laut.de-Kritik

Die Newcomerband könnte zu einer Jazz-Größe heranreifen.

Review von

Florian Weiss' Woodoism spielen "einen Kammer-Jazz, der gleichzeitig filigran und kraftvoll ist (...) Musik", die sich als "fordernd und vergnüglich" herausstellt. So überschwänglich schrieb ein Journalist der Weltwoche über das selbstbetitelte Debüt (2017) des Schweizer Quartetts. Seitdem gewann die Band den höchstdotiertesten Jazz-Preis der Schweiz und bestritt Konzerte im gesamten deutschsprachigen Raum sowie in Osteuropa.

Das zweite Album nahm die Formation nun in den Bauer Studios in Ludwigsburg auf, auf deren Plattenfirma Neuklang man auch veröffentlicht. Einzelne Geschichten, die sich in den Songtiteln widerspiegeln, bilden die kompositorische Grundlage der jeweiligen Songs, die Posaunist Florian Weiss und seine drei Mitstreiter im Zusammenspiel ergründen.

So treibt Schlagzeuger Philipp Leibundgut "Freerunning" voran, das die Vertonung einer Traumsequenz darstellt, in der Weiss mühelos über Häuserdächer springt - wild und verspielt. Mit Alt-Saxofonist Linus Amstad führt der Posaunist einen beschwingten Dialog. Amstad übernimmt gegen Mitte das solistische Zepter, während Weiss im Hintergrund bleibt.

Auch in "Skrupel" hält sich der Posaunist größtenteils zurück. Die Ergründung des Gefühls, das ein junger Mensch hat, bevor er mit Freunden, die ab und an Dingen am Rande der Legalität nachgehen, durch die Straßen zieht, überlässt er Amstad. Der interpretiert mit nachdenklichen Soli. Im Titelstück führen beide einen fantasievollen Dialog. Bei "Lampenfieber" agieren die Schweizer dann wieder deutlich freier und schwungvoll melodiös.

Das Quartett setzt die verschiedenen Themen überaus szenisch um. An Abwechslung mangelt es nicht. Ruhige und energetische Stücke wechseln sich ab. Das Zusammenspiel insgesamt ist stark, auch die Rhythmussektion agiert auf hohem Niveau. Allerdings lässt sich das in Sachen solistischer Leistung nicht immer sagen. Viel zu oft etwa verharren Poasaune und Saxofon auf einem einzigen Ton. Weiss und Amstad könnten mit ihren Soli häufiger auf den Punkt kommen.

In "Optimism Over Despair" liefert das Drumkit zwar ein schönes Bebop-Fundament, doch Amstad tritt dazu mit abgehackten Tönen minutenlang mehr auf der Stelle tritt denn sein Spiel zu entfesseln. In "Schichtende" hört man eine monotone Einleitung der Posaune, die eben nicht besagte "klangliche und lyrische Möglichkeiten des Instruments zum Tragen" bringt.

Zuweilen verlieren sich die Schweizer auch zu sehr in konventionellen Jazz-Mustern ("Danse Amoureuse"). Nichtsdestotrotz lässt sich eine Menge eigenwilliges und kreatives Potential aus der Platte heraushören. Aus der Newcomer-Formation könnte eine Jazz-Größe heranreifen.

Trackliste

  1. 1. Freerunning
  2. 2. Skrupel
  3. 3. Danse Amoureuse
  4. 4. Optimism Over Despair
  5. 5. Refugium
  6. 6. Istop Oder Die Zeitanhaltuhr
  7. 7. Heavy Cats
  8. 8. Lampenfieber
  9. 9. Schichtende

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