laut.de-Kritik

Stonerrock braucht keinen Wüstensand.

Review von

Schleppender Bass und waghalsige Riffs kommen - staubig und dreckig wie sie sind - natürlich aus der Wüste. Oder aus Chemnitz wie Iguana. Die Jungs aus dem Osten schlagen sich erst gar nicht mit gängigen Stoner-Klischees rum, sie modellieren sie lieber für ihre eigenen Bedürfnisse.

Und genau das ist es, was das Debüt-Album so hörenswert macht. Während sie zwischen Soundgarden und der Mark Lanegan Band hin und hertingeln, plazieren sie ihren Hintern mitten zwischen den Stühlen der ganz großen der Wüstenmusik. Dabei wäre naheliegend, dass sie die Einladung für die nächsten Desert Sessions schon in den Händen halten.

Den einnehmenden ersten Track namens "New Moon Flyby" kann man da mit gutem Gewissen als solide Grundlage nennen. Der Fokus bei diesem extrem entspannten Öffner liegt hier auf der begnadeten Stimme Alexander Lörinczys, der zusammen mit den Wölfen den Mond anheult. Es folgen zwei ausgedehnte Instrumentaltracks, bei denen vor allem "A Royal Null Drift" die erhofften Stimmeinlagen perfekt durch leierndes Gitarrenspiel ersetzt.

Der zur Abwechslung etwas schneller angesetzte Titeltrack könnte genauso gut aus der Feder von Chris Cornell stammen. Mit dem Unterschied, dass es bei ihm lange nicht so fetzen würde. Zusammen mit dem flirrenden Basslauf wird der abschließende, etwas kauzig anmutende Refrain zu einem Zwang den Repeatknopf mal genauer ins Auge zu fassen.

Mit grandiosen Fills und quetschigen Gesangseinlagen schmückt sich auch "Morning Eve": "I just want to hold you tight", spricht neben der herabhängenden Riffs für sich, bevor uns Iguana mit "Madinat Al Yasmin" in die endlosen Weiten des Psychedelischen entlassen. Die sich langsam übereinenderschichtende Sitar wird von Bass und Gitarre schleichend eingeholt und ergibt sich nach eineinhalb Minuten endgültig dem Gesang Lörinczys. Die Zeile "Just close your eyes." klingt dabei wie eine gut nachvollziehbare Aufforderung. Denn mit geschlossenen Augen lässt man sich schließlich viel besser vom vorwärts dreschenden Klangstrom mitreißen.

"Fukushima 50" macht dann plötzlich mit den ständig anklingenden Schlendereien kurzen Prozess und liegt dabei wie ein fettes Stück Blei in gleißendem Wüstensonnenlicht. Vor allem der Schluss dieses achtminütigen Monsters gehen richtig tief unter die Haut.

So viele unberechenbaren Breaks und Experimente sind selten so geballt zu finden wie auf dem Debüt der ostdeutschen Stonerformation Iguana. Diese Außergewöhnlichkeit bewahren sich die vier Jungs bis zum Schluss, denn mit "Down On You" wagen sie eine erneute unerwartete Kehrtwende, bevor sie mit ihrem minimal-symphonischen "Freshly Tranquilized" noch einmal einen Blick zurück auf das ganze Album wagen.

Trackliste

  1. 1. New Moon Flyby
  2. 2. Vague As A Mirage
  3. 3. A Royal Null Drift
  4. 4. Get The City Love You
  5. 5. Morning Eve
  6. 6. Madinal Al Yasmin
  7. 7. Fukushima 50
  8. 8. Uber-Idolizer
  9. 9. Down On You
  10. 10. Freshly Tranquilized

3 Kommentare

  • Vor 11 Jahren

    Deutschland ist mittlerweile neben den Benelux-Staaten wohl der Garant für guten Stoner. Waren oder sind auf Tour mit den von mir so geschätzten Samsara Blues Experiment. Schön jammig - etwas Blues, etwas Grunge, viel Psychedelic und Hard Rock. Jetzt so mal musikalisch gesehen, ist das aber auch nichts weltbewegendes neues, was ich nicht so schon so oft bei anderen Bands gehört habe. Solide, aber nicht mehr. 3 Punkte

  • Vor 11 Jahren

    Nicht zu vergessen sind natürlich die guten alten Colour Haze, mein All-Time-Deutsch-Stoner-Favourite.

    Die Appetizer von Iguana auf Youtube haben auf jeden Fall schon Bock gemacht. Beim nächsten Besuch im Plattenladen wird die Scheibe mal angehört, eventuell auch gekauft. Schick!