseys und jüngst auch Eminems auf dem Laufenden, und wenn man sich auf Death Grips, Clipping. und MF Doom einschießt, bleiben einem ja die generellen Musikhipster des Internets. Wenn sich alles etwas verteilen darf, dann leidet man auch nicht mehr den Druck, Retrogott- und MoneyBoy-Fans im selben Atemzug beglücken zu müssen. Aber vielleicht braucht die hiesige Bloggersphäre einfach ein bisschen neuen Wind dafür.

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