laut.de-Kritik

Wenn sie nicht gestorben sind, dann feiern und leiern sie noch heute.

Review von

Beim Namen Feuerschwanz denkt man unwillkürlich an Geschlechtskrankheiten und Prostataprobleme und weniger an zünftigen Mittelalterrock. Die trinkfeste Combo versteht sich als eine Art J.B.O. unter den Szenebands. Das ist schon mal kein Kompliment, dafür recht passend. Mit "Aufs Leben" gibt es mittlerweile die sechste Platte in zehn Jahren. Besonders lustig wurde es nicht, jedenfalls nicht freiwillig.

Das Dilemma der Erlangener zeigt sich sehr schnell. Einerseits bräuchte man echten Wiedererkennungswert, um sich abzuheben. Andererseits ist man gerne Teil der Szene und mag das stagnationsfreudige Publikum nicht allzu sehr vor den metseligen Kopf stoßen. Heraus kommt eine abgezockt professionelle Produktion der üblichen Verdächtigen, die zwischen allen Stühlen vor sich hin dümpelt.

Schon wenn man als Parodie richtig gut ist, wie seinerzeit etwa Spinal Tap, hat man es nicht leicht, sich von Realsatire analog Manowar nicht überholen zu lassen. Feuerschwanz scheinen derlei Überlegungen fern zu liegen. Stattdessen umarmt man genau jene, die es konzeptionell zu veralbern gilt. Das Produzenten-Duo Heimann-Trosien und Simon Michael ist ansonsten zuständig für Schandmaul, In Extremo, Saltatio Mortis und Subway To Sally. Ein Schelm, der hier Innovation erwartet.

Genau so inzestuös, wie es sich liest, klingt das Album dann auch folgerichtig. Alle feiern bis zum Untergang und stoßen mit dem Humpen an. Und wenn sie nicht an epigonaler Langeweile gestorben sind, dann feiern und leiern sie noch heute. So in etwa kann man das Geschehen auf einen Nenner bringen. Harmloses Kasperletheater statt echter Satire? Leider ja!

Die musikalische Eigenleistung ist nicht wirklich der Rede wert. Von Schandmaul leiht man sich die lahmen Vocals jenseits einer echten Charakterstimme. Von Saltatio borgen sie sich die gelegentlichen Ausflüge in die Gegenwart. Von STS entlehnen sie das Folk-Getüdel. Alles kommt in einen rostigen Kessel, bis die Musik so dermaßen glatt gekocht ist, dass jeder echte Rock- und Folk-Ansatz bereits im Ansatz verendet. Das Endergebnis passt erwartungsgemäß super zu volkstümelnden Mitklatschveranstaltungen im Seniorenstift Sarkophag. Schön ist das alles nicht.

Die ranzigen Texte lassen einem ob ihrer fortgeschrittenen Einfallslosigkeit schon mal den Met sauer werden. Ihr verwester 50er Jahre Humor im 2.0.Gewand lässt kein Auge trocken und treibt dem unbefangenen Hörer Tränen der Scham in selbiges. Lieder wie "Ohrwurm", "Sündenfrei (Zum Sonderpreis)" oder die pseudo-nordische "Seemannsliebe", waren schon altbacken als hierzulande noch Hexenverbrennung und echter Bänkelsang herrschten.

Auch vor dem Artwork der Platte macht ihre lustvolle Mittelmäßigkeit keine Sekunde halt. 'Kitsch as Kitsch can' lautet das Motto. Frontale Fotos samt debilem Grinsen voll falscher Zähne und die anscheinend bewusst unvorteilhaft abgelichteten unsexy 'Miezen' lassen jede Theatervorstellung beliebiger Mittelschulen wie eine Hollywood-Produktion neben dieser Schmierenkomödie erstrahlen. Man gaukelt dem Publikum eine Ironie vor, die in Wahrheit nicht vorhanden ist.

So spielen diese Ritter der doofen Nuss 13 öde Lieder lang ihre 'Borgias trifft Game Of Thrones im Ramschladen'-Darbietung mit so viel bleierner Inbrunst, dass man förmlich die rollende Hemdbrust plus Tortenschlacht als letzten Sargnagel teutonischen Nierentisch-Humors erwartet. Beides kommt dann wohl als Neuerung auf den nächsten Alben. Bis dahin halte man sich besser an die Originale. Vor dem Kauf ist unbedingtes Reinhören empfohlen.

Trackliste

  1. 1. Auf's Leben
  2. 2. Herz Im Sturm
  3. 3. Mann Aus Metall
  4. 4. Zuckerbrot Und Peitsche
  5. 5. Hans
  6. 6. Blöde Frage, Saufgelage
  7. 7. Seemannsliebe
  8. 8. Auf Wiederseh'n
  9. 9. Träumer und Tor
  10. 10. Sündenfrei (Zum Sonderpreis)
  11. 11. Ohrwurm
  12. 12. Druide
  13. 13. Frisch Gezapft

Preisvergleich

Shop Titel Preis Porto Gesamt
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Feuerschwanz – Aufs Leben €9,09 €3,00 €12,09

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Feuerschwanz

Im Bereich der härteren Musik gibt es mit Knorkator oder J.B.O. Bands, die einen Scheiß auf alles geben und teils witzige, teils sinnlose Texte mit …

15 Kommentare mit 171 Antworten

  • Vor 9 Jahren

    "Beim Namen Feuerschwanz denkt man unwillkürlich an Geschlechtskrankheiten und Prostataprobleme und weniger an zünftigen Mittelalterrock."

    Aber mal sowas von! :koks:

    Sind die denn besser oder (noch) schlechter als JBO?

    • Vor 9 Jahren

      Halten sich die Waage. Hauen im Prinzip genau in dieselbe Kerbe und sind in etwa genauso leicht zu berechnen. JBO sind thematisch vielleicht ein bißchen breiter aufgestellt als Feuerschwanz, aber im Prinzip nehmen die sich nicht viel, was den Holzhammerhumorfaktor angeht.
      Wobei ich jetzt sicherheitshalber noch zugebe, daß ich die letzten beiden Alben sowohl von JBO als auch von Feuerschwanz nicht kenne.
      Gruß
      Skywise

  • Vor 9 Jahren

    Ok, der Rezensent scheint ein deutlich in die Jahre gekommender, komplett spaßbefreiter Musikpolizist zu sein, der sich verbenwerfend wahnsinnig gut selbst gefällt. Wer Bestnoten für U2 (gegründet 1972), Peter Gabriel (solo seit 1975) und Echo and the Bunnymen (1978) verteilt, muss alt und humorlos sein!

    • Vor 9 Jahren

      Zieh Leine, Fanboy...

    • Vor 9 Jahren

      Dieser Kommentar wurde vor 9 Jahren durch den Autor entfernt.

    • Vor 9 Jahren

      .. erst recht wenn du Feuerschwanz mit U2 und Peter Gabriel in einem Satz nennst. Zugegebenermaßen ist das Review aber auch fern jeder Sachlichkeit. Die Platte ist musikalisch trotzdem sehr mager.

    • Vor 9 Jahren

      Feuerschwanz ist in meinem Kommentar nicht erwähnt :-) Nur der Rezensent. Und die von ihm rezensierten Oldies. Ich mag einfach keine Musikpolizisten, die meinen, sie haben die Weisheit mit Löffeln gefressen.

    • Vor 9 Jahren

      Man könnte ja auch einfach die Demut besitzen, jemanden zu respektieren, der sich ganz eindeutig besser mit Musik auskennt und auch Künstler des vorherigen Jahrtausends gehört hat. Aber nö...

    • Vor 9 Jahren

      Dem Schreiber wird nur die Art von Demut und Respekt entgegengebracht, die aus seinem Artikel spricht. Wald, hineinrufen und so.

    • Vor 9 Jahren

      Respekt muss man sich verdienen, wer so auftritt hat schonmal jeglichen Respekt verspielt da ihm offensichtlich die Grundzüge von Höflichkeit und Zusammenleben unbekannt sind. Dass er sich besser mit Musik auskennt kann ich nicht beurteilen, kenne den Schreiberling nicht und sein Wissen hält er auch hinter ziemlich platten Äusserungen zurück. Da vermute ich nicht unbedingt viel Wissen.

      Wenn das Hören von Künstlern des vorherigen Jahrtausends qualifiziert mach ich gerne mit, mach ich auch...

  • Vor 9 Jahren

    Die Bewertung ist absolut peinlich..... Finde es aber gut das die Band selbst darüber lacht ;)

  • Vor 9 Jahren

    Mal abgesehen davon, dass ich das Genre nicht mag und alle Feuerschwänze, Saltatio Mortise, In Extremos aber auch Eluveities und Fauns (um zwei Kontraste zu nennen) da bleiben dürfen, wo der Pfeffer wächst, muss ich sagen, dass es mich total ankotzt, dass heutzutage die ganze Metalszene mit solchem Schund assoziiert wird. Überall laufen "Metaler" rum, die denken sie seien Metaler, weil sie Sauflieder singen, auf Mittelaltermärkten abhängen, Trinkhörner tragen und sich mit Wikingern auskennen.
    Ich will nicht sagen, dass eine solche Strömung den Metal kaputt macht, aber die genannte Gruppe von Fans greift lieber zu Santiano oder Oonagh anstatt zu Slayer oder Anthrax ("sind ja überhaupt net melodisch"). Das ärgert mich.

    • Vor 9 Jahren

      Ist halt auch eine Strömung. Muss ja nicht gleich jeder Death-Metalfan sein. Und Santiano und Oonagh werden von der Szene auch kritisch aufgenommen. Mich ärgert es immer, dass man die Vielfalt eines Genres nicht gutheißen möchte, deswegen verkauft Slayer ja auch nicht weniger Platten.

    • Vor 9 Jahren

      Nein, das meinte ich auch nicht. Power Metal wurde ja ne Zeit lang auch kritisch beäugt, als Stratovarius, Sonata Arctica und viele italienische Bands durch die Decke gegangen sind. Da hieß es gleich "is net Metal und viel beschissena wie Death oder Trash", was Quatsch ist.
      Allerdings ist mir dieses "Metaler tragen grundsätzlich Trinkhörner und hören Zeug über Mythen, Wikinger oder Mittelalter und saufen Met" wirklich suspekt und viel zu sehr im Vordergrund. Andere Subgenres leiden darunter nicht, natürlich. Aber es ist eben so wie im Hip Hop, wo manche behaupten es wäre Musik von sozialschwachen Gangstern.

    • Vor 9 Jahren

      ...oder Islamisten.

  • Vor 9 Jahren

    Dieser Kommentar wurde vor 9 Jahren durch den Autor entfernt.

  • Vor 9 Jahren

    Der größte Skandal an der Sache wurde eigentlich komplett ignoriert. Es gibt ERNSTHAFT eine Band, die sich Feuerschwanz nennt? :eek: