laut.de-Kritik

Jennifer Weist schnalzt lasziv mit der gepiercten Zunge.

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In Zeiten, in denen sich die Gesellschaft an jede noch so kleine Hoffnung klammert, dass irgendwann doch noch alles gut wird, haben Illusionisten, Zauberer, Rampensäue und Blödel-Experten aus allen Branchen Hochkonjunktur. Auch in der Musik feiert man dieser Tage jede Erinnerung an spaßigere Zeiten. Da kommt ein neuer Output aus dem Prinzen-Hause natürlich wie gerufen.

In punkto Humor irgendwo ansässig zwischen den Doofen, der EAV, Max Raabe und einer Vorschul-Version der Ärzte wandeln die Herren Krumbiegel, Künzel und Co. auch dreißig Jahre nach der Bandgründung auf altbewährten musikalischen Pfaden. Wie immer steht der A-Capella-Gesang im Vordergrund. Weiter hinten im Background ertönen die üblichen Klänge aus der Maschine. Die Prinzen bleiben Die Prinzen. Daran ändern auch drei Jahrzehnte nichts.

Die Band selbst sieht das natürlich etwas anders: "Wir wollten unseren Tunnel verlassen", verkündete Krumbiegel dieser Tage. Sicher, die fünf mit in die Jubi-Feierlichkeiten eingebundenen Klassiker klingen ein wenig anders. Das liegt aber in erster Linie an den Gästen, die hier mitfeiern.

Eko Fresh und MoTrip sorgen für ein bisschen Straßenflair ("Millionär"). Jennifer Weist schnalzt lasziv mit der gepiercten Zunge ("Küssen Verboten"). Und Die Doofen kommen mit schlageresken Ska-Rhythmen um die Ecke ("(Du Musst) Ein Schwein Sein") um die Ecke. Der Rest des Albums hingegen macht das, was neue Prinzen-Songs immer machen: die eigene Fan-Community begeistern, und alle anderen verschrecken.

Handzahme Pop-Sounds treffen auf ganz viel "Didadu", "Dumdidum" und "Ohohooooo". Und wenn gesungen wird, dann stets "ein bisschen selbstironisch, ein bisschen größenwahnsinnig, ein bisschen kritisch", so Krumbiegel.

Die Prinzen wundern sich, was man heutzutage darf und was nicht ("Dürfen Darf Man Alles"). Auch nicht ganz so einfach: der Umgang mit all dem neuzeitlichen Input ("Entscheidungsschwierigkeiten"). Und wenn Die Prinzen "Dumme Ideen" haben, dann zeigen sie dem Chef den Stinkefinger und machen Montags einfach mal blau. Ja, die Leipziger texten mal wieder am Puls der Zeit.

"Das Schicksal ist manchmal ne Drecksau, wir haben's ja immer gewusst. Es hat schlechte Witze im Schlepptau, und lacht sich noch drüber kaputt", skizziert Krumbiegel die Schattenseiten des Lebens. Kollege Künzel sieht da schon mehr Licht am Ende des Tunnels: "Ist es denn so schwer, ein bisschen leicht zu sein? Ist es denn so hart, einfach mal weich zu sein?", fragt sich der Vokuhila-Troubadour ("Leicht").

Die Prinzen bekämpfen Burnout-Symptome und brechen eine Lanze für die größte Kraft des Lebens. Eigentlich will ich nichts mehr zitieren. Aber der hier muss noch sein: "Andi und Annette, rauchen beide Kette, und weil sie so sehr riechen, dass die andern sich verkriechen, rauchen Andi und Annette einfach noch ne Zigarette" ("Wo Die Liebe Hinfällt"). Ist das wirklich die "Krone Der Schöpfung"?

Am Ende gibt's noch ein Hoch auf die Freundschaft. Die Prinzen drohen mit einer Alpaka-Züchtung und gestohlenen Pferden ("Immer Auf Mich Zählen"). Gegen die säuselnden "Dumdidumdidum"-Dauerschleifen und das monotone Pumpen des Drumcomputers wirkt kein Ibuprofen mehr, man wünscht sich nur noch Ruhe und Frieden.

Irgendwann ist es dann so weit. Stille kehrt ein. Man atmet wieder durch, zumindest bis zum nächsten Prinzen-Streich. Der wird irgendwann kommen. So viel steht heute schon fest: "Jetzt stehen wir hier, jede Falte hat sich gelohnt. Da hilft kein Jammern und kein Bitten, so schnell werdet ihr uns nicht los!", tönt der Chor mit breiter Brust ("Das Sind Wir"). Aua.

Trackliste

  1. 1. Dürfen Darf Man Alles
  2. 2. Entscheidungsschwierigkeiten
  3. 3. Dumme Ideen
  4. 4. Das Schicksal Ist Manchmal 'Ne Drecksau
  5. 5. Alles Nur Geklaut
  6. 6. Geliebte Zukunft
  7. 7. Küssen Verboten
  8. 8. Das Sind Wir
  9. 9. Krone Der Schöpfung
  10. 10. Millionär
  11. 11. Leicht
  12. 12. Gabi Und Klaus
  13. 13. Männer Machen Alles Kaputt
  14. 14. (Du Musst) Ein Schwein Sein
  15. 15. Wo Die Liebe Hinfällt
  16. 16. Der Mann Im Mond Ist Ein Mädchen
  17. 17. Immer Auf Mich Zählen

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