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Romano

Auch 2021 wird es eventuell noch keine Konzerte geben - hast du noch Durchhaltewillen oder denkst du schon über einen Berufswechsel nach?

Romano: Damals in 2000 habe ich eine Ausbildung zum Medientechniker in einem Berliner Copyshop gemacht. Der hat leider gerade zu. Also werde ich wohl weiter Musik machen ;-)

CTS Eventim brachte jüngst ins Spiel, den Konzertbesuch an eine Impfung zu knüpfen. Der Ethikrat erteilte jeglichen Privilegien für Geimpfte eine Absage. Wie stehst du dieser Thematik gegenüber?

Das ist alles noch viel zu früh, da bis jetzt niemand so richtig weiß, wie sich das Virus weiterentwickelt, wie die Impfungen anschlagen bzw. ab wann genügend Impfstoff für die gesamte Bevölkerung zur Verfügung steht. Auch die Frage, ob eine geimpfte Person eine andere anstecken kann, ist noch ungeklärt. Eine Besserstellung für Geimpfte bzw. den Ausschluss von Nichtgeimpften vom kulturellen und vom gesellschaftlichen Geschehen halte ich für schwierig. Auch wenn vielleicht nicht staatlich verordnet, sondern 'nur' durch private Anbieter. Es wäre ein Zwang durch die Hintertür: "Lass dich impfen und du darfst zum Romano-Konzert." Das könnte durch Sonderregelungen und Privilegien schlussendlich zu einer zusätzlichen Spaltung in der Gesellschaft führen. Entweder gehört man dann zu den Guten oder den Bösen, den Geimpften oder Nichtgeimpfte, je nach Sichtweise.

Verschwörungstheorien haben Konjunktur. Obwohl Umfragen zufolge eine Mehrheit der Bevölkerung die Maßnahmen der Politik stützt, bröckelt die Zustimmung zu Maskenpflicht, Impfnotwendigkeit und harten Lockdownregeln. Gehen auch in deinem Freundeskreis die Meinungen auseinander?

In meinem Freundeskreis findet das statt, was ich mir im öffentlichen Raum viel mehr wünschen würde. Es wird diskutiert, aber es bleibt respektvoll und wir probieren einander zuzuhören. Ohne zu pöbeln und loszuschreien, auch wenn das manchmal schwer fällt. Ich habe mit keinem meiner Freunde gebrochen, nur weil er eine andere Meinung hat. Bei staatlichen Freiheitseinschränkungen reagiert ein Teil der Bevölkerung von je her skeptisch und misstrauisch. Was wiederum auch mit unserer deutschen Geschichte zu tun haben könnte, wo einige Staatsvertreter in ihrer Zeit widerwärtige Vorbilder waren. Viele Verschwörungstheorien halten ich für absolut abwegig und einige Schreihälse für brandgefährlich. Doch wenn es unter den Menschen keinen Dialog und konstruktiven Meinungsaustausch mehr gibt, bleibt jeder in seiner Blase hängen. Es entstehen Machtblöcke ums Wahrheitsmonopol, ein bisschen wie im Kalten Krieg und das führt schlimmstenfalls zum Extremismus auf allen Seiten.

Welche Lehren ziehst du für dich aus dieser historischen Zäsur? Hast du dich als Person verändert?

Ich stand 2019 unter einem selbsterzeugten Druck, eine Art Perfektionismus. Machen, machen, machen und nicht loslassen können. Dabei kam künstlerisch wenig Sinnvolles heraus. Kurz vor der Pandemie starb im Februar 2020 mein Vater. Die Zeit danach war für mich absolut notwendig, um Abschied zu nehmen, zur Ruhe zu kommen und mich selbst zu reflektieren. Wie soll es weitergehen? Was macht noch Sinn? Natürlich setzt die Pandemie der gesamten Kulturbranche immens zu und ich vermisse die Auftritte und den Kontakt mit den Fans. Doch gerade jetzt habe ich zur alten Produktivität zurückgefunden und arbeite fleißig an einem neuen Album. Rückblickend war diese Zeit eine Introspektive, eine Sinnsuche und gerade für mein persönliches Wachstum ein Segen.

Romano, 2019 Headliner bei der 21-Jahr-Feier von laut.de, arbeitet derzeit am Nachfolger seines Albums "Copyshop".

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