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Matthias Reim

Auch 2021 wird es eventuell noch keine Konzerte geben - hast du noch Durchhaltewillen oder denkst du schon über einen Berufswechsel nach?

Matthias Reim: Ich bin Optimist und hoffe sehr, dass ich ab Ende August wieder Konzerte geben kann. Die Frage, ob ich an einen Berufswechsel denke, war wohl nur eine Scherzfrage, oder? Schon als Kind habe ich davon geträumt, Sänger und Musiker zu werden und habe diesen Traum verwirklicht. Sobald es Corona zulässt, werde ich wieder auf der Bühne stehen! Die Corona-Zeit war für mich eine Möglichkeit, über meine Musik nachzudenken und neue Titel zu produzieren.

CTS Eventim brachte jüngst ins Spiel, den Konzertbesuch an eine Impfung zu knüpfen. Der Ethikrat erteilte jeglichen Privilegien für Geimpfte eine Absage. Wie stehst du dieser Thematik gegenüber?

Eine schwierige Frage. Wenn ich hoffentlich bald wieder Konzerte geben kann und ein paar Tausend Zuschauer dicht gedrängt vor der Bühne stehen, dann wäre mir schon wohler zumute, wenn ich wüsste, dass die alle gesund - also entweder getestet oder geimpft - sind. Ich möchte nicht ein paar Tage später in der Zeitung die Überschrift lesen: "Hunderte von Menschen nach Reim-Konzert erkrankt!"

Verschwörungstheorien haben Konjunktur. Obwohl Umfragen zufolge eine Mehrheit der Bevölkerung die Maßnahmen der Politik stützt, bröckelt die Zustimmung zu Maskenpflicht, Impfnotwendigkeit und harten Lockdownregeln. Gehen auch in deinem Freundeskreis die Meinungen auseinander?

Ich verstehe, wenn man an den Maßnahmen der Politiker oft Kritik übt. Es sind sicher seitens der Politik viele Fehler gemacht worden. Ich denke vor allem, dass sie im letzten Sommer verschlafen hat, sich auf die doch offensichtlich drohende zweite Welle vorzubereiten und jetzt oft verzweifelt versuchen, diese Versäumnisse im Nachhinein wettzumachen. Darüber diskutiere ich oft mit meinen Freunden. Ich verstehe auch, dass viele die Maskenpflicht für lästig halten. Aber diese kleine Unbequemlichkeit muss man einfach in Kauf nehmen, um andere uns sich selber zu schützen. Aber die Verschwörungstheorien, das ist etwas anderes: Die sind einfach dumm und gefährlich. Dafür habe ich absolut kein Verständnis.

Welche Lehren ziehst du für dich aus dieser historischen Zäsur? Hast du dich als Person verändert?

Ich ziehe keine 'Lehren', aber dieses Corona-Jahr hat mein Leben verändert: Das war schon eine harte Umstellung, statt von Auftritt zu Auftritt, von Interview zu Interview, von Stadt zu Stadt zu fahren. Plötzlich hatte ich endlos viel Zeit. In den ersten Wochen konnte ich mit dieser Zeit nichts anfangen, ich war gelangweilt, schlecht gelaunt und sauer. Aber dann habe ich gemerkt, wie schön es ist, kein hektisches Leben mehr zu führen. Ich hatte Zeit, zu mir selber zu finden, über meine Musik nachzudenken und in Ruhe zu arbeiten. Ich habe in den letzten Monaten mehr gearbeitet als je zuvor. Aber ich habe gelernt, in Ruhe und konzentriert zu arbeiten.
Ich habe mir vorgenommen, diese scheußliche Corona-Zeit auszunutzen, um das beste Album meines Lebens zu produzieren und die beste Tournee meines Lebens vorzubereiten. Das klingt jetzt etwas großspurig, aber ich glaube, das letzte Jahr hat mich reifer gemacht, und das wird man wohl auch an meiner Musik merken.

Matthias Reim, 63, wurde 1990 mit dem Song "Verdammt Ich Lieb' Dich" bekannt. Seine aktuelle Single "Acht Milliarden Träumer" ist der Vorbote auf ein neues Studioalbum, das voraussichtlich im Herbst erscheint.

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