laut.de-Kritik

Die Urväter des Melodic-Punk haben es immer noch drauf.

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Von den markanten Gesichtsfalten und grauen Haaren sollte man sich nicht täuschen lassen. Die Urväter des Melodic-Punk haben es nämlich immer noch faustdick hinter den Ohren. Auf "Hypercaffium Spazzinate" brennen die Descendents ein regelrechtes Pop-Punk-Feuerwerk ab. Das ist zwar ziemlich kurz (31 Minuten), leuchtet dafür aber um so heller am Branchen-Firmament.

Bereits Anfang der Achtziger bildeten Milo Aukerman und Co eines der ersten Kollektive, die melodischen Punkrock salonfähig machten. Bis in die Mitte der Neunziger, als die Alternative-, Grunge- und Crossover-Welle ihren Höhepunkt erreichte, wusste man das sehr zu schätzen.

Im SO36, Knaack, Franz oder Slaughterhouse wurde man damals mit Brachialem aus den Häusern Slayer, Sepultura und Metallica versorgt. Zwischendurch knatterte stets der neueste Hardcore aus Brooklyn aus den Boxen. Und für die mit erhobenen Stinkefingern über die Tanzfläche hüpfenden Gesellschaftskritiker hatten die DJs zahlreiche Bombtracks am Start.

Wenn die glatzköpfigen Hardcore-Buben und die langhaarigen Metal-Maniacs ihre Verschnaufpausen einlegten, schlug die Stunde der Pogo-Fraktion. Dann ging es heiß her im Dunst des Trockeneisnebels. Bands wie die Ramones, Pennywise, NoFX, Snuff und die Toy Dolls übernahmen das Ruder und sorgten mit schnörkelloser Drei-Akkorde-Power für zahlreiche blaue Flecken und umherfliegende Bierbecher.

Auch zwanzig Jahre später zieht man auch noch seinen Hut vor der nicht enden wollenden Energie einer Band, die auf Fotos mittlerweile eher an eine Sparkassen-Führungsriege als an eine Punkrock-Combo erinnert. Nach zwölf Jahren Studiopause hauen die mittlerweile überall in den Staaten verteilten Bandmitglieder dem Genre mit "Hypercaffium Spazzinate" wieder ordentlich einen vor den Latz.

So spielt beispielsweise Drummer Bill Stevenson selbst nach einem Gehirntumor-Drama noch jeden Punkrock-Kesseltreiber der neuen Generation an die Wand. Auch Leader Milo Aukerman schüttelt noch immer Melodien für die Massen aus den Ärmeln. Bassist Karl Alvarez steht ebenfalls seinen Mann. Und Stephen Egerton? Der bringt nach seiner Songwriting-Pause endlich wieder Ecken und Kanten mit an den Start.

Das erste Epitaph-Studiowerk seit zwanzig Jahren ("Everything Sucks") hinterlässt sowohl lyrisch als auch musikalisch große Spuren. Inhaltlich zwischen sozialkritischem Ernst ("Limiter", "Testosteron") bandtypischem Nonsens ("No Fat Burger") und Ironie Deluxe ("Smile", "We Got Defeat") pendelnd, legen die Ur-Punks musikalisch wieder einen Zahn zu. Alles kommt irgendwie ein bisschen knackiger um die Ecke.

Die ganz großen Harmonien rattern zwar nicht mehr im Nonstop-Modus durch die Boxen. Aber das stört nur am Rande. Die, die sich zwischen polternden Drums und rotzigen Vibes ins Freie kämpfen, trumpfen dafür um so mehr auf ("On Paper", "Shameless Halo", "Fighting Myself").

Mit "Hypercaffium Spazzinate" melden sich Descendents eindrucksvoll zurück. Hier präsentiert sich ein halbstündiges Drei-Akkorde-Paket mit allem, was das Pop-Punk-Herz begehrt: auf den Punkt, ohne viel Schnickschnack und mit reichlich Schmackes auf der Pfanne.

Trackliste

  1. 1. Feel This
  2. 2. Victim Of Me
  3. 3. On Paper
  4. 4. Shameless Halo
  5. 5. No Fat Burger
  6. 6. Testosterone
  7. 7. Without Love
  8. 8. We Got Dedeat
  9. 9. Smile
  10. 10. Limiter
  11. 11. Fighting Myself
  12. 12. Spineless And Scarlet Red
  13. 13. Human Being
  14. 14. Full Circle
  15. 15. Comeback Kid
  16. 16. Beyond The Music

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2 Kommentare mit 6 Antworten

  • Vor 7 Jahren

    Die "ganz großen Harmonien" liefen auch auf den Vorgängern nie im "Nonstop- Modus", von daher spricht wohl nichts gegen einen Blindkauf.

    • Vor 7 Jahren

      außer das die band momentan über alle maßen gehypt wird und das ding grad mal so 3 zähler wert ist.
      persönlich höre ich da lieber the lillingtons,masked intruder, chixdigitt oder halt alte snuff.

    • Vor 7 Jahren

      Stehen die 3/5 den wirkli h schon fest?
      Bei mir hat jedes Album von denen immer ein paar Durchlãufe gebraucht, sind halt nicht die Bubblegum- Könige, für die viele sie halten.
      Snuff mag ich auch, würde ich wegen dem höheren Härtegrad und dem starken Ska Einschlag eher nicht mit den Descendents vergleichen. Die anderen Namen versuch ich mal zu behalten.

    • Vor 7 Jahren

      Ich kenn die Band jetzt nicht kann aber auch nur immer wieder sagen das man sich Alben MEHRMALS anhören muss um zu verstehen was sich der Künstler bei den Songs gedacht hat und das verinnerlichen. Fonzy ist da absolut im recht!

    • Vor 7 Jahren

      @ fonzy
      mir hat nach mehrmaligen hören vom neuen album nur 1 song wirklich getaugt,sofern stehen die 3 zähler.
      und wegen snuff, joa, die sitzen schon son bissi zwischen allen stühlen, würde sie halt so ans äußere ende von poppunk sortieren.

    • Vor 7 Jahren

      Bin kein großer Descendents experte, aber so 'nen Müll wie Masked Intruder (Green Day in schlecht plus diese dämliche "Wir sind Einbrecher"-Masche inkl. nem als cop verkleideten stimmungsmacher bei shows) als höher einzuschätzen ist weltfremd.

    • Vor 7 Jahren

      jo cas, auch wenn dein vergleich ziemlich dumm ist, wichtig ist, dass du hier auch mal was gesagt hast.
      weiter so !