laut.de-Kritik

Urzeitliche Ungetüme im Kampf mit der Familientauglichkeit.

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"Der Weiße Hai" mag zu den "Publikumsmagneten der Siebziger" zählen, die "als perfekte Filme erscheinen", wie es Quentin Tarantino ausdrückt. Zugleich bildete Steven Spielbergs Tierhorror den Ausgangspunkt für einen Pool maritimen Schunds, angeführt von den eigenen Fortsetzungen. Bis heute erscheinen punktuell ganz gelungene ("The Shallows"), zum Teil eher maue ("Deep Blue Sea", "The Last Jaws - Der Weiße Killer"), in der absoluten Mehrheit aber katastrophale Knorpelfisch-Werke ("Sharknado", "Shark Bait", "Snow Sharks", "Atomic Shark", "Sharktopus vs. Pteracuda").

Mit "Meg" setzte es 2018 quasi einen hochbudgetierten SchleFaZ mit eindrucksvollen CGI-Effekten, internationalem Cast - und mit einem symphonischen Soundtrack. Damals wie auch bei der Fortsetzung "Meg 2: The Trench" übernahm Harry Gregson-Williams den musikalischen Teil. Schon in den 1990er Jahren sammelte der Brite mit Michael Bays "The Rock" und "Armageddon" Erfahrungen als Komponist für Action-Trash. Später folgten ähnliche Kaliber wie "Cowboys & Aliens" oder das "Total Recall"-Remake, aber auch der Golden Globe- und Grammy-nominierte Soundtrack zu "The Chronicles Of Narnia".

Die Filmmusik zu "Meg 2: The Trench" verfolgt in erster Linie das Ziel, der Heldengruppe um Jonas Taylor (Jason Statham) und Jiuming Zhang (Wu Jing) Beine zu machen. Jonas' Gegner seien schneller und bedrohlicher, was sich "im Tempo vieler Musikstücke widerspiegelt", erläuterte Gregson-Williams zur Veröffentlichung. "Die Größe und Kraft eines mächtigen Symphonieorchesters bildet das Rückgrat der Partitur", führte er weiter aus, "ergänzt durch treibende Synthesizer, Gitarren, ethnische Holzbläser, verschiedene Schneckenhörner und einen Chor, der Farbe hinzufügt".

Zu Beginn illustriert der Film eine kreidezeitliche Nahrungskette von einer Libelle bis zum Megalodon, der sich einen Tyrannosaurus vom Sandstrand schnappt. Gregson-Williams spielt dabei "Sea Dino Attack" an, das sich in einer späteren unterseeischen Schlacht voll entfaltet. Die brodelnde Spannungsmusik gilt dabei allen beteiligten Spezies, die stets damit rechnen müssen, dass sich ein noch mächtigerer Gegner offenbart. Zum anfänglich untergründigen Dröhnen, das stark an Jóhann Jóhannssons "Sicario"-Soundtrack erinnert, gesellen sich immer mehr widerstreitende Elemente.

Nebenbei bemerkt, erscheint dieses Fressen-und-Gefressen-Werden deutlich plausibler als die technischen Aspekte. Spätestens nach dem "Titan"-Unglück dürften sich auch Laien am Kopf kratzen, wenn die Crew um Statham mit zwei U-Booten gen Marianengraben rast, dort auf Grund läuft und in acht Kilometern Tiefe in Taucheranzügen einen ausgiebigen Spaziergang zur Tiefseestation unternimmt. Später schwimmt der Held auch noch gänzlich ohne Anzug zu einer Rettungskapsel. "Wird er durch den Druck nicht zerquetscht?", lautet der berechtigte Einwand seiner Stieftochter Meiying.

Doch derlei Einwände wischen schon die Kollegen beiseite. "So funktioniert das nicht." Es gilt immerhin, sich, seine Liebsten und später das Urlaubsresort "Fun Island" vor den urzeitlichen Ungetümen zu retten. "Close Call" klingt am ehesten wie ein Wettlauf, bei dem sich der Spitzenreiter abwechselt, indem mal die Streicher und mal die Synthesizer dominieren. Den zweieinhalbminütigen Sprint "Fighting Montes" überflügelt das noch hektischere "Monster Vs Monster", das wiederum "Octopus Attack" in den Schatten stellt, bei dem auch noch ein Riesenkalmar am touristischen Büfett eintrifft.

Vielschichtiger klingt "Into The Trench", das die erste Begegnung von Mensch und Megalodon begleitet. Das Suspense-Stück fängt die kleinschrittige Annäherung Jiuming Zhangs und die sich entfernenden Schallwellen gelungen ein. Donnernd führt es den Hai als Bösewicht ein. Chöre und Bläser legitimieren seinen Herrschaftsanspruch. "Jaws" ist dagegen ein Understatement. Der Film selbst schneidet den Song nur an, um den pliozänen Räuber an dieser Stelle sinnfrei zu vermenschlichen. "Vermisst du deine Mama, großer Fisch?", fragte ihn Zhangs Nichte Meiying in der Tradition von "Free Willy".

Harry Gregson-Williams' Soundtrack entzieht sich weitgehend dem Kitsch des Drehbuchs. "Across The Four Seas" bildet in seinem Bemühen, den Ozean und seine Bewohner nicht ausschließlich als todbringend zu charakterisieren, die Ausnahme davon. Wohlklingende Streicher erklingen punktuell heroisch, sollen aber vor allem die Unterwasserwelt in zauberhaften Glanz hüllen. Eine Art Panflöte versucht, Avatar'eske Reflexe zu triggern, und auch die Ethno-Sounds der Holzschlaginstrumente sollen wohl etwas Ursprüngliches verkörpern. Das Stück endet beinahe folgerichtig schnulzig.

"Heute sind wir einfach nur dankbar, dass wir noch am Leben sind", freuen sich Taylor und Zhang nach den verlustreichen Schlachten über das Happy End der halsbrecherischen Gruppe. Die ebenso mit dem US-amerikanischen wie dem chinesischen Markt kompatiblen Familienwerte gewinnen die Oberhand. "Reunited With Meiying" erklingt dazu vom Glück erfüllt, edelmütig und sentimental. Nur: Welches Publikum soll das interessieren? Wer sich einen Film über urzeitliche Monsterhaie ansieht, hofft wohl eher, dass die Produktion All-In geht, statt mit angezogener Handbremse die Familientauglichkeit zu sichern.

Trackliste

  1. 1. Into The Trench
  2. 2. Rescue Approach
  3. 3. Fun Island
  4. 4. Fighting Montes
  5. 5. Sea Dino Attack
  6. 6. Octopus Attack
  7. 7. Across The Four Seas
  8. 8. Monster Vs Monster
  9. 9. All Systems Down
  10. 10. Close Call
  11. 11. Shark Kill
  12. 12. Reunited With Meiying
  13. 13. Chomp (Bankey Ojo Remix) (Page Kennedy)

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