laut.de-Kritik

Manchen Song hätten Die Ärzte gerne gehabt.

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Hätten wir alle Acts, die sich von Vorgänger:innen inspirieren ließen oder diese sogar kopierten, geschmäht, wir wären in der Musikgeschichte nicht sonderlich weit gekommen. Daher ist es vollkommen okay, wenn eine Band wie Das Lumpenpack zeitweise wie das Farin Urlaub Racing Team oder andere deutsche Rock- und Punkrock-Acts klingt, so lange das Ergebnis funktioniert und bestenfalls auch noch Spaß bereitet.

Anfangs wollte dies bei den Gründungslumpen Jonas Frömming und Maximilian Kennel noch nicht so recht klappen. Zu sehr steckte der Poetry Slam in ihren Stücken, verloren sie sich in Kleinstbeobachtungen. Zu wenig waren sie Band, zu sehr literarischer Wettbewerb. Es benötigte noch einiges an Feinjustierung. Mit der Hinzunahme der neuen Bandmitglieder Lola Schrode (Bass), Alex Eckert (Schlagzeug) und Jason Bartsch (Gitarre, Keyboards) im Jahr 2020 ("Emotions") änderte sich dies. Nicht radikal, aber so, dass man nun neues Leben in dieser Formation entdeckt.

Aufgrund ihres Backgrounds blieb der Band ein Fokus auf die Sprache und Texte, der anderen Acts abgeht. Auch wenn sie es dank ihrer Besetzung mittlerweile viel rockiger als noch auf ihrem Debüt "Steil-Geh-LP" angehen, finden sich in ihrer Musik die unterschiedlichsten Stile ein. Prinzipiell gilt aber: "Zu alt für Pop / Zu schlecht für Jazz / Es bleibt der Rock / Gibt Schlimmeres." ("Gibt Schlimmeres")

Beim aktuellen Weltgeschehen dürfte es wohl keinen Menschen wundern, dass Das Lumpenpack nicht nur in Optimismus erstrahlt. Das verbitterte "Kaputt" rechnet reichlich zynische mit der Menschheit ab und gibt der Evolution auch zukünftig keine große Chance. Das Highlight stellt aber der ebenso kraftvolle wie melancholische Trennungssong "Songs Von Echt" dar. Ein Track, wie ihn die Ärzte gerne auf "Hell" und "Dunkel" gehabt hätten.

Insgesamt legt sich über viele Stücke wie "Ich Kann Das Alles Nicht Mehr" derbe Müdigkeit und Desillusionierung. So lustig wie 2013 ist das Leben längst nicht mehr: "Alte werden Nazis und Dumme werden Stars / Der Tank im Boot ist voll / Es ist nicht alles schlecht / Weiß der Deutsche nicht mehr weitеr / Fragt er Richard David Precht / … / Das Internet vergisst, das Internet verzeiht / Fynn, du kannst es schaffen / Auch Luke spielt wieder live."

Neben diesen wirklich gelungenen Songs stehen aber eben auch Rohrkrepierer wie "Unverträglichkeiten", mit seinem 1980er Sound: "Da ist Laktose in mei'm Butterbrot / An apple a day gives me Fruchtzuckertod / Gluten im Weizen, Sulfite im Wein / Ganz egal, was es ist, ich scheiße mich ein." Insgesamt verliert "Wach" den Faden, je länger es dauert. Jedoch gibt auch dann, zum Beispiel mit "Genug Zu Tun", noch etwas zu entdecken. Eine Abrechnung mit den Sesselpupser:innen, die daheim den Demonstrant:innen da draußen zujubeln, aber selbst keinen Finger krümmen.

In der durchaus positiven Entwicklung des Lumpenpacks 2.0 offenbart "Wach" eine weitere Steigerung. Dennoch gelingt noch lange nicht jedes Lied. Zu viele Ausreißer nach unten, zu viel Hit-and-miss schmälern das Gesamtbild. Deutlich zeigt sich, dass es nicht die beste Idee war, siebzehn Stücke auf das Album zu packen. Weniger hätte hier so viel mehr sein können.

Trackliste

  1. 1. Gibt Schlimmeres
  2. 2. Die Nacht
  3. 3. Kaputt
  4. 4. Songs Von Echt
  5. 5. Innerlich Gleich I
  6. 6. Unverträglichkeiten
  7. 7. Kann Es Sein, Dass Du Dumm Bist?
  8. 8. Ich Kann Das Alles Nicht Mehr
  9. 9. Klar
  10. 10. Was Ein Glück
  11. 11. Wenn Die Zukunft Kommt
  12. 12. Danke, Liebe Leber
  13. 13. Genug Zu Tun
  14. 14. Das Ist Witzig, Weil
  15. 15. Holy Shit
  16. 16. Innerlich Gleich II
  17. 17. Frieden Durch Lärm

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